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Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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hinter den Türen liegen Agenturen, Ateliers, Computerfirmen, irgendwelche Büros. In der zweiten Etage sagt der Inceman: »Stopp.«
    Auf der linken Tür, einer Milchglastür, steht in eleganten, blassgoldenen Buchstaben: VON HEESEN. KOMMUNIKATION. Die Schrift ist sehr fein, man kann sie nur lesen, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt. Edel.
    Die Tür ist zu.
    »Tschauner, haben Sie was zum Aufmachen dabei?«, frage ich.
    »Ich hab die Staatsanwältin dabei«, sagt er und zückt seine Dienstwaffe. »Ist nicht Gefahr im Verzug?«
    »Sind wir bei den Wilden Kerlen?«, frage ich.
    »Wir können auch Herrn und Frau von Heesen anrufen und sie hierherbitten«, sagt der Inceman.
    »Wir können uns auch vor Angst einpinkeln«, sagt der Tschauner und überhört einfach, dass der Inceman ihn anknurrt. »Und ich frage mich, ob wir den beiden trauen können. Nach allem, was Sie mir eben im Auto erzählt haben, hat das Söhnchen ja eventuell ordentlich Dreck am Stecken.«
    »Okay«, sage ich, »ballern Sie das Schloss auf. Zur Not zahl ich die Reparatur.«
    Wäre ich nicht mit dem Inceman hier, gäbe es noch eine dritte Option: Ich könnte Klatsche anrufen, den Mister Superschlüsseldienst. Mein ehemaliger Einbrecherkönig hätte das Türchen hier in zwei Sekunden auf. Aber das geht irgendwie nicht. Und wäre ja auch nicht weniger gegen die Vorschriften, eher mehr.
    Der Inceman und ich treten ein Stück nach hinten, dann wummst und klackt und raucht es einmal, und dann ist die Tür auf.
    »Gute Arbeit, Herr Kollege.« Der Inceman klopft ihm auf die Schultern.
    Wir stehen in einer Art Vorraum, vor einer zweiten Glastür. Kein Milchglas diesmal, dahinter liegt gut sichtbar die Agentur der von Heesens. An den Wänden im Gang hängen Fotografien, die alle das Gleiche zeigen: einen Strand, das Meer, den Himmel. Immer wieder das gleiche Bild. Hier im Vorraum sind einfach nur weiße Wände. Und zwei Türen ohne Klinken. Da ist jeweils nur ein silberner Knauf. Die Glastür zur Agentur ist nicht abgeschlossen, der Tschauner ist schon auf dem Weg in die Büros.
    »Hey, Tschauner!«, rufe ich. »Wir brauchen Sie hier noch mal.«
    Der Inceman ist in die Hocke gegangen und inspiziert den Türspalt der rechten von den beiden Türen. Ich finde, diesmal ist es viel eindeutiger als auf der Liftschwelle. Kriminalmeister Tschauner macht, dass er herkommt, und ich wundere mich fast ein bisschen, dass er nicht die Knierutsche macht, um schnellstmöglich neben dem Inceman zu landen. Irgendwie niedlich, der Lütte. Er holt ein zweites Tütchen raus und sein Taschenmesser und fängt wieder an zu kratzen. Im Spurensicherstellen kriegt er eine glatte Eins von mir. Im Türenaufschießen auch.
    Aber als die Tür offen ist, wünschte ich, wir hätten sie zugelassen.
    Der Raum ist dunkel, es riecht nach Blut und nach Schweiß und nach Straße. Es riecht nach Schmerzen, und es riecht nach Gewalt.
    »Taschenlampe?«, frage ich.
    Kriminalmeister Tschauner greift in die Innentasche seiner Jacke, holt eine LED-Leuchte raus, macht sie an und leuchtet los.
    Wir stehen im Türrahmen, und keiner sagt was.
    Der Raum ist vielleicht drei mal drei Meter groß. An der Decke hängt ein kräftiger Haken, so ein Ding, an dem man einen Boxsack befestigen kann, einen richtig großen. Der Betonfußboden ist nur noch an einzelnen Stellen grau, auf dem Rest verteilen sich dunkelrote und rotbraune Flecken. In der hinteren Ecke des Raumes liegen ein paar bunte Abschleppseile, auch von ordentlichem Kaliber. Daneben stapeln sich Männerschuhe. Schwere, schmutzige, abgetretene Männerschuhe. Der Haufen sieht aus wie eine Jagdtrophäensammlung.
    Keine Ahnung, wie lange wir da stehen, ohne uns zu rühren. Als wären wir an der Türschwelle festgetackert. Der Inceman fängt sich als Erster.
    »Tschauner«, sagt er, »rufen Sie die Kollegen für die Spurensicherung, ja? Und dann gehen Sie zurück zur Wache. Oder sonst irgendwohin, wo es hell und warm ist. Wir warten hier, bis alles geregelt ist.«
    »Der Bruder von Angel Kober«, sage ich, und ich muss mich zusammenreißen, um sprechen zu können. »Den müssen wir hochnehmen. Kümmern Sie sich darum?«
    Kriminalmeister Tschauner nickt. »Mach ich. Und die kleine von Heesen am besten gleich mit, oder?«
    »Ja«, sage ich, »vielleicht kriegen Sie’s sogar heute noch hin. Ich würde gerne verhindern, dass hier wieder jemand landet.«
    »Und sonst?«, fragt der Tschauner.
    »Hochfahren«, sage ich, »Yannick von Heesen und Angel Kober sind

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