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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Gespenst. Als der Bronco rückwärts aus der Einfahrt setzte, drehten die Räder durch, weil sie keinen Halt fanden.
    Scott sah immer noch den kleiner werdenden Heckleuchten nach, als seine Mutter an die Zimmertür klopfte. »Scott?«
    »Komm rein.« Er drehte die Anlage leiser.
    »Möchtest du jetzt ein Stück Kuchen?«
    »Kann ich es fürs Frühstück aufheben? Ich habe zu viel Fleisch gegessen. Ich habe Dad mit Mr Burton wegfahren sehen.«
    Sie erzählte ihm, was passiert war. »Ich vermute, dass Lilly nicht rechtzeitig losgefahren ist und vom Sturm eingeholt wurde. Wenigstens hatte sie einen guten Grund, da oben zu sein. Was Mr Tierney heute auf dem Gipfel wollte, will mir dagegen nicht in den Kopf.«
    »Er geht gern wandern.«
    »Aber müsste er nicht wissen, dass es Wahnsinn ist, wandern zu gehen, wenn ein Sturm aufzieht?«
    Das gab Scott auch zu denken. Er war ebenfalls ein erfahrener Wanderer und hatte Tierneys Artikel über die Wanderwege in der Region gelesen. Von Kindheit an hatte Scott die Bergwälder erforscht und dort gezeltet, anfangs mit den Pfadfindern, später allein. Sosehr er es genoss, den Cleary Peak zu erkunden, der selbst an einem guten Tag abweisend wirkte, so wenig hätte er am heutigen Nachmittag während des Wettersturzes dort sein wollen.
    »Ich glaube nicht, dass irgendwer noch heute Nacht die Mountain Laurel Road hochfahren kann, selbst wenn sie Cal Hawkins auftreiben«, bemerkte er.
    »Ich auch nicht, aber auf mich wollten sie nicht hören. Wenn überhaupt jemand sturer ist als dein Vater, dann Dutch Burton. Kann ich dir was bringen? Vielleicht einen Kakao?«
    »Nein danke, Mom. Ich arbeite noch ein bisschen an den Bewerbungen, so wie ich es Dad versprochen habe. Und dann gehe ich schlafen.«
    »Okay. Gute Nacht. Schlaf gut.«
    »Vergiss nicht abzuschließen und den Wecker zu stellen, bevor du ins Bett gehst«, rief er ihr nach, als sie das Zimmer verlassen wollte.
    Sie lächelte ihn an. »Bestimmt nicht. Wes hat mich oft genug ermahnt, Türen und Fenster zu verschließen, vor allem seit Millicent verschwunden ist. Aber wegen eines Einbrechers mache ich mir keine Sorgen.«
    Warum solltest du auch?, dachte Scott. In dem Nachttisch neben ihrem Bett lag eine geladene Pistole. Eigentlich durfte er das nicht wissen, aber er wusste es. Er hatte sie entdeckt, als er sich als Sechstklässler ins Schlafzimmer seiner Eltern geschlichen hatte, um dort nach Kondomen zu suchen, mit denen er seine Freunde beeindrucken konnte. Der Revolver in der Schublade hatte ihn viel tiefer beeindruckt als die Tube mit Spermizidflüssigkeit.
    »Es sieht nicht so aus, als wären Millicent oder die anderen gewaltsam entführt worden«, fuhr sie fort. »Wer der Täter auch ist, er muss jemand sein, den die Frauen kennen oder zumindest wiedererkennen und für harmlos halten. Sie scheinen freiwillig mitgegangen zu sein.«
    »Stimmt, aber sei trotzdem vorsichtig, Mom.«
    Sie blies ihm einen Kuss zu. »Versprochen.«
    Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, drehte Scott die Anlage wieder auf und stellte den eingebauten Timer so ein, dass sie nach zwanzig Minuten abgeschaltet würde. Dann packte er sich für seinen nächtlichen Ausflug in warme Sachen.
    Weil er alle beweglichen Teile gut geölt hielt, ließ sich sein Fenster völlig geräuschlos öffnen. Schnell wie der Blitz war er draußen und zog das Fenster wieder zu. Schließlich sollte seine Mom keinen kalten Luftzug spüren und in sein Zimmer kommen, um nach der Ursache zu suchen.
    Die eisige Luft brannte in den Augen und brachte seine Nase zum Laufen. Die Schultern gegen Eis und Wind hochgezogen, stopfte er die behandschuhten Finger in die Manteltaschen. Dann machte er sich quer durch den unbeleuchteten Bereich des Gartens auf den Weg.
    Manchmal musste er diesem Haus einfach entfliehen, vor allem, wenn ihm der Alte wieder in den Ohren lag, dass er nur Mist baute, während Scott sich in Wahrheit die Eier abschuftete, um es ihm recht zu machen.
    Natürlich wäre nichts, was er je tun konnte, gut genug für seinen Dad. Kein blaues Siegerband war blau genug, kein Silberpokal konnte für Wes Hamers Kind hell genug strahlen. Falls er eines Tages eine olympische Goldmedaille gewinnen sollte, würde sein Dad wissen wollen, warum er nicht zwei gewonnen hatte.
    Weil er Scheinwerfer auf sich zukommen sah und fürchtete, dass es Dutch Burtons Bronco sein könnte, duckte er sich hinter eine Hecke und wartete ab, bis das Fahrzeug vorbeigefahren war. Es fuhr in

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