Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
die Arbeit für Isolde und Konrad. Sie erinnern sich: Isolde passte sich Konrad an aus ihrem Gefühl, er habe eine bessere Ehefrau verdient, und er zog sich immer weiter in seine Großartigkeit zurück. Isoldes Enttäuschung, weder sich selbst noch ihrem Mann zu genügen, stieg und äußerte sich immer häufiger in psychosomatischen Krankheiten. Was sie nicht wusste und was im Laufe der Gespräche herauskam, war, dass ihr Mann unter starken Schuldgefühlen ihr gegenüber litt. Er glaubte, ihre körperlichen und seelischen Beschwerden lägen an ihm. In seiner Hilflosigkeit verschloss er sich zunehmend, was Isolde aber als Zurückweisung erlebte und als Bestätigung ihrer Minderwertigkeit interpretierte. Als sie das begriff, wurde ihr das ganze Ausmaß des Irrtums zwischen ihnen deutlich. Sie verglich es mit der Geschichte eines Paares, das sich streitet, und er verlässt daraufhin das Zimmer. Als er zurückkehrt, um mit ihr zu reden, hört er den Schlüssel im Schloss und geht davon aus, dass sie das Zimmer verriegelt und ihn abweist. Er verlässt sie und erfährt erst kurz vor seinem Tod, dass sie gerade dabei war, die Tür für ihn aufzuschließen.
Das Aufdecken der gegenseitigen Erwartungen kann ein solch tragisches Ende in einer Partnerschaft verhindern. Auch Isolde und Konrad hatten einen schmerzvollen Weg vor sich, auf dem dies alles einmal ausgesprochen werden sollte. Doch was so hoffnungsvoll erschien, drohte an seinem Widerstand zu scheitern. Er wollte sich darauf nicht einlassen. Seine Angst, als Schuldiger dazustehen, war zu groß, und das Vertrauen in Isolde, dass sie ihn nicht verachtet, zu gering. Zu tief saßen in ihm das Misstrauen und die Scham, die ihn immer wieder daran hinderten, sich zu öffnen und seine Gefühle zu zeigen. Viele negative Erfahrungen haben in ihm Spuren hinterlassen und ihm gezeigt, wie gefährlich es sein kann, sich preiszugeben. Wie oft haben seine Eltern ihn verlacht und bloßgestellt, wenn er weinte oder sich fürchtete. Weder sein Vater noch seine Mutter konnten seine Gefühle ertragen, und so entschloss er sich früh, sie zu verschließen. Zurück blieb seine Furcht, nicht richtig zu sein, alles falsch zu machen und an allem schuld zu sein, was er jetzt hinter seiner Überheblichkeit versteckte. Jeder vorwurfsvolle Blick von Isolde, wenn sie sich überfordert fühlte, jeder Migräneanfall und jede Nicht-Bestätigung seiner Person lösten diese Angst aus. Sie war auch der Grund, warum er sich damals bei seiner Mutter nicht vor seine Frau stellen konnte. Die Vorstellung, seine Mutter würde ihn vor seiner zukünftigen Frau blamieren, hätte er nicht ausgehalten. Seine Rückzugstendenzen und sein Abschotten waren für ihn Schutz, um sein Selbstwertgefühl nicht völlig zu verlieren. Für Isolde bedeutete das jedoch eine Zurückweisung ihrer Person, auf die sie mit Vorwurf und Verachtung reagierte. Welch ein Dilemma: Das, was er unter allen Umständen verhindern wollte, nämlich schuld zu sein, provozierte er sogar selbst.
14. Die Partnerwahl
Jede Zweierbeziehung beginnt mit der Partnerwahl, die nach Stiemerling durch drei wesentliche psychologische Faktoren determiniert ist: 22
• der Partner ähnelt einem wichtigen Elternteil
• der Partner verspricht, bisher unbefriedigte zentrale Beziehungswünsche und Bedürfnisse zu erfüllen
• der Partner »verkörpert durch sein Verhalten und seine vermeintliche Wesensart ein großes Versprechen: die Zuversicht nämlich, er werde zur seelischen Stabilisierung des Suchenden beitragen, ihn von seinem Konfliktdruck entlasten und damit sein Leben angstfreier und sicherer machen.« 23
Die Partnerwahl ist häufig mit großen Hoffnungen verbunden. Nicht nur mit dem Wunsch, dass die Beziehung mit diesem Menschen lange glücklich Bestand haben möge, sondern auch, dass gerade mit diesem Partner eine Weiterentwicklung möglich ist, man zusammen in »neue Lebensräume« vordringt, in die man allein nicht kommt.
Partner haben die »Hoffnung, beim anderen eine bestimmte Entwicklungsmöglichkeit ins Leben zu rufen oder mithilfe des anderen eine eigene Lebensmöglichkeit verwirklichen zu können. Gewisse persönliche Entwicklungen sollen mit und durch den anderen realisiert werden. Die Partner brauchen sich also gegenseitig, und das gibt ihrer Beziehung das ganz Besondere, Spezifische und nicht Wiederholbare.« 24
Unter narzisstischen Aspekten kommt eine weitere wichtige Variante hinzu: die Selbstwertstärkung durch den Partner/ die
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