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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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konnte der Betreffende den schweren Flaschenzug und ein stärkeres Tau mitnehmen, um damit eine noch zuverlässigere Verbindung zum anderen Ende zu schaffen.
    Leider, dachte Gorow, hatten sie es nicht mit Granit, Kalkstein oder hartem Schiefer zu tun. Ein unbekanntes Element war hinzugekommen. Der Anker würde vielleicht nicht in das Eis eindringen oder richtig mit ihm verschmelzen, wie er es bei den meisten Gesteinsarten tat.
    Einer der Matrosen hielt die Griffe fest; in einem davon befand sich der Abzug. Mit Hilfe der beiden anderen ermittelte er die Entfernung und die Windstärke. Das Ziel lag zehn Meter über der Wasseroberfläche. Semichastny hatte es mit einem Scheinwerfer markiert. Um den Wind auszugleichen, richtete der Matrose die Kanone auf eine Stelle links vom Ziel.
    Schukow schoß zwei Leuchtraketen ab.
    Gorow hob das Nachtfernglas. Er konzentrierte sich auf den Lichtkreis auf der Klippe.
    Ein dumpfer Knall war über dem Wind zu hören.
    Noch bevor das Schußgeräusch verhallte, explodierte die Rakete fünfzig Meter entfernt am Eisberg.
    »Direkter Treffer!« sagte Schukow.
    Mit kanonenähnlichen Donnerschlägen riß die Klippe. Spalten dehnten sich zickzackförmig in alle Richtungen vom Einschlagpunkt der Rakete aus. Das Eis verschob sich, kräuselte sich zuerst wie Gallerte und zerbrach dann völlig wie eine Fensterscheibe. Eine riesige Eiswand — zweihundert Meter lang, zwanzig oder fünfundzwanzig Meter hoch und mehrere Meter dick — glitt von der Seite des Eisbergs hinab, schlug mit einem ungeheuren Knall ins Meer und ließ fast zwanzig Meter hohe, dunkle Wasserfontänen aufspritzen.
    Das Tau fiel vom Eis hinab.
    Wie ein großes, amorphes, urzeithaftes Tier wogte eine sechs Meter hohe Flutwelle aus verdrängtem Wasser über die fünfzig Meter offenen Meeres auf die Backbordseite des U-Bootes zu. Für Ausweichmanöver blieb ihnen keine Zeit. Einer der drei Matrosen auf Deck schrie auf, als der kleine Tsunami mit so viel Kraft auf das Hauptdeck krachte, daß er die Pogodin nach Steuerbord warf. Alle drei Matrosen wie auch die Kanone verschwanden unter den schwarzen Fluten. Kaltes Salzwasser peitschte gegen die Finne, und durchnässende Geysire schossen in die Nachtluft hoch, schienen einen Augenblick lang der Schwerkraft zu trotzen und brachen dann auf der Brücke zusammen. Trugen die Flut weiter, und Hunderte von Eisbruchstücken, einige so groß wie eine Männerfaust, regneten auf den Stahl hinab und schlugen auf Gorow, Schukow und Semichastny ein.
    Das Wasser strömte durch das Brückenspeigatt, und das Schiff wälzte sich wieder auf die Backbordseite. Eine zweite Verdrängungswelle traf sie mit nur einem kleinen Bruchteil der Macht der ersten.
    Auf dem Hauptdeck waren die drei Matrosen von den Füßen gerissen worden. Wären sie nicht angeleint gewesen, wären sie über Bord gegangen und wahrscheinlich ertrunken.
    Als die Seemänner sich wieder aufrappelten, richtete Gorow den Feldstecher wieder auf den Eisberg.
    »Die Klippe ist noch immer zu verdammt steil.«
    Der gewaltige Eisrutsch hatte nur wenig an der vertikalen Topographie der Leeseite des Eisbergs geändert. Eine sechzig Meter hohe Einrückung kennzeichnete den Ort des Einbruchs, doch selbst das neue Merkmal war eine schiere Ebene von unheimlicher Glätte und ohne jede Vorsprünge oder breite Risse, die man zum Besteigen nutzen könnte. Die Klippe fiel senkrecht ins Wasser ab, genau, wie es der Fall gewesen war, bevor die Rakete abgeschossen worden war; es gab noch immer keinen Vorsprung oder eine Schutz bietende Nische, in der ein motorisiertes Beiboot hätte anlegen können.
    Gorow senkte das Nachtsichtglas. Er wandte sich den drei Männern auf dem vorderen Hauptdeck zu und befahl ihnen, die Kanone wieder auseinanderzunehmen und nach unten zu gehen.
    »Wir könnten näher heranfahren und zwei Männer mit einem Schlauchboot hinüberschicken«, sagte Schukow entmutigt. »Sie könnten ihre Geschwindigkeit der des Berges anpassen, ganz nah heranfahren, sich irgendwie verankern und dann einfach mitschleppen lassen. Dann könnte das Schlauchboot als Plattform für die Männer dienen, die den Eisberg hinaufklettern ...«
    »Nein. Zu unruhig«, sagte Gorow.
    »Oder sie könnten Dynamit mitnehmen und eine Landebucht und eine Operationsplattform aus dem Eis sprengen.«
    Gorow schüttelte den Kopf. »Nein. Das wäre ein äußerst riskantes Vorgehen. Als würde man neben einem dahinrasenden Schnellzug Fahrrad fahren und versuchen, sich an einem

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