Eiszeit
oder getan hatte, der sich außerhalb der Kamerareichweite befand. Ordentliche Druckbuchstaben umgaben spiralenförmig ihr Gesicht, Hunderte von Wiederholungen von drei Wörtern, die den Rest der Seite bis an jeden Rand ausfüllten: Schwein, Hure, Made, Schwein, Hure, Made, Schwein, Hure, Made...
Die darauffolgenden Seiten waren haarsträubend.
Gunvald versuchte erneut, Harry zu erreichen. Keine Antwort. Er bekam mit niemandem Verbindung. Der Sturm war sein einziger Gefährte.
Was, in Gottes Namen, ging auf diesem Eisberg vor?
Brian Dougherty und Roger Breskin waren die einzigen Mitglieder der Gruppe, die über umfassende Taucherfahrung verfügten. Da Brian kein offizielles Mitglied der Expedition, sondern lediglich ein Beobachter war, gelangte Harry zur Ansicht, der Junge sollte beim Abstieg durch den Tunnel, der sich vielleicht in einer Hinsicht als gefährlich erweisen würde, die er sich noch nicht vorstellen konnte, auf keinen Fall die Führung übernehmen. Also würde Roger den Anfang machen.
Sie würden Roger in genau festgelegter Anordnung folgen: Harry als zweiter, dann Brian, Rita, George, Claude, Franz und Pete. Über diese Aufstellung hatten sie lange nachgedacht. Brian befand sich dann zwischen Harry und Rita, den beiden einzigen, denen er vollständig vertrauen konnte. George Lin kam hinter Rita und mochte eine Bedrohung für sie und Brian sein. Wegen seines Alters und jovialen Temperaments schien Claude Jobert — von Pete einmal abgesehen — am wenigsten verdächtig zu sein, so daß er Lin folgte und bestimmt jeden Versuch eines Anschlags bemerken und verhindern würde. Sollte Franz der Schuldige sein, wurden seine Möglichkeiten, ein Attentat gegen Brian zu versuchen, von der Tatsache begrenzt, daß Pete ihn von hinten im Auge behalten würde. Und für den unwahrscheinlichen Fall, daß Pete Johnson der Möchtegern-Mörder war, würde er nicht so leicht an Franz, Claude, Lin und Rita vorbeikommen, um zu Brian zu gelangen.
Wenn sie im Finsteren durch den mit Wasser gefüllten Tunnel hinabgestiegen wären, hätte ihre Reihenfolge keine Rolle gespielt, denn in der Dunkelheit hätte alles mögliche geschehen können. Zum Glück hatten die Aluminiumkästen drei starke Halogenlampen enthalten, die für die Benutzung unter Wasser bei beträchtlichem Druck entworfen waren. Als erster in der Reihe würde Roger eine bekommen, in der Mitte George Lin, und Pete als letzter Mann die dritte. Wenn jeder drei Meter Abstand zwischen sich und der Person hielt, der er durch den Tunnel hinabfolgte, betrug der Abstand von der ersten bis zur dritten Lampe etwa vierzig Meter. Sie würden zwar nicht gerade durch helles Licht schwimmen, doch Harry hoffte, daß die Helligkeit ausreichte, um den potentiellen Mörder abzuschrecken.
Jeder der beheizten Tauchanzüge war mit einer wasserdichten Uhr mit einer großen Digitalanzeige ausgestattet. Als Harry sich umgezogen hatte, warf er einen Blick auf die seine. Achtzehn Minuten nach elf.
Detonation in zweiundvierzig Minuten.
»Alle fertig?« fragte er.
Alle Tauchanzüge waren geschlossen, die Masken an Ort und Stelle. Sogar George Lin war bereit.
»Viel Glück, meine Freunde«, sagte Harry. Dann zog er seine Maske hinab, griff über die linke Schulter, um die Luftzuführung aus der Sauerstoffflasche zu aktivieren, und atmete ein paarmal tief ein, um sich zu vergewissern, daß das Gerät richtig funktionierte. Schließlich drehte er sich zu Roger Breskin um und hob einen Daumen.
Roger ergriff seine Halogenlampe, watschelte über den flachen Rand des Teichs, zögerte nur eine Sekunde lang — und sprang mit den Füßen zuerst in die breite Tunnelöffnung.
Harry folgte ihm und warf sich mit einem nicht ganz so starken Spritzer, wie Roger ihn erzeugt hatte, ins Wasser. Obwohl er es besser wußte, rechnete er damit, daß die eiskalte Umarmung des Wassers ihm den Atem nehmen und sein Herz zum Stillstand bringen würde, und als sich das Wasser um ihn schloß, schnappte er unwillkürlich nach Luft. Doch die Batterie und die beheizte Fütterung des Taucheranzugs funktionierten äußerst gut, und er nahm keinen Temperaturwechsel von der Höhle in den Tunnel wahr.
Das Wasser war dunkel. Millionen von Schmutzpartikeln, Wolken winziger Algen in ausreichender Menge, um eine ganze Walherde zu ernähren, und Eisklumpen trieben in dem diffusen, gelblichen Strahl der wasserdichten Lampe. Hinter dem Halogenlicht war Roger eine nur halb auszumachende Gestalt, völlig schwarz und
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