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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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davon zu überwachen. Die zwei offensichtlichsten Automaten hatte es schon erwischt: Der erste stand in einem winzigen Einkaufszentrum am Ende der Roxwell Street, einer ruhigen Gegend, die sich für einen unauffälligen Übergriff geradezu anbot. Der zweite Raub war schon ein bisschen dreister, aber dennoch taktisch plausibel gewesen. Zwar befand sich der Apparat mitten in der Innenstadt, allerdings an der Rückseite der Bank, an einem Durchgang, der sich den ganzen Block entlangzog und der dem Räuber als Beobachtungsposten wie auch als Fluchtweg gedient hatte.
    Auf den Überwachungskameras war nichts zu erkennen. Er war zu clever, um sich in ihrem Aufnahmeradius zu zeigen. Vielmehr schlich er jeweils hinter sein Opfer, wenn es von dem Automaten zurücktrat, drückte ihm eine Knarre in die Rippen und verlangte Geld. Eine Sache von wenigen Sekunden. Junger Mann, achtzehn bis fünfundzwanzig, schätzten die Betroffenen. Dunkle Hose, dunkle Kapuzenjacke. Die Kapuze hatte er über eine Wollmütze gezogen, die ihm in die Stirn reichte, dazu trug er über Mund und Nase einen Schal. Bei einer Gegenüberstellung würde ihn niemand erkennen können.
    Von den verbliebenen Geldautomaten erschien dieser hier – zentral, doch dunkel gelegen – der logische nächste Schauplatz eines Überfalls. Nach zwanzig Uhr war hier kaum noch Verkehr, weshalb Delorme in einem nicht gekennzeichneten Wagen saß und in die Schneeflocken starrte, die rings um ihr Fahrzeug langsam aufs Pflaster wirbelten. Natürlich hatte sie Chouinard zu bedenken gegeben, dass der Räuber ebenso gut wieder zum ersten Automaten zurückkehren könnte, weil er sich vielleicht dachte, dass dort niemand mit ihm rechnete. Das stimmt, hatte Chouinard geantwortet. Möglich wär’s.
    Sie wechselte die Stellung. Sie saß hinten, weil niemand auf den Rücksitz eines parkenden Autos achtete. Ein Verstärkungstrupp wartete gut versteckt in einer nahe gelegenen Einfahrt. Cardinal und die anderen bearbeiteten einen der aufsehenerregendsten Mordfälle, die es je in der Provinz gegeben hatte, und sie saß hier fest, um einen Trottel zu schnappen, der bei Geldautomaten Leute ausraubte. Auch wenn sie wusste, dass es wichtig war – schließlich müssen die Leute ihren Geschäften nachgehen können, ohne bestohlen zu werden –, würde sie sich keine Lorbeeren verdienen, wenn sie den Kerl kassierte.
    In den zwei Stunden, in denen Delorme bereits Wache schob, hatten nur vier Kunden den Automaten benutzt, und nichts deutete darauf hin, dass es Ärger geben könnte, dass noch jemand anders in der Nähe lauerte. Jedes Mal, wenn jemand vorbeikam, machte sie sich eine Notiz: 21:14, Dame mit Dackel in Schottenmantel; 21:36, etwa sechzehnjähriger Jugendlicher mit Schlittschuhen über dem Hockeyschläger, Schläger wie Gewehr geschultert; 21:43, Stuart Cort (der Polizei gut bekannter obdachloser Alkoholiker) torkelt mit Subway-Sandwichtüte vorbei.
    Polizeidienststelle Algonquin Bay, sagte sie sich, dein Freund und Helfer.
    Es knackte im Funkgerät, und sie musste über den Vordersitz greifen, um es zu erreichen. »Kommen Sie so schnell wie möglich zur Roxwell, Ecke Clement«, sagte der diensthabende Sergeant. »Er hat wieder am ersten Automaten zugeschlagen.«
    Ich hab’s gewusst, ich hab’s gewusst, ich hab’s gewusst, dachte Delorme, während sie sich hinters Lenkrad klemmte und ans andere Ende der Stadt fuhr. Außerdem brachte sie einige frankokanadische Flüche zum Einsatz, die sie gewöhnlich für unter ihrer Würde hielt. Sie erreichte den Tatort in weniger als drei Minuten. Ein paar Streifenwagen waren bereits vor ihr da, und der ganze Parkplatz vor dem Automaten war abgesperrt. Sie sprach mit einem Constable, der sie auf eine der Streifen verwies.
    Auf dem Rücksitz saß eine Frau. Sie hieß Stella McQuaig, und in Anbetracht der Situation schien sie in recht guter Verfassung zu sein, auch wenn sie bei der Schilderung des Tathergangs ein Zittern in der Stimme nicht unterdrücken konnte. Die früheren beiden Opfer waren im Vergleich zu ihr hysterisch gewesen. Ihre Täterbeschreibung war allerdings nicht brauchbarer als die der anderen: junger Mann, dunkle Kleidung, Kapuze und Schal. Kapuze und Schal hatte sie in ihrem Autofenster gespiegelt gesehen.
    »Was meinen Sie? Könnten Sie mir zeigen, wie genau es abgelaufen ist?«, fragte Delorme.
    »Sie meinen, mit Ihnen da rübergehen?«
    »Ihnen kann jetzt nichts mehr passieren.«
    Die Frau blickte von Delorme aus dem Fenster

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