Eiskalter Sommer
leicht flatternden Stoffdaches mischte.
Plötzlich nahm der Fahrer Gas weg und ließ den Wagen ausrollen. Er stieß Hendrik in die Seite. „Kannst du mal den Schnee von der Scheibe wegmachen? Der Wischer kann sich kaum noch bewegen.“
Eisiger Wind fegte durch die geöffnete Tür in den Wagen, als Hendrik die Tür öffnete, und alle waren froh, als er wieder auf seinem Sitz hockte und der 2 CV anrollte.
Am Bremer Kreuz ließ Tom sie aussteigen und wünschte ihnen eine gute Reise. „Und lasst euch nicht verarschen beim Bund!“, rief er beim Anfahren. „Nehmt lieber öfter mal ‘nen Joint.“
„Der hat vielleicht Nerven.“ Kopfschüttelnd sah Jan dem bunten Wagen nach, der rasch im Schneetreiben verschwand.
Sven hob die Schultern. „Dem bleibt auch nichts anderes übrig, als irgendwann erwachsen zu werden.“
Während sie mit den Augen die schwächer werdenden Rücklichter verfolgten, kroch hinter ihnen brummend ein Lkw die Auffahrt herauf.
„Los!“, rief Hendrik. „Den schnappen wir uns.“
*
Auf dem Brockeswalder Friedhof schien es kühler zu sein als in den Straßen. Alter Baumbestand sorgte für reichlich Schatten, und ein leichter Luftzug brachte ebenfalls ein wenig Abkühlung. Ostendorff brauchte eine Weile, um die Grabstätte wiederzufinden. Der Friedhof hatte sich verändert, und Erik Bohms Grabstein, den er neu und blank in Erinnerung hatte, wirkte alt und verwittert. Sein Herz schlug schneller, als er entdeckte, was er erhofft, aber nicht unbedingt erwartet hatte. Auf dem Grab standen Blumen. Nicht mehr ganz frisch, aber das konnte man bei der sommerlichen Hitze auch nicht erwarten. Doch länger als zwei oder drei Tage konnte es nicht zurückliegen, dass sie jemand dort arrangiert hatte.
Suchend sah Ostendorff sich um. Hier und da waren ältere Leute damit beschäftigt, Gräber zu pflegen und deren Bepflanzungen mit Wasser zu versorgen. An einer Wegbiegung fand er, wonach er Ausschau gehalten hatte: einen Friedhofsgärtner.
Ja, er wisse, dass an dem Grab von Erik Bohm regelmäßig ein junger Mann auftauche. Er habe ihn schon wiederholt aus einem Toyota Yaris ein- und aussteigen gesehen.
Eine kleine rührselige Geschichte und ein größerer Geldschein machten den Mann zu seinem Helfer. Zufrieden verließ Ostendorff das Friedhofsgelände. Es war nur noch eine Frage der Zeit und er könnte Bohm junior ins Visier nehmen.
*
Als er zum Swatten Diek zurückkehrte, parkte vor dem Haus ein Auto, das er zu spät als Dienstwagen des Kriminalbeamten erkannte. Während er in die Garagenzufahrt einbog, stiegen der Kriminalhauptkommissar und seine Assistentin – oder was immer das Mädchen in seiner Begleitung sein mochte – aus und kamen auf ihn zu.
„Guten Tag, Herr Ostendorff“, grüßte ihn der Beamte höflich. „Entschuldigen Sie bitte, dass wir hier unangemeldet aufkreuzen. Aber wir müssen Sie noch einmal kurz sprechen.“
„Ich habe Ihnen doch alles gesagt, was ich weiß.“ Ostendorff gab sich keine Mühe, seinen Unwillen zu verbergen. „Mehr kann ich wirklich nicht für Sie tun.“
„Aber wir können etwas für Sie tun, Herr Abgeordneter“, versetzte die junge Frau. „Dürfen wir hereinkommen? Oder möchten Sie lieber auf der Straße ...“
„Na gut.“ Er öffnete die Haustür. „Kommen Sie herein. Aber ich habe wenig Zeit. Wenn Sie sich bitte kurz fassen wollen ...“
„Selbstverständlich. Es dauert nur ein paar Minuten.“
„Also?“, fragte Ostendorff und blieb im Hausflur stehen. „Setzen müssen wir uns ja wohl deshalb nicht.“
Konrad Röverkamp hob die Schultern. „Aus welchen Gründen auch immer Sie uns weismachen wollen, die Männer auf dem Foto, das wir Ihnen vorgelegt haben, nicht zu kennen – wir sind jedenfalls nach wie vor von dem Gegenteil überzeugt und wir werden herausfinden, warum sie es leugnen.“
„Kommen Sie bitte zur Sache“, knurrte Ostendorff.
„Ich bin dabei.“ Röverkamps Stimme klang kühl. „Wir müssen davon ausgehen, dass Sie und Ihre Familie gefährdet sein könnten. Wenn sich bewahrheitet, was wir zur Zeit nur vermuten, dann könnte der Sohn eines der auf dem Foto abgebildeten Männer für die Morde an zweien dieser Männer verantwortlich sein. Wir wissen noch nichts über die Motive. Aber es könnte sich um Racheakte handeln, deren Ursprung in der Vergangenheit liegt. Und in diesem Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass Sie das nächste Opfer werden sollen. Darum möchten wir zwei Beamte zu Ihrem Schutz
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