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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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nicht öffnen ließen. Harro Köster leistete „Amtshilfe“ und zog mit seinem Schlepper das Fahrzeug so weit vor, dass die Polizisten den Wagen öffnen konnten. Ihnen bot sich ein grausiger Anblick: Im Laderaum lag ein unbekleideter Mann, dessen Körper mit einer Reifschicht bedeckt war. Nach Aussagen der Beamten herrschte in dem Fahrzeug eine Temperatur von minus 24 Grad.
    Kriminalhauptkommissar Röverkamp vom Fachkommissariat 1 der Polizeiinspektion Cuxhaven/Wesermarsch und seine Mitarbeiter nahmen die Ermittlungen auf. Nach Röverkamps Worten könnte der Mann in dem Tiefkühltransporter erfroren oder nach seinem Tod dorthin verbracht worden sein. Der Hauptkommissar schließt einen Zusammenhang mit dem Fall Evers nicht aus. Der Betriebsratsvorsitzende der CuxFrisch war zwei Tage zuvor ebenfalls in tiefgefrorenem Zustand aufgefunden worden.
    Bei dem Toten, der gestern an der Heerstraße entdeckt wurde, könnte es sich nach Aussage von Isabelle und Enno Wilckens, den Inhabern des Restaurants Cap Cux, um deren Chefkoch handeln, der am Morgen nicht zur Arbeit erschienen war. Kleidungsstücke des Mannes waren zu dieser Zeit von Polizisten des Beach-Watch-Teams am Döser Strand gefunden worden. Hauptkommissar Röverkamp wollte zur Identität des Toten aus ermittlungstaktischen Gründen noch keine Angaben machen. Die genaue Todesursache stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

    Ergänzt wurde der Artikel durch zwei Fotos. Die Aufnahmen zeigten einen Tiefkühlwagen mit der Aufschrift „CuxFrost“ und den Kriminalbeamten, der offensichtlich die Ermittlungen leitete.
    Kein Name . Wieder und wieder überflog Ostendorff den Text. Dennoch gab es keinen Zweifel. Der Chefkoch des Cap Cux wurde vermisst. Es musste sich um Jensen handeln. Auch wenn die Polizei noch nicht sicher war. Er wusste es. Schon wegen der Todesart. Niemand erfror zufällig. Schon gar nicht in einem heißen Sommer wie diesem.
    Ostendorff musterte das Foto des Kriminalbeamten. Konnte man ihn ins Vertrauen ziehen? Ein bärtiger Mittfünfziger mit vollem dunklen Haar sah den Betrachter aus wachen Augen an. Der Mann strahlte Ruhe und Verlässlichkeit aus. Leider kannte er ihn nicht persönlich. Wahrscheinlich war der Ermittler noch nicht lange in Cuxhaven. Obwohl der Hauptkommissar vertrauenswürdig erschien, verwarf Ostendorff den Gedanken an einen direkten Kontakt. Besser war der Weg über Staatsanwalt Krebsfänger. Den traf er gelegentlich im Golfclub Hohe Klint. Zusätzlich würde er sich bei einem Parteifreund im Justizministerium absichern. Mit Rückendeckung aus dem Ministerium konnte er den Staatsanwalt für ein Informationsgespräch gewinnen. Und dann würde er weitersehen. Je nachdem wie sich das Gespräch entwickelte, würde er Krebsfänger mehr oder weniger ins Vertrauen ziehen. Zumindest ließ sich auf dieser Schiene sicherstellen, dass er über den Stand der laufenden Ermittlungen informiert würde.
    „Ich muss mal telefonieren“, murmelte er und erhob sich.
    „Hat das nicht Zeit bis später?“ Christine Ostendorff zog die Brauen zusammen, so dass über der Nasenwurzel eine steile Falte erschien.
    Ihr Mann schüttelte den Kopf. „Leider unaufschiebbar. Muss jemanden im Innenministerium erreichen. Später sind die alle in irgendwelchen Sitzungen. Es dauert nicht lange.“
    Als der Abgeordnete die Zeitung aus der Hand legte und im Haus verschwand, schob ein Mann in einem improvisierten Hochsitz des nahe gelegenen Wernerwaldes sein Fernglas in den Köcher und verstaute das Richtmikrofon in einer Tasche. Mit zufriedener Miene stieg er von der Jagdkanzel herab.
    Die Nachricht hatte ihren Adressaten erreicht.

    *

    „Was hast du herausgefunden?“ Marie hatte sich vorgenommen, diese Frage nicht zu stellen, jedenfalls nicht sofort. Nun war sie doch damit herausgeplatzt, kaum dass Felix und sie sich gesetzt hatten. Sie schalt sich deswegen und versuchte, ihr Interesse an seiner Antwort durch intensives Studium der Eiskarte zu verstecken, obwohl sie ohnehin wieder ihren geliebten Früchte-Eisbecher Dolce Vita nehmen würde. Sie hatten sich am Da Dalto getroffen, vor dessen Außenplätzen schon andere Paare und Grüppchen auf frei werdende Stühle gelauert hatten. Felix hatte Bekannte entdeckt, die gerade gehen wollten und ihnen ihre Plätze überlassen hatten. Er schien überhaupt viele Leute zu kennen. Schon am Abend im Pizza Pub hatte er diesen und jenen Gast begrüßt, und auch jetzt winkte er dem einen oder anderen zu, ihm grüßend

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