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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Pfad verläuft mehr oder weniger gerade. Aber wenn du erst hinter der Lichtung in den Wald kommst…«
    »Ja«, bestätigte er, »dann wird es schwieriger.«
    »Wie willst du was erkennen?«
    Er zog eine winzige Taschenlampe aus der Manteltasche.
    Sie sah nicht besonders zuverlässig aus. »Und wenn die Batterie ausgeht? Dann könntest du dich verirren.«
    »Was Orientierung angeht, habe ich einen sechsten Sinn. Falls ich genug erkennen kann, um es dahin zu schaffen, komme ich auch wieder zurück. Aber wenn das Licht in der Hütte ausgehen sollte, während ich unterwegs bin - damit müssen wir jederzeit rechnen. Das Eis ist tödlich für die Stromleitungen.« Sie nickte. »Falls der Strom also ausgeht, musst du eine Kerze anzünden und ins Fenster stellen.«
    »Ich habe keine Zündhölzer.«
    Er zog eine Schachtel Zündhölzer aus der anderen Manteltasche und reichte sie ihr. »Leg die Hölzer neben die Kerze, damit du im Notfall beides zur Hand hast.«
    Plötzlich begriff sie, was für ein Irrsinn sein Unterfangen war. »Tierney, bitte überleg dir das noch mal. Wir können die Möbel zerhacken und verheizen. Die Bücherregale, den Couchtisch, die Schranktüren. Wir werden bestimmt gerettet, bevor uns das Holz ausgeht. Und vielleicht reicht das Gas länger, als wir erwarten.«
    »Das Risiko will ich auf keinen Fall eingehen. Außerdem wäre es Unfug, die Hütte zu Kleinholz zu verarbeiten, solange wir nicht dazu gezwungen sind. Ich schaffe das schon. Ich habe schon Schlimmeres überstanden.«
    »Auch im Blizzard?«
    Er antwortete nicht, sondern fasste schweigend nach seiner Mütze. Als er sie ansah, verzog er angeekelt das Gesicht. »Die ist total mit Blut verklebt. Kann ich deine Picknickdecke ausleihen?«
    Sie half ihm, die Decke zu einer Kapuze zu falten, so wie er es vorhin für sie getan hatte, dann war er abmarschbereit. Ein letztes Mal versuchte sie ihn von seinem Plan abzubringen. »Mit einer Gehirnerschütterung sollte man sich nicht anstrengen. Du könntest in Ohnmacht fallen, dein Orientierungssinn könnte aussetzen, du könntest dich verirren und von einer Klippe fallen oder irgendwo da draußen erfrieren.«
    »Die Todgeweihten grüßen dich…« Er salutierte.
    »Mach keine Witze.«
    »Ich wünschte, es wäre ein Witz.« Er schob den Schal über Mund und Nase und griff nach dem Türknauf. Aber dann hielt er noch einmal inne und zog den Schal wieder vom Mund. »Wenn ich es nicht zurückschaffe, wird es mir mächtig stinken, dass ich dich nie geküsst habe.«
    Seine Augen wirkten wie eisblaue Flammen. Sie hielten ihren Blick gefangen, während er den Schal wieder über die Nase schob. Als er die Tür öffnete, traf sie der eisige Luftstoß wie eine Ohrfeige und war genauso schnell vorbei. Er hatte die Tür ins Schloss gezogen, sobald er durch den Spalt geschlüpft war.
    Lilly eilte ans Fenster und schob die Vorhänge beiseite, damit das Licht nach draußen dringen konnte. Er drehte sich um und zeigte ihr zum Dank einen erhobenen Daumen. Sie ging ans andere Fenster und tat dort das Gleiche, legte dann die Hände um die Augen und beobachtete ihn durch das frostbeschlagene Glas. Bei jedem Schritt setzte er ganz behutsam den Stiefel auf und überzeugte sich davon, dass er festen Boden unter dem Fuß hatte, bevor er sein Gewicht darauf verlagerte.
    Die Fenster legten einen Trichter aus Licht über den Bereich vor der Hütte, aber der reichte nicht weit, und schon bald war Tierney dahinter verschwunden. Ungeduldig wischte Lilly die beschlagene Stelle vor ihrem Mund frei. In der Ferne sah sie den dünnen Strahl der Taschenlampe durch den wirbelnden Regen und Graupel hüpfen.
    Bald sah sie nicht einmal mehr den.
    Sie fanden Cal Hawkins genau so in einer Bar, wie Wes es beschrieben hatte.
    Die Bar lag tief im Wald unter einer sechzig Meter hohen kahlen Felswand, an der eine ungeteerte Straße endete. Unter der Bergflanke versteckt stand ein fensterloser, ebenerdiger Bau, der architektonisch so ausgereift wirkte wie eine Keksschachtel.
    In der Mitte der flachen Fassade war eine verbeulte Eisentür eingelassen. Eine nackte gelbe Glühbirne hing in der Fassung darüber. Vor dem Gebäude parkten drei Pick-ups. Nach der Dicke der Graupelschicht auf den Windschutzscheiben zu schließen standen sie schon eine ganze Weile hier.
    Dutch hatte seinen Bronco zwei Meilen über eine dunkle, schmale, heimtückische Straße gelotst, um hierherzugelangen, und war demzufolge auf hundertachtzig, als er und Wes in die Bar traten. Das

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