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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Limmat geklettert war, kam die Stadtpolizei; mit Blaulicht und Meiendörfer im Schlepptau. Der Biochemiker war, nachdem niemand auf seine Rufe reagiert hatte, zum nächsten Polizeiposten gerannt. Zusammen mit den Beamten hatte er das Ufer abgesucht. Es sei das erste Mal, dass er sich für seine Diabetes entschuldigen müsse, hatte er gemeint.
    »Schon recht«, stotterte der Kommissar. »Schon recht.« Er war bis auf die Knochen durchgefroren.
    Der Polizeikorporal, der den Einsatz leitete, hatte ihm sofort die Kleider ausgezogen und ihn in Wolldecken gepackt. Zitternd saß Eschenbach auf dem Rücksitz des Polizeiwagens. Daneben Meiendörfer und eine junge Polizistin, die aus einer Thermosflasche eine heiße Bouillon in einen Becher goss.
    Zähneklappernd nannte Eschenbach die Adresse von Juliet. Er brauchte drei Anläufe, bis ihn der Korporal verstand. Meiendörfer wollte er für den nächsten Morgen ins Präsidium bestellen. Aber das brachte er beim besten Willen nicht mehr heraus.
    Sie fuhren mit aufgedrehter Heizung Richtung Westen. Beim Hauptbahnhof staute sich der Verkehr, und als sie der Weg am Präsidium vorbeiführte, warf der Kommissar einen Blick auf die Fenster im dritten Stock. Alles war dunkel.
    Sie hielten vor dem mehrstöckigen Gebäude, in dem Juliet ihre Wohnung hatte.
    »Ist jemand zu Hause?«, wollte der Korporal wissen.
    »Ich … ich weiß … weiß es nicht.«
    Nachdem Eschenbach auch noch den Namen Ehrat heruntergestottert hatte, verließ die Polizistin den Wagen.
    Nach einer Weile winkte sie von der Gegensprechanlage des Wohnblocks und kam etwas später, zusammen mit Juliet, zurück zum Auto.
    »Ich bleibe in Zürich«, sagte Meiendörfer. »Sie können mich jederzeit unter meiner Handynummer erreichen.«
    Der Kommissar presste die Zähne zusammen und nickte. Dann öffnete er die Tür und verließ den Wagen.

    Morgens um halb acht kam Jagmetti mit frischen Kleidern und eine halbe Stunde später saßen sie zu dritt am kleinen Tisch in Juliets Küche.
    »Wie der Dalai Lama bin ich barfuß über den Schnee«, sagte Eschenbach. Er schob sich ein dick mit Butter bestrichenes Gipfeli in den Mund.
    Juliet lachte und schwieg. Sie erwähnte nicht, dass der Kommissar am ganzen Leib gezittert hatte und wie ein hilfloser, alter Mann zu ihr in die Wohnung gehumpelt war. Dass er über eine Stunde in der Badewanne in heißem Wasser gelegen und vom Sterben geredet hatte. Und dass sie mitten in der Nacht in die Notapotheke am Stauffacher gefahren war, um ein Mittel gegen Fieber und Schüttelfrost zu besorgen; das alles sollte ihr kleines Geheimnis bleiben.
    Als der Kommissar nach dem Frühstück das Gerichtsmedizinische Institut anrief, war Salvisberg nicht da.
    »Der Professor ist schlafen gegangen«, sagte seine Sekretärin. »Er ist fix und fertig … und ich soll Ihnen ausrichten, dass es nicht ganz gereicht hat, mit dieser Sache.«
    »Mist!«
    »Trotzdem kann ich Ihnen sagen, dass die Tetrodotoxinvergiftung bei dem Toten von dieser oder einer ähnlichen Substanz stammen könnte. Und bei der Frau, die man uns gestern Abend noch von der Klinik Balgrist gebracht hat …«
    »Anfang zwanzig, blond?«
    »Richtig«, kam es erstaunt. »Kennen Sie sie?«
    »Also doch!« Das Mädchen vom Haus Ober, dachte Eschenbach. Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Nein, ich kenne sie nicht. Nicht wirklich.«
    »Also, da könnte es sich möglicherweise ebenso verhalten.«
    »Möglicherweise und könnte«, murmelte Eschenbach. Er machte sich Vorwürfe, dass er damals nicht entschlossen genug gehandelt hatte. Vermutlich würde die junge Frau jetzt noch leben.
    »Sind Sie noch da?«, fragte die Stimme in der Leitung.
    »Ja.«
    »Wie gesagt, es ist alles noch nicht ganz hundert Prozent.«
    »Typisch Salvisberg«, sagte der Kommissar. »Aber er war sich immerhin so sicher, dass er Ihnen aufgetragen hat, mir das so auszurichten, oder?«
    »Sie kennen den Professor gut, nicht wahr?«, sagte die weibliche Stimme mit einem Seufzer.
    »Sagen wir so, ich kenn ihn schon lang.«
    »Na gut, ich muss es Ihnen überlassen, welche Schlüsse Sie daraus ziehen. Mehr hat er jedenfalls nicht gesagt.«
    Eschenbach bedankte sich und hängte ein.
    »Schlechte Nachrichten?« Juliet schaute interessiert.
    »Wie man’s nimmt«, gab er zur Antwort und dachte nach.
    Juliet und Claudio räumten das Geschirr vom Tisch in die Spülmaschine, stellten Honig und Brotkörbchen in den kleinen Kasten in der Ecke und die Milch, das übrig gebliebene

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