Eisnacht
aufmachte, die von Kopf bis Fuß in einer Art Pferdedecken-Toga steckte, dem hässlichsten Morgenmantel, den Wes je gesehen hatte. Ihr Gesicht passte hervorragend dazu, vor allem, da es durch die verdrießliche Miene noch hässlicher wirkte als sonst.
Dutch bat um Verzeihung für die Störung und sagte, sie müssten unbedingt mit Mr Morris sprechen. Es handle sich um einen Notfall. Sie machte die Tür wieder zu und ging ihren Mann holen, während Dutch und Wes in der eisigen Kälte auf der Veranda warten mussten.
Zu guter Letzt kam Morris an die Tür, sah aber kaum herzlicher aus als seine Gemahlin. Dutch erzählte ein Märchen von einer Familie, die in ihrem Auto festsitze, weshalb er unbedingt die Schneemobile brauche, die die Bank von Cal Hawkins beschlagnahmt hatte.
»Ich würde sie Ihnen liebend gern überlassen, Chief Burton. Wenn sie noch der Bank gehören würden. Wir haben sie verkauft… hmm, mal sehen. Vor Weihnachten, wenn ich mich recht erinnere. Wir hatten eine Anzeige geschaltet, dass Pfänder versteigert würden. Wahrscheinlich haben Sie die übersehen.«
»Wahrscheinlich. Wer hat sie gekauft?«
»William Ritt. Man hat ihm gestattet, sie in der Busgarage stehen zu lassen, bis er sie abtransportieren kann, aber die Schlüssel hat er schon mitgenommen.«
Sie entschuldigten sich erneut dafür, ihn aus dem Bett gerissen zu haben, und dankten für die Auskunft.
Jetzt stapften sie durch den Schnee zu Dutchs Bronco zurück, und er war stinksauer.
Wes ging Dutchs chronischer Pessimismus auf die Nerven. »Herrgott noch mal, Dutch, kriegst du dich endlich wieder ein? Das muss nicht das Ende bedeuten. Wir fahren zu Ritt.«
»Klar. Clearys Gerüchtekoch Nummer eins.« Sie kletterten in den Bronco, und Dutch schaltete den Motor ein, ohne einen Gang einzulegen. »Hast du denn eine Wahl?«, fragte Wes. »Oder willst du zulassen, dass dir Special Agent Begley deinen Verdächtigen und deinen Schneid dazu klaut?«
Fluchend legte Dutch den Rückwärtsgang ein und setzte aus der Einfahrt des Bankers.
Fünf Minuten später standen sie vor dem Drugstore. Drinnen brannte natürlich kein Licht, aber Williams Wagen parkte am Straßenrand neben Marilees, der seit gestern Abend dort stand. »Hab doch gewusst, dass er hier ist«, bemerkte Wes.
Die Glocke über der Tür bimmelte fröhlich. William war hinter der Kaffeetheke und machte auf dem Propangasofen einen Topf Wasser heiß. Die einzigen Lichtquellen waren die blaue Flamme unter dem Topf und eine Votivkerze, die William auf die Theke gestellt hatte. Sie roch nach Apfel.
Er wünschte ihnen fröhlich einen guten Morgen. »Ihr beiden seid die Einzigen, die ich heute Morgen draußen gesehen habe. Möchtet ihr einen Kaffee? Es ist nur löslicher, mehr geht heute nicht.«
Wes setzte sich auf einen der verchromten Barhocker und zog die Handschuhe aus. »Liebend gern, wenn er nur heiß ist.«
»Ich auch.« Dutch setzte sich neben Wes.
»Dein Gesicht gefällt mir gar nicht, Dutch.«
»Ich glaube, ich brauche eine stärkere Desinfektionssalbe.«
»Dann bist du hier am richtigen Fleck. Ich hole dir eine, sobald der Kaffee fertig ist.« Ihre ungewöhnliche Aufmachung war ihm nicht entgangen. Er kommentierte sie, während er den löslichen Kaffee in drei Becher löffelte. »Wollt ihr Skifahren gehen?«
Wes sah Dutch an und überließ ihm die Antwort. Auf der Herfahrt hatte er Dutch eingebläut, wie er William Ritt anpacken musste. »Er ist ein Schwachkopf, ein Außenseiter, der unbedingt einer von uns sein will, obwohl nicht die leiseste Chance besteht, dass wir ihn je akzeptieren. Du musst ihm nur schmeicheln. Ihm das Gefühl geben, dass er zu uns gehört und entscheidend zu unserem Plan beitragen kann.«
»Er trägt entscheidend zu unserem Plan bei«, hatte Dutch gesagt. »Das ist ja die Scheiße.«
Dutch war gar nicht begeistert, einem Wiesel wie William Honig um den Bart zu schmieren. Jetzt, wo es Zeit für den entscheidenden Angriff war, hielt Wes den Atem an.
Dutch begann, indem er sich hinter vorgehaltener Hand räusperte und dann möglichst ernst dreinsah. »Ich bin heute Morgen nicht hier, weil ich eine Salbe für mein Gesicht und einen Kaffee brauche.«
»Ach?«
»Es mag dir wie eine eigenartige Bitte erscheinen, William«, fuhr er mit der gleichen tiefernsten Stimme fort. »Um sie auch nur zu stellen, muss ich dich zuerst in einer offiziellen Angelegenheit ins Vertrauen ziehen.«
Exzellent, dachte Wes.
»Du weißt, dass ich nie was ausplaudern
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