Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
Vom Netzwerk:
folgen. Sie stellte ihren Eisbecher ab und sah ihn direkt an. „Ich muss dir noch etwas gestehen, Felix“, sagte sie.

    *

    Hannes Fedder war ein großer kräftiger Mann mit rötlichem Teint und kurzen rotblonden Haaren. Marie schätzte ihn auf neunzig Kilo. Davon schien kein Gramm Fett zu sein. Als er sich auf dem angebotenen Stuhl niederließ, ächzte der bedrohlich.
    „Was soll ich hier eigentlich?“, knurrte er. „Ich hab’ doch schon alles gesagt, was ich weiß.“
    Hauptkommissar Röverkamp nickte. „Im Großen und Ganzen schon. Aber uns interessieren noch ein paar Details. Außerdem haben sich ein paar neue Fragen ergeben.“
    „Neue Fragen?“ Fedder schob die Unterlippe vor und griff in die Tasche seiner abgewetzten Jeans. „Darf man hier rauchen?“ Er zog eine zerdrückte Zigarettenpackung hervor.
    Röverkamp schüttelte den Kopf. „Nein. Geraucht wird hier nicht.“
    Das Verbot schien Fedder nicht zu interessieren. Er klopfte eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie sich zwischen die Lippen. Erst in diesem Augenblick schien die Information bei ihm angekommen zu sein. Er hielt inne, schien einen Moment nachzudenken und fummelte die Zigarette wieder in die Schachtel zurück.
    Während Hauptkommissar Röverkamp ihm seine Rechte nach der Strafprozessordnung erläuterte und darauf hinwies, dass er einen Anwalt hinzuziehen könne, beobachtete Marie Janssen das Mienenspiel des Mannes und fragte sich, ob er ein Mörder sein konnte. Sie hatte seine Akte bekommen. Zweimal gefährliche Körperverletzung. Einmal Bewährung, einmal Haftstrafe. Eine weitere Anklage war fallengelassen und wieder aus der Akte entfernt worden.
    „Nee, kein’ Anwalt“, brummte Fedder.
    Schon immer hatte Marie sich für die Frage interessiert, welche Eigenschaften man einem Menschen ansehen konnte. Bis zu jenem schrecklichen Erlebnis mit einem Mann, dessen Charme sie nicht hatte widerstehen können, war sie ziemlich sicher gewesen, sich auf ihr Gefühl verlassen zu können. Doch seitdem hatte sie nicht mehr gewagt, einen Menschen nach seinem Äußeren zu beurteilen. Bei Fedder waren ihre Gefühle zwiespältig. Sie traute ihm durchaus eine Gewalttat zu, fragte sich aber, ob sie sich nicht durch den Inhalt seiner Strafakte beeinflussen ließ. Vielleicht gehörte er zu der Sorte Männer, die normalerweise verträglich waren, aber zu Gewalt neigten, wenn sie provoziert wurden.
    Auf seinem von Sommersprossen übersäten Gesicht standen kleine Schweißperlen, und seine blassblauen Augen huschten nervös umher. Unter seinen Achseln breiteten sich Schweißflecken in seinem kurzärmeligen Hemd aus.
    Marie kroch der strenge Geruch des Mannes in die Nase. Jetzt wartet er auf die Fragen. Konrad ist wirklich ein cooler Kriminalist. Seine Ruhe und Bedächtigkeit machten Zeugen häufig nervös, Beschuldigte fast immer. Selbst sie wurde manchmal zappelig, wenn sie zu lange auf eine Antwort warten musste.
    „Was is’ denn nu’?“ Fedder hob seine großen Hände und ließ sie wieder fallen. „Ich denke, Sie wollen was von mir.“
    „Da haben Sie recht“, bestätigte Röverkamp. „Können Sie sich vorstellen, weshalb Sie hier sind?“
    Der Mann schüttelte verständnislos den Kopf. „Keine Ahnung.“
    „Es geht um den Todesfall in Ihrer Firma.“
    Fedder nickte stumm.
    „Sie haben“, fuhr Röverkamp fort, „Herrn Evers mehrfach bedroht. Wobei die eine oder andere Äußerung auf schwere Körperverletzung abzielte.“ Er hob die Stimme nur wenig. „Und Sie haben, wie aus Ihrer Akte hervorgeht, bereits dreimal wegen Körperverletzung vor Gericht gestanden.“
    Das hat gesessen. Marie beobachtete, wie der kräftiger Mann den Mund öffnete und wieder schloss, nach seiner Zigarettenpackung tastete und sich schließlich Hilfe suchend zu ihr umwandte. Die dunklen Flecken unter seinen Armen breiteten sich weiter aus.
    „Was sollen wir Ihrer Meinung nach denn daraus schließen?“, fragte sie.
    „Ich bring’ doch keinen um“, brach es aus ihm heraus. „Der Evers ist ein ... hat ... hatte ... Der Mistkerl hat sich an meine Tochter rangemacht. Stefanie ist fast noch ein Kind. Da kann man doch als Vater nicht ... ich meine, da muss man doch dazwischengehen!“
    „Indem man dem Liebhaber die Eier abschneidet?“ Röverkamp blätterte in der Akte. „Sie sind mit einem Filetiermesser auf Herrn Evers losgegangen. Wenn nicht einige Ihrer Kollegen eingegriffen hätten – was wäre dann wohl passiert?“
    Fedder antwortete nicht. Marie

Weitere Kostenlose Bücher