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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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keine Orgel, keines, das sie je gehört hatte –, das sich, seit sie auf der Welt war, danach sehnte, gespielt zu werden.
    Sie nahm ihre Uhr und hielt sie schräg ins Mondlicht. Zwei Uhr morgens. Sie stand auf und stellte sich vor den Spiegel, trat dann so lange zurück, bis das Mondlicht sie erfasste. Ihr alberner Pyjama, blau-weiß gestreift und so unsexy, wie es nur ging. Das erste Geschenk, das Papa ihr gemacht hatte, indem er ihr erklärte, »Züchtigkeit« sei die am meisten unterschätzte Tugend der Welt, vielleicht das Einzige, was wir von den Muslimen lernen könnten, was immer er damit sagen wollte. Zuerst hatte sich der Schlafanzug albern und plump und hässlich angefühlt – solange sie denken konnte, hatte Nikki nackt geschlafen –, doch inzwischen liebte sie ihn. Es hatte etwas Tröstliches, sich zum Schlafen anzuziehen, als ginge man zu etwas Besonderem, etwas, das nur einen selbst betraf und wo man völlig ungestört war.
    Sie hob das gestreifte Oberteil hoch, indem sie den Stoff mit beiden Händen zusammenraffte. Der metallische Schimmer des Mondlichts fiel kühl und sauber auf ihre Haut, der münzgroße Fleck ihres Nabels. Sie zog die Hose ein Stück herunter und entblößte die Wölbung ihrer Hüften. Ich bin sexy, sagte sie sich, ich bin echt sexy. Die Linien und Flächen ihrer Züge, der Wechsel von Licht und Schatten, verliehen ihrem Gesicht einen überirdischen, unwirklichen, verlockenden Ausdruck – verlockend, dieses sehnsüchtige Wort, das ihr immer wieder in den Vampirromanen, ihrer einzigen Lektüre, begegnete. Bei Nacht wirkte ihr Gesicht glatt und ebenmäßig, ihre Augen waren tief und schwarz.
    Sie ging zur Tür, öffnete sie und horchte. Stille. Ein Lichtschimmer unter Papas Tür. Auf dem kurzen Stück bis zu seiner Tür der weiche Teppich unter ihren nackten Füßen. Sie hob eine Hand und hielt wenige Zentimeter vom Holz entfernt inne. Aus irgendeinem Grund war es ein Moment wie auf dem Sprungbrett im Jugendzentrum – man wusste, dass es nicht weh tun würde, hatte aber trotzdem Angst.
    Sie klopfte mit den Fingerspitzen an.
    Stille.
    Nikki hob die Finger, um noch einmal zu klopfen, als Papa, nicht lauter als bei einer gewöhnlichen Unterhaltung, »komm herein« rief.
    Sie öffnete die Tür einen Spalt und steckte den Kopf hinein. Papa sah sie über das Taschenbuch hinweg, das er gerade las und dessen Cover eine flammende Mondsichel schmückte, an.
    »Was gibt’s, Nikki? Du solltest schlafen.«
    »Ich möchte nur ein Weilchen zu dir.«
    »Ja? Wieso? Was hast du?«
    Nikki zog die Tür hinter sich zu, lief hinüber und legte sich zu ihm. Sie schmiegte sich an ihn, legte ihm einen Arm über den Bauch und zog ihn an sich, während sie ihren Kopf auf seine Brust drückte.
    Er sagte nichts. Er machte Platz für sie, hielt jedoch immer noch das Buch über der Brust.
    Nikki ließ die Hand über seine Brust und seinen Bauch wandern und schließlich hinunter zwischen seine Beine. Sie fühlte die weichen Umrisse seines Penis und streichelte ihn.
    »Lass das.«
    »Ich möchte aber. Lieg einfach nur still. Du brauchst nichts zu sagen und nichts zu tun. Ich will dir nur einen blasen.«
    Er ließ das Buch über die Seite des Bettes fallen, packte sie am Gelenk und zog ihre Hand weg. Sie versuchte, sich zu befreien und wieder hinzufassen, doch er war schnell und stark.
    »Nicht.«
    Sie sah zu ihm auf und traf auf seinen missbilligenden Blick. »Bitte«, sagte sie. »Ich möchte es aber. Ich möchte dir Freude bereiten.«
    »Nein.«
    Sie verlegte sich auf den Tonfall, der bei ihren Tricks immer gut angekommen war. »Du wirst kommen, wie du noch nie gekommen bist, Schatz. Leg dich einfach nur zurück und lass mich deinen riesigen Penis lutschen, dass es dich umhaut.«
    »Gott, Nikki, das ist zum Weinen. Das ist das Traurigste, was ich je gehört habe.«
    »Du hast mir gutgetan, ich will dasselbe für dich tun. Wieso darf ich nicht?«
    »Weil du mir schon jetzt guttust, einfach, indem du zu dieser Familie gehörst.«
    »Du hattest Sex mit Lemur.«
    »Ich hab mit Lemur eine Übung durchgeführt. Es ging um etwas, das er brauchte und das die Familie brauchte.«
    Sie rollte sich von ihm weg. »Du findest mich hässlich.«
    »Das ist vollkommen falsch, Nikki. Ich will keinen Sex mit dir haben, weil du so, wie du bist, schön und vollkommen bist. Ich verfluche die Welt, die dir beigebracht hat, du könntest nur nett zu jemandem sein, wenn du Sex mit ihm hast. Jetzt setz dich. Heb das Kissen vom

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