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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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schlage vor“, lachte Sabine, „dass du mich freilässt und wir erst mal reingehen.“
    Während sie den Schlüssel im Schloss drehte, wandte sie sich zu Röverkamp um. „Wir sollten aber hier nicht bleiben. Es ist viel zu heiß. Was hältst du von einem Ausflug ans Meer? Zum Beispiel nach Wremen?“
    Röverkamp nickte. „Am Wasser lässt es sich aushalten. Hab’ vorhin schon ein Weilchen dort verbracht.“
    „Du warst schon am Meer? Hast du heute nicht gearbeitet?“
    „Nur bis Mittag. Dann habe ich mir eine Auszeit genommen. Musste nachdenken.“
    „Über den Fall mit den Frostleichen?“
    „Auch.“
    Sabine Cordes nickte, als wüsste sie, worüber er sich außerdem den Kopf zerbrach. Doch sie fragte nicht nach. „Ich springe schnell unter die Dusche. Dann fahren wir los.“
    Konrad Röverkamp murmelte eine Zustimmung. Vielleicht war jetzt der Augenblick für den entscheidenden Satz. Sabine, ich würde gerne etwas mit dir besprechen. Aber er schwieg. Sah zu, wie sie die Schuhe abstreifte und im Bad verschwand. „Du weißt ja“, rief sie durch den Türspalt, „wo was zu trinken steht.“
    Geistesabwesend ging er in die Küche, nahm eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank und füllte zwei Gläser. Vielleicht war es besser, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Ja, er sollte auf eine entspannte Situation warten. Zum Beispiel, wenn sie bei einem Glas Wein in die untergehende Sonne blickten.
    Erleichtert ließ er sich im Wohnzimmer in einen Sessel fallen. Wenn er die richtigen Worte jetzt noch nicht brauchte, konnte er auch später darüber nachdenken.
    „Weißt du, woran ich heute gedacht habe?“ Sabine Cordes kam nackt und nass aus dem Badezimmer, mit einem Handtuch die kurzen braunen Haare rubbelnd. Ihre Brüste wippten, und das Licht der Spätnachmittagssonne gab ihrer leicht gebräunten Haut einem goldenen Ton. Im schmalen Dreieck ihrer Scham glitzerten Wassertropfen.
    Sabine sah ihn aus strahlenden Augen an.
    Konrad Röverkamp spürte plötzlich das Blut in seinen Adern und fragte sich, ob Sabine sich ihrer Wirkung bewusst war. Ihm stand plötzlich nicht mehr der Sinn nach einem Ausflug. Viel lieber würde er mit ihr ...
    „Eigentlich wäre es doch ganz praktisch“, fuhr Sabine fort, „wenn wir zusammen wohnen würden. Aber dann habe ich mir gesagt, dass wir uns vielleicht bald auf den Geist gehen würden. Und irgendwie kann ich auf meine Unabhängigkeit wohl doch nicht verzichten.“ Sie drehte sich um und verschwand im Schlafzimmer. „Wie denkst du darüber, Konrad?“, rief sie über den Flur.
    Röverkamp leerte sein Glas und sank in sich zusammen. Sollte er ihr jetzt mit einer fertigen Lösung kommen? Die Wohnung von Amelie Karstens gehört demnächst mir. Du kannst bei mir einziehen. Im Cuxhavener Krankenhaus können sie bestimmt eine gute Anästhesistin gebrauchen.
    „Wahrscheinlich hast du recht“, rief er. „Es ist ja auch schön – so wie es ist. Das sollte man vielleicht nicht durch einen eheähnlichen Alltag aufs Spiel setzen.“ Doch tief in seinen Inneren nagten Zweifel an dieser These. Oder plagte ihn in Wahrheit nur die Angst, sie zu verlieren? Manchmal fühlte er sich so alt. Sabine war fünfzehn Jahre jünger als er. Wenn er in Pension ging, würde sie noch mitten im Berufsleben stehen. Eine Frau in den besten Jahren, auf die zu Hause ein Rentner wartete. Konnte das überhaupt gut gehen?
    Als Konrad Röverkamp mit Sabine Cordes eine halbe Stunde später in Wremen am Fuße des „Kleinen Preußen“ hockte und in die tief stehende Sonne blinzelte, hatte er die Frage nach dem Zusammenleben endgültig auf später verschoben. Längere Zeit saßen sie stumm in der noch immer wärmenden Abendsonne und beobachteten die vorbeiziehenden Schiffe.
    Sabine war die zweite große Liebe seines Lebens; ihre Gegenwart erfüllte ihn mit einem lange nicht erlebten Gefühl von Zärtlichkeit und inniger Zuneigung. Auch von Geborgenheit. Mit ihr konnte er – zum ersten Mal seit Ingrids Tod – unbeschwert lachen, reden oder auch – wie jetzt – einfach nur schweigen. Sie war für ihn zum wichtigsten Menschen geworden. Alles andere war zweitrangig. Große Wohnung hin oder her.
    Irgendwann ergriff Sabine seine Hand und lächelte ihn an, als hätte sie seine Gedanken erraten. „Ich habe Appetit. Wollen wir etwas essen?“ Mit einem Kopfnicken deutete sie in Richtung des Gartenrestaurants jenseits des Leuchtturms.
    Konrad Röverkamp stand auf und zog Sabine mit. „Eine gute Idee.“
    Später

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