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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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unterrichteter Beobachter wahrscheinlich geglaubt hätte, man könne damit Atomraketen abschießen. Sie war fast so groß wie die Männer, die sie zusammensetzten, wog dreihundertfünfzig Pfund und bestand aus lediglich drei Hauptkomponenten, die bereits zusammengebaut worden waren. Das rechteckige Fundament enthielt den Motor, der den Flaschenzug der Hosenboje bediente, und war an vier kleinen, ins Deck eingelassenen Stahlringen befestigt. Diese Ringe waren schon Bestandteil des Schiffes, seit die Pogodin damit begonnen hatte, Spezialagenten in fremden Ländern an Land zu bringen. Der blockähnliche, mittlere Bestandteil der Kanone saß auf einem Drehring auf dem Sockel und enthielt den Zündmechanismus, die Handgriffe des Kanoniers und eine große Tautrommel. Das letzte Bestandteil war ein ein Meter und zwanzig langer Lauf mit einem Kaliber von zwölf Zentimetern, den die drei Männer gerade in den Sockel eingesetzt hatten. Auf dem Fuß des Laufs war ein Allwetter-Zielfernrohr montiert. Das Gerät schien imstande zu sein, ein Loch durch einen Panzer zu schießen; auf einem Schlachtfeld wäre es jedoch so unwirksam wie die Wasserpistole eines Kindes gewesen.
    Mitunter war das Deck fast trocken, doch das war nicht der Normalzustand, und er hielt auch jeweils nur kurz an. Jedesmal, wenn der Bug eintauchte und eine Welle gegen die Hülle schlug, wurde das vordere Ende des Schiffs überspült. Von Eisbrocken und baumwollfaserähnlichen Kragen aus gefrorenem Schaum erhellt, strömte das kalte, dunkle Meer auf das Deck, schwappte zwischen den Beinen der Besatzungsmitglieder, schlug gegen ihre Schenkel und wogte bis zu ihren Hüften empor, bevor es wieder abfloß. Hätte die Ilja Pogodin sich auf der im Wind liegenden Seite des Eisbergs befunden, so hätten die turmhohen Wellen des Sturms die Männer überwältigt und gnadenlos hin und her geworfen. Doch auf der abgeschirmten Leeseite konnten sie, solange sie jedes Absinken des Bugs vorausberechneten und sich darauf vorbereiteten, auf den Beinen bleiben und ihre Aufgabe erfüllen, während die See sie umtoste; und in den Augenblicken, in denen das Deck frei von Wasser war, arbeiteten sie mit Höchstgeschwindigkeit und holten die zuvor verlorene Zeit wieder auf.
    Der größte der drei Matrosen trat von der Kanone zurück, schaute zur Brücke hoch und bedeutete dem Kapitän, daß sie anfangen konnten.
    Gorow trank den letzten Schluck Tee und gab Schukow den Becher zurück. »Versetzen Sie den Kontrollraum in Alarmbereitschaft.«
    Falls sein riskanter Plan, die Hosenbojen zu benutzen, irgendeine Aussicht auf Erfolg haben sollte, mußte das U-Boot seine Geschwindigkeit der des Eisbergs genau anpassen. Wenn das Schiff schneller als das Eis fuhr oder das Eis sich auch nur einen Bruchteil eines Knotens schneller bewegte als das Schiff, würde das Führungstau sich spannen und schneller reißen, als sie neue Lose ausrollen konnten.
    Gorow schaute auf seine Uhr. Viertel nach neun. Die Minuten vergingen zu schnell.
    Einer der Männer auf dem vorderen Deck schraubte die Mündung der Kanone auf, die mit einem Deckel bedeckt gewesen war, damit keine Feuchtigkeit hinein geriet. Ein anderer Mann schob eine Geschoßhülse in den Verschlußblock am Unterteil.
    Das Projektil, das das Tau befördern würde, war von schlichtem Entwurf. Es sah im Prinzip aus wie eine Feuerwerksrakete: einen halben Meter lang, knapp fünfzehn Zentimeter Durchmesser. Es würde das Tau aus Nylon und Draht hinter sich herziehen, gegen die Klippe prallen, beim Aufschlag explodieren und einen zehn Zentimeter großen Bolzen in das Eis treiben.
    Dieser Bolzen, an dem das Tau befestigt war, konnte fünfundzwanzig bis dreißig Zentimeter tief in eine massive Felsoberfläche eindringen, verschmolz dabei praktisch mit dem natürlichen Material, das ihn umgab, und fuhr Widerhaken aus, die ein Herausrutschen verhinderten. Sobald der Bolzen mit dem Granit oder Kalkstein — oder sogar mit Schiefer, falls die Felsschichten dicht genug waren — verschweißt war, bildete er einen sicheren Anker. Sobald auch das andere Ende sicher befestigt war, konnte man über das Tau an Land klettern, notfalls, indem man eine Hand hinter die andere setzte. Je nachdem, wie steil der Winkel war, in dem das Tau gespannt war, konnte man sogar übersetzen, indem man eine einfache Schlinge, die an zwei kleinen, teflonbeschichteten Stahlrädern mit tiefen Hohlrundungen hing, in denen das Tau lief, und eine vertikale Handkurbel benutzte. So oder so

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