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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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etwas geschehen. Wenn er die Kontrolle über sein Dasein verlor, würde alles in einer Katastrophe enden. Irgendwie musste er diesen jungen Mann, der wie ein Abziehbild des toten Erik Bohm aussah, aus dem Verkehr ziehen. Er konnte nicht zulassen, dass der Nachkomme des Jugendfreundes seine Existenz gefährdete. Irgendwie würde sich herausfinden lassen, wie sein Vorname war und wo der Mann lebte.
    Vielleicht sollte er der Polizei doch einen Tipp geben. Die hatte alle Möglichkeiten. Selbst wenn dieser Kriminalbeamte auf die Ereignisse von damals stoßen sollte, würde er damit nichts anfangen können. Es gab keine Beweise. Auch Bohm junior würde nichts belegen können.
    Wenn der meinem Kind zu nahe kommt, bringe ich ihn um. Während Ostendorff in den Schubladen seines Schreibtischs nach der Pistole suchte, wurde ihm bewusst, dass er die Tötung zweier Menschen in Erwägung zog.
    Seltsamerweise erschien ihm dieser Gedanke plötzlich als ganz gewöhnliches Kalkül, wie man es zur Lösung von Problemen anstellte. Die Erkenntnis ließ ihn ruhiger werden. Er würde systematisch vorgehen. Einen Plan entwickeln. Wie eine politische Strategie. Darin war er schließlich geübt. Für einen Augenblick irritierte ihn die Frage, welches die richtige Reihenfolge war, doch dann sagte er sich, dass sich das aus den Plänen ergeben würde. Ohnehin musste er zuerst Nachforschungen über Eriks Familie anstellen. Er wusste auch schon, wo er anfangen würde.
    So viel wusste er schon jetzt: Christine würde einen Unfall erleiden. Am besten auf hoher See. Wenn die Yacht aus der Werft kam, würde er einen Nordsee-Törn vorschlagen. Sie waren lange nicht zusammen gesegelt. Irgendwann würde sich das Wetter ändern und wieder ordentlichen Wind bringen. Ja, das war ein guter Gedanke. Julia weigerte sich ohnehin, das schwankende Boot zu betreten. Er würde also mit Christine allein auf dem Wasser sein.
    Ostendorff griff zum Telefon, um bei der Werft nachzufragen. Drei bis vier Tage hatten sie für die Reparatur veranschlagt. Vielleicht waren sie schon fertig.
    Während er dem Rufzeichen lauschte, sah er vor seinem inneren Auge das Boot durch die Nordsee gleiten, sah Christine, von einem Stoß des plötzlich umschlagenden Baumes aus dem Gleichgewicht gebracht, über die Reling stürzen. Natürlich ohne Schwimmweste, die sie, wie so oft, gegen seinen ausdrücklichen Rat abgelegt hatte. Natürlich würde er wenden, sie unter Einsatz seines Lebens aus dem Wasser ziehen. Aber zu spät. Der Schlag hatte sie betäubt, sie war ertrunken, Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.
    Jemand von der Werft meldete sich und versicherte ihm, dass seine Yacht „Julia“ so gut wie fertig sei und schon morgen zum Liegeplatz gebracht würde.
    Ostendorff legte auf und betrachtete die Pistole. Die schwarze, metallisch glänzende Sig Sauer P228 war eine kompakte Waffe, die kaum mehr als achthundert Gramm wog und trotzdem dreizehn Patronen der Neun-Millimeter-Para-Klasse verschießen konnte. Das sollte für Bohm junior reichen. Eine Leiche in der Nordsee verschwinden zu lassen, war kein ernsthaftes Problem, wenn man eine hochseetüchtige Yacht besaß. Oder war ein Hafenbecken günstiger? Vielleicht einfacher.
    Er musste ihn nur finden.

    *

    „Ich bin sicher, dass es dieser Mann war, dessen Anblick Ostendorff aus dem Konzept gebracht hat.“ Marie drückte die Auswurftaste und nahm die Kassette aus dem Rekorder. „Das hättest du erleben müssen. Dieser aalglatte Abgeordnete, der sonst immer so was von cool daherkommt und stets in wohlgesetzten Worten spricht, ist regelrecht ins Stottern geraten. Felix meinte zwar ...“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Egal. Es muss dieser Erik gewesen sein. Beziehungsweise sein Sohn.“
    „Was meinte Felix?“ Konrad Röverkamp sah seine Kollegin aufmerksam an.
    Marie zögerte. „Eigentlich spielt es keine Rolle.“
    „Verrätst du es mir trotzdem?“
    „Na gut.“ Marie hob die Schultern. „Felix dachte, ich sei der Grund für Ostendorffs Irritation. Weil er mich wiedererkannt hat.“
    Röverkamp lächelte. „Hätte durchaus sein können. Aber wahrscheinlich hast du recht. Ostendorff hat offenbar Gründe, weshalb wir ihn nicht mit den drei anderen auf dem Foto in Verbindung bringen sollen. Zwei von ihnen sind tot. Der dritte taucht in Form seines Ebenbildes auf. Nehmen wir an, es handelt sich um den Sohn jenes Eriks. Warum bringt er unseren Herrn Abgeordneten so aus der Fassung?“
    „Möglichkeit eins“,

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