Eisnacht
Schrittgeschwindigkeit und schien Ewigkeiten zu brauchen, bis es auf Scotts Höhe war, dessen Beine in der Kälte langsam steif wurden.
Aber er war unnötig in Deckung gegangen. Es war nicht der Bronco. Er machte sich wieder auf den Weg, den Mantelkragen über die Wangen geschlagen und die Kappe tief ins Gesicht gezogen, damit er von niemandem erkannt wurde, der zufällig aus dem Wohnzimmerfenster in den Sturm hinausschaute.
In dieser Stadt tratschte wirklich jeder. Falls ihn irgendwer auf der Straße sah und das später seinem Dad erzählte, müsste er schmerzlich dafür bezahlen. Und wenn er auf dem Eis ausrutschte und sich verletzte? Sein Alter würde einen Schlaganfall kriegen. Aber erst nachdem er ihn umgebracht hätte.
Er war so in diesen Gedanken vertieft oder fürchtete ihn vielleicht so sehr, dass er ihn wahr werden ließ. Er rutschte auf dem eisigen Gehweg aus. Seine Füße flogen hoch in die Luft, und er landete schmerzhaft und mit voller Wucht auf dem Hintern. Das Steißbein fühlte sich an, als wäre es gegen die Schädeldecke geknallt. Beim Aufprall schlugen seine Zähne aufeinander, und er biss sich in die Zunge.
Er ließ sich ein paar Sekunden Zeit, um sich von dem Sturz zu erholen, bevor er auch nur aufzustehen versuchte. Nach mehreren eher komisch wirkenden Anläufen, auf der rutschigen Fläche Fuß zu fassen, hatte er es endlich geschafft. Er humpelte an einen Bretterzaun und lehnte sich dagegen.
»Jesus«, flüsterte er zitternd, während er sich ausmalte, was sein Dad angestellt hätte, wenn er mit einem zerschmetterten Knöchel oder einer gebrochenen Elle heimgehumpelt wäre.
Weißt du, Dad, das war so. Ich hab mich aus dem Haus geschlichen. Und während ich so durch die Straßen wandere, haut's mich aufs Eis. Du hättest hören sollen, wie der Knochen gekracht hat, als er gebrochen ist. Als würden zwei Dachlatten aufeinander knallen. Seufz. Sieht nicht so aus, als würde ich bei den Alabama Crimson Tides aufgenommen. Die werden die NCAA -Footballmeisterschaft ohne mich gewinnen müssen.
Während er über den Gehsteig schlich, immer dicht am Zaun bleibend, malte er sich mit Schaudern aus, was für eine Atombombe nach einem solchen Fehler in seinem Leben explodieren würde. Dafür würde er bis an sein Lebensende bezahlen, und noch am Tag seiner Beerdigung würde sich sein Dad in den offenen Sarg beugen und brüllen: Verfluchte Scheiße, was hast du dir nur dabei gedacht, Scott? Wes' Schimpfen und Toben würde nicht mal am Grab ein Ende nehmen. Nur die ehrgeizigen Ziele für Scott müsste er begraben.
Er blickte auf die vereiste Stelle, auf der er hingefallen war. Um Haaresbreite war er einer Katastrophe entgangen. Er hatte verdammtes Glück gehabt, dass er sich nicht den Hals gebrochen hatte.
Oder war es Pech?
Ohne jede Vorwarnung zuckte der Satz aus Scotts Unterbewusstsein hoch und ließ ihn innehalten. Woher kam dieser aufsässige Gedanke?, fragte er sich.
Es war die Art von Gedanke, für die man vom Blitz getroffen werden konnte. In letzter Zeit hatte er so einiges angestellt, was in jedem Moralkodex und in jeder Religion als verdammenswürdig galt. Aber bis zu diesem Moment hatte er sich nicht wirklich vor einer Ewigkeit im Fegefeuer gefürchtet, und jetzt tat er es bloß, weil er sich für einen Sekundenbruchteil einen verräterischen Gedanken erlaubt hatte. Aber wen kann man für seine Gedanken verurteilen?
Erst nach einigen Sekunden ging Scott weiter.
Extrem vorsichtig.
Kapitel 9
Tierneys Ermahnung, dass sie nicht mehr verheiratet war, ließ Lilly die Decke abwerfen und vom Sofa klettern. Sie hätte erwartet, dass er versuchen würde, an ihrer Seite zu bleiben, aber seine Verletzungen hinderten ihn daran, sich so schnell zu bewegen. Er schaffte es nur, sich schwankend zu erheben. »Lilly…«
»Nein, hör zu, Tierney.« Er hatte sie zwar nicht berührt, aber sie streckte vorsorglich die Hand aus, um jeden Versuch zu unterbinden. »Die gegenwärtigen Umstände sind beklemmend genug, ohne dass…«
»Beklemmend? Du empfindest Beklemmung? Fühlst du dich in meiner Nähe nicht sicher?«
»Sicher? O doch. Wer hat was von sicher gesagt? Es ist nur…«
»Was?« Die Brauen fragend hochgezogen, ließ er den Satz in der Luft hängen.
»Wir sollten nicht so vertraulich werden. Solange wir hier eingesperrt sind, sollten wir das vermeiden. Wir sollten unser Privatleben hintanstellen und uns auf die praktischen Probleme konzentrieren.« Er schien ihr widersprechen zu wollen, aber
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