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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zermalmt werden.«
    Damit hatte er natürlich recht. Und es konnte in einem Sekundenbruchteil geschehen. Es würde vorbei sein, bevor sie überhaupt bemerkt hatten, daß es angefangen hatte. Zumindest würde der Tod gnädig schnell kommen.
    »Wir werden es schaffen«, beharrte Gorow.
    Er sah die Verwirrung der Treuepflichten in den Augen des Ersten Offiziers und fragte sich, ob er sich irrte. Er fragte sich, ob er die Edgeway-Wissenschaftler aufgeben und die Pogodin ein paar hundert Fuß hinaufbringen sollte, um den vernichtenden Druck auf das Schiff zu verringern.
    Er dachte an Nikki.
    Er ging mit sich selbst streng genug zu Gericht, um die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß die Rettung der Edgeway-Expedition bei ihm zu einer Besessenheit geworden war, zu einem Akt der persönlichen Buße, was nicht im besten Interesse seiner Mannschaft gewesen wäre. Sollte dies der Fall sein, hätte er die Herrschaft über sich verloren und wäre dem Kommando nicht mehr gewachsen.
    Werden wir wegen mir alle sterben? fragte er sich.

23:27 - DETONATION IN DREIUNDDREIßIG MINUTEN
     
    Der Abstieg am Kommunikationskabel erwies sich als viel schwieriger und anstrengender, als Harry Carpenter erwartet hatte. Er war im Wasser nicht annähernd so erfahren wie Brian und Roger, wenngleich er im Lauf der Jahre des öfteren getaucht hatte und zu wissen glaubte, worauf er sich einließ. Doch er hatte nicht berücksichtigt, daß ein Taucher normalerweise den größten Teil seiner Zeit unter Wasser damit verbrachte, mehr oder weniger parallel zum Meeresboden zu schwimmen; sie hingegen stiegen an dieser etwa zweihundert Meter langen Leine senkrecht zum Meeresboden hinab, was er ermüdend fand. Sogar unerklärlich ermüdend, da kein körperlicher Grund bestand, warum dieser Tauchvorgang wesentlich schwieriger sein sollte als jeder andere, den er absolviert hatte. Schließlich war er unter Wasser ja praktisch gewichtslos, und die Flossen waren genauso nützlich, wie sie es gewesen wären, wäre er parallel zum Meeresboden geschwommen. Er vermutete, daß seine eigenartige Müdigkeit größtenteils psychologischer Natur war, kam jedoch nicht dagegen an. Trotz der Bleigewichte des Taucheranzugs schien er ständig gegen seinen natürlichen Auftrieb ankämpfen zu müssen. Seine Arme schmerzten. Blut hämmerte in seinen Schläfen und hinter seinen Augen. Ihm wurde schnell klar, daß er gelegentlich eine Pause einlegen, sich aufrichten und den Kopf heben mußte, um das Gleichgewicht zurückzuerlangen; ansonsten würde er, obwohl seine Müdigkeit und zunehmende Orientierungslosigkeit zweifellos völlig psychologisch bedingt waren, ohnmächtig werden.
    Vor ihm schien Roger Breskin mühelos voranzukommen. Er hatte die linke Hand um das Kommunikationskabel gelegt, während er hinabtauchte, hielt die Lampe in der anderen und verließ sich völlig darauf, daß seine Beine ihn vorantrieben. Er trat mühelos aus. Seine Technik unterschied sich nicht grundlegend von der Harry’s, doch er hatte den Vorteil, bei seiner regelmäßigen, emsigen Arbeit an den Gewichten kräftige Muskeln aufgebaut zu haben.
    Als Harry spürte, daß seine Schultern knackten, sein Nacken zu schmerzen begann und neue, scharfe Ströme der Pein durch seine Arme schossen, wünschte er sich, er hätte in den letzten zwanzig Jahren genausoviel Zeit wie Roger in Fitneß-Studios zugebracht.
    Er warf einen Blick über die Schulter zurück, um sich zu überzeugen, daß Brian und Rita in Ordnung waren. Der Junge folgte ihm in einem Abstand von etwa vier Metern; seine Gesichtszüge waren unter der Tauchmaske kaum auszumachen. Immer wieder strömten Ausbrüche von Luftblasen aus Brians Luftschlauch, wurden vom Rückschein von Roger Breskins Lampe kurz golden gefärbt und verschwanden schnell in der Dunkelheit über ihm. Trotz allem, was er in den letzten paar Stunden durchgemacht hatte, schien er keine Schwierigkeiten zu haben, mit ihnen mitzuhalten.
    Hinter Brian war Rita kaum sichtbar, wurde nur ganz schwach von George Lins Lampe erhellt. Die gelblichen Strahlen wurden vom dunklen Wasser besiegt; vor diesem unheimlich leuchtenden, aber bleichen Dunst war sie nur ein sich kräuselnder Schatten und wirkte manchmal so verschwommen und seltsam, daß es sich bei ihr gar nicht um einen Menschen, sondern einen unbekannten Bewohner des Polarmeers zu handeln schien. Harry konnte ihr Gesicht nicht erkennen, war sich jedoch darüber im klaren, daß sie stark unter ihren Ängsten litt.
    Kryophobie:

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