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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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Zutritt zu verschaffen, hat er den Begriff gewaltsam wohl zu wörtlich genommen und meinem Vater eine gelangt.«
    »Ist ja die totale Härte«, sagte Sophie grinsend.
    Anna bereitete es großes Vergnügen, die Anekdote zum Besten zu geben. »Als man mich dann ausrief«, erzählte sie weiter, »ist Thomas natürlich mit raus. Mein Vater lag da schon mit blutiger Nase auf einer Bahre, und rechts und links davon baumelten seine schlaffen Romika-Sandalen samt Kniestrumpfinhalt.«
    »Lassen Sie mich raten!«, sagte Sophie. »Thomas wusste natürlich sofort, dass Ihre Geschichte mit dem Drogenfahnder nicht stimmte.«
    »Klar«, bestätigte Anna. »Vor allem hat er es auch deshalb nicht geglaubt, weil ich ihm auch erzählt hatte, dass mein Vater Zehnkämpfer war, was nicht wirklich zu der auf der Bahre liegenden Figur passte.«
    Sophie schüttelte lächelnd den Kopf. »Warum haben Sie sich auch so was ausgedacht?«

    »Keine Ahnung!« Anna zuckte mit den Schultern. »War eben so eine Phase. Später habe ich so was nicht mehr gemacht.«
    »Die Geschichte ist jedenfalls sehr aufschlussreich!«, vernahm Anna nun Kommissar Bendts sonore Stimme und schrak zusammen. Er war plötzlich hinter ihr aufgetaucht, und sie wurde unwillkürlich rot.
    »Was machen Sie denn hier?!«, fragte sie schroff und ärgerte sich über ihre glühenden Wangen.
    »Das sag ich Ihnen auf dem Weg in Ihr Büro«, gab Bendt kurz angebunden zurück. »Wir brauchen dringend einen Durchsuchungsbeschluss.«
    Anna seufzte. »Tut mir leid, Sophie«, sagte sie dann. »Mir scheint, ich muss schon weg.«
    »Ach, schade!« Sophie schien ehrlich betrübt zu sein. »Ich hätte so gern noch ein bisschen weitergequatscht«, sagte sie enttäuscht.
    »Beim nächsten Mal!«, tröstete Anna sie.
    Sophies Blick hellte sich plötzlich auf. »Können Sie nicht am Sonntag zu uns kommen?«, fragte sie dann. »Ich feiere meinen Geburtstag nach und würde mir so wünschen, dass Sie dabei wären!«
    »Also, ich weiß nicht …«, sagte Anna unschlüssig, da sie weder wusste, ob sie Lust hatte, an einem Teenagergeburtstag teilzunehmen, noch ob es angemessen wäre, die Tochter ihres Vorgesetzten zu besuchen.
    »Ach bitte!«, flehte Sophie. »Ich würde mich so freuen.«
    »Nun sagen Sie schon ja!«, drängte jetzt Bendt. »Wir müssen los.«

    »Also gut«, seufzte Anna. »Wann soll es denn losgehen?«
    »Um vier zum Kaffee!«, sagte Sophie strahlend, bevor sie sich verabschiedeten.

16. KAPITEL
    E r hatte das Martyrium seiner Demütigung überstanden. Kurzzeitig hatte er geglaubt, sie würden ihn ertränken. Eine ganze Horde hatte ihn festgehalten, während Ferdi und Volker seinen Kopf immer wieder in die Kloschüssel getaucht hatten. Er hatte sich vor Angst und Ekel erbrochen, was sie antrieb, ihn immer wieder brutal im Genick zu packen und hinunterzudrücken. Und er hatte die bittere Galle geschmeckt, die sich mit dem Salz seiner Tränen vermischt und den Würgereiz verstärkt hatte. Bei dem Versuch, sich zu retten, war er mit dem Kinn auf dem Toilettenrand aufgeschlagen, weil es seinen schwachen Armen nicht gelungen war, sich abzustützen. Er war sich vorgekommen wie die jämmerlichste Kreatur auf Erden.
    Dann hatten sie ihn wie einen Käfer an Armen und Beinen gepackt und unter die Dusche geschleift, ihm die Kleider vom Leib gerissen und ihn mit eiskaltem Wasser abgebraust, bis er ganz blau gefroren war.
    Er hatte sich gewunden wie ein glitschiger Aal, während sie ihn von allen Seiten mit Shampoo bespritzt und ihn immer wieder unter den Wasserstrahl gedrängt hatten. Vergebens hatte er versucht, sich zu befreien, war auf dem seifigen Boden ausgeglitten und mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, was sie noch mehr angetrieben hatte. Sein Heulen und
Schreien war mehr und mehr einem Winseln gewichen, doch schließlich hatten sie den Spaß an ihm verloren und von ihm abgelassen.
    Endlich hatte er realisiert, dass sie verschwunden waren und ihn, vor Angst und Kälte schlotternd, in dem weiß gekachelten Waschraum zurückgelassen hatten.
    Mit zittrigen Fingern war es ihm gelungen, seine pitschnassen Sachen überzustreifen und in sein Zimmer zu fliehen, wo er schließlich immer noch tropfend hinter der Tür gehockt und unzählige Tränen der Wut vergossen hatte. Immer wieder biss er in seine Fingerkuppen, bis sie blutig waren und seinen kalten Händen ein Stück Wärme zurückgaben.
    Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte. Aber er wusste, warum er schließlich doch fähig war,

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