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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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der Welt abgesehen hatte, weil er diese finanziellen Mittel den Jesuiten zur Verfügung stellen wollte. Hier stand zu lesen, daß die Rockefellers und die Mellons die Nachkommen von verschwörerisch veranlagten Familien waren, die schon seit dem vierzehnten Jahrhundert versuchten, die Welt zu beherrschen — vielleicht aber auch seit dem zwölften Jahrhundert oder dem zehnten oder dem Augenblick, da die Dinosaurier den Löffel abgegeben hatten. Ein Ausschnitt behauptete, daß in China Mädchen von klein an in von der Regierung finanzierten ›Prostitutions-Farmen‹ aufwuchsen und mit zehn Jahren sexuell abartigen Politikern des Westens überstellt wurden, die den Chinesen dafür Geheimnisse verrieten, die die nationale Sicherheit ihres jeweiligen Landes gefährdeten. Gierige Geschäftsleute vergifteten angeblich die gesamte Erde und waren so verrückt auf Geld, daß es ihnen völlig gleichgültig war, ob auch noch das letzte Robbenbaby abgeschlachtet oder der letzte der mächtigen Redwood-Bäume zu Gartenmöbeln verarbeitet wurde. Nein, sie vergifteten die nachfolgende Generation und zerstörten die Erde des allmächtigen Dollars wegen, und ihre bösen Verschwörungen waren so kompliziert und umfassend, daß niemand sicher sein konnte, daß nicht sogar seine eigene Mutter in ihren Diensten stand. Des weiteren versuchten Außerirdische aus einer anderen Galaxis — oder zumindest aus einem anderen Sonnensystem —, die Erde zu übernehmen, und bedienten sich dabei schändlicherweise und insgeheim der Hilfe der (eins ankreuzen) Republikanischen Partei, der Demokratischen Partei, der Libertarianischen Partei, der Juden, Schwarzen, wiedergeborenen Christen, der Liberalen, Konservativen und der leitenden Angestellten mittleren Alters aller amerikanischer Speditionsunternehmen. Die Aussagen dieser Zeitungsausschnitte waren so abstrus, daß Gunvald nicht einmal überrascht gewesen wäre, die Nachricht zu finden, daß Elvis seinen Tod nur vorgetäuscht hatte, um aus einem unterirdischen Herrenhaus in der Schweiz die Herrschaft über die internationale Bankengemeinde an sich zu reißen.
    Mit dem Zeitungsausschnitt auf Seite 24 wurde das Notizbuch häßlicher und beunruhigender. Es handelte sich um ein Foto des verstorbenen Präsidenten Dougherty. Über dem Foto stand die Schlagzeile: ATTENTAT AUF DOUGHERTY — HEUTE VOR ZEHN JAHREN. Am Rand stand, mit winzigkleiner, aber akkurater Handschrift und roter Tinte geschrieben, ein psychotischer Schwulst: Sein Gehirn ist verfault. Sein Verstand existiert nicht mehr. Seine Zunge kann keine Lügen mehr hervorbringen. Er ist den Würmern anheimgefallen, und uns bleiben weitere Kinder erspart, die er sonst vielleicht gezeugt hätte. Ich habe heute ein Poster gesehen, auf dem stand: Ich kann niemanden von meiner Wahrheit überzeugen, indem ich ihn einfach zum Schweigen bringe, wenn er die seine sprechen will. Aber das ist eine Lüge. Der Tod überzeugt einen Menschen. Und ich bin der Ansicht, daß er auch dazu beiträgt, seine Gefolgschaft zu überzeugen. Ich wünschte, ich hätte ihn getötet.
    Von dieser Stelle an wurde immer mehr Raum im Notizbuch der Familie Dougherty gewidmet. Auf Seite einhundert — dem Beginn des zweiten Drittels des Buches — war sie zu seiner einzigen Besessenheit geworden. Jeder Ausschnitt auf den nachfolgenden zweihundert Seiten befaßte sich mit ihr. Er hatte wichtige und triviale Meldungen eingeklebt: Einen Bericht über die Wahlkampfreden, die Brians Vater vor zwei Jahren gehalten hatte, einen Artikel über die Überraschungsparty, die man der Witwe des verstorbenen Präsidenten zum Geburtstag gegeben hatte, eine UPI-Meldung über Brians Abenteuer in einer der Stierkampfarenen in Madrid ...
    Auf Seite zweihundertzehn befand sich ein Familienporträt der Doughertys, das bei der Hochzeit von Brians Schwester gemacht und in der Zeitschrift People veröffentlicht worden war. Darunter stand ein handschriftlicher Kommentar von zwei Worten: Der Feind.
    Auf Seite zweihundertunddreißig wurden die letzten dahinsiechenden Schleier der Normalität abgeworfen und das kreischende Antlitz des nackten Wahnsinns enthüllt. Der Besitzer des Tagebuchs hatte eine Seite aus einer Zeitschrift eingeklebt, ein Farbfoto von Brians älterer Schwester, Emily. Eine hübsche junge Frau. Stupsnase. Große grüne Augen. Ein paar Sommersprossen. Kastanienbraunes, bis auf die Schultern fallendes Haar. Sie war von der Seite aufgenommen worden und lachte über etwas, das jemand gesagt

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