Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Wardetzki
Vom Netzwerk:
drogenabhängig war. In ihrem Rausch war diese oft stunden- oder sogar tagelang nicht ansprechbar. Irene bezog als kleines Mädchen den Rückzug der Mutter im Rausch auf sich: »Ich bin schuld, ich habe etwas falsch gemacht, mich falsch verhalten, weil die Mutti sich nicht um mich kümmert.« Ihre Not wurde noch größer durch die Angst, die sie um ihre Mutter hatte, denn oft wusste sie nicht, ob sie noch lebt oder schon tot war. Sie sieht sich als Zweijährige, wie sie usammengekauert an der Wand lehnt und wie gebannt auf die Mama schaut, die auf der Couch schläft. Irene wartet stundenlang unbeweglich, spürt weder Hunger noch Durst noch Kälte, nur unendliche Angst und Verlassenheit. Für eine Zweijährige ein existenzielles Trauma, das nur durch die Vorstellung, die Mutter zu retten, aushaltbar ist. Und Rettung hieß für sie: »Ich bin ganz lieb, mache keinen Ärger und tue alles, damit es Mutti gut geht.« Zum Beispiel, dass sie keinen Hunger hat, dann muss Mutti auch kein schlechtes Gewissen haben, dass sie nicht für Lebensmittel gesorgt hat. Oft wurde Irene wegen des kritischen Zustands der Mutter zu Nachbarn oder Freunden und Verwandten gebracht, die sich um sie kümmerten. Auch wenn sie dort zu essen bekam und sie es warm und sicher hatte, fühlte sie sich dennoch abgeschoben, nicht zugehörig, eine Last und Beschwerde für die anderen. Was hilft gegen diese Gefühle? Sich unsichtbar zu machen, so zu werden, dass sie nicht auffällt, sich so anzupassen, dass man sie gar nicht bemerkt.
    Die Falle in ihren erwachsenen Beziehungen bestand darin, dass sie bei allem, was sie tat und wie sie war, nach dem anderen schielte, wie er oder sie auf sie reagiert. Wird sie abgelehnt und kritisiert oder angenommen und gemocht? Im Beruf war es nicht anders als privat. Sie konnte nur einen Stillstand ihrer Registrierkasse erreichen, wenn sie sich nicht direkt abgelehnt fühlte. Aber manchmal half nicht einmal das. Sie war völlig auf die Bestätigung von außen angewiesen, um einen Rest von Selbstwertgefühl und Existenzberechtigung zu spüren.
    Dass wir alle auf Zuspruch und Bestätigung durch Mitmenschen angewiesen sind, um unser Selbstwertgefühl stabil zu halten oder sogar zu erhöhen, ist ein normaler narzisstischer Mechanismus. Je stärker jedoch die inneren Selbstwertverletzungen sind, die jemand in seinem Leben erfahren hat, umso stärker entwickelt sich die narzisstische Prägung der Persönlichkeit in dem Sinne, dass die Selbsteinschätzung und sogar das eigene Überleben von der positiven Reaktion der anderen abhängt.
    Aus dieser tiefen Verunsicherung heraus werden sich diese Menschen viele Gedanken darüber machen, wie sie auf andere wirken: »Wie muss ich aussehen, um zu gefallen, was muss ich tun und unterlassen, um akzeptiert zu werden, was darf ich von mir preisgeben oder lieber nicht, um geachtet zu werden?« Frauen fühlen sich abhängig von der Zuwendung des Mannes und geraten nicht selten in Panik, wenn sie befürchten, er entziehe sich. Den Grund dafür suchen sie dann bei sich selbst, glauben, nicht schön genug zu sein, zu dick, zu unattraktiv, zu langweilig, nicht gut genug und im Grunde eine Zumutung. Nur durch seine Bestätigung, dass das nicht so ist, können sie ihre Selbstzweifel einigermaßen stoppen.
    »Wo ist die erwachsene Frau?«, frage ich dann meine Klientinnen. »Wo ist die Frau, die weiß, was sie will, was sie braucht und das auch kundtut? Die sich selbst einschätzen kann, wie hübsch sie ist, die mit sich zufrieden und in Frieden lebt?« Die Antwort: »Die gibt es nicht.« Da ist nur das Erleben eines kleinen, unsicheren Mädchens, das sich anpassen kann und auch gerne will. Denn wenn sie sich an den Erwartungen des Partners orientiert, glaubt sie, alles richtig machen zu können und sich nichts vorzuwerfen zu müssen.
    »Doch was erwartet Ihr Partner?« »Na ja, dass ich schlank bin, hübsch aussehe, keine zu hohen Anforderungen an ihn stelle, ihn emotional also nicht zu sehr fordere. Dass ich ihm das Leben schön mache und dasselbe will, was er will.« Die Liste vermuteter Erwartungen des Partners ließe sich fast endlos verlängern, denn jede Frau hat ihre eigenen Vorstellungen davon, was dem Partner gefallen könnte. Die Prüfung an der Realität ist oft niederschmetternd, weil der Partner nicht weiß, wie ihm geschieht. »Das soll ich von dir erwarten?« Nein, er sieht die Frau, die Beziehung und seine Vorstellungen ganz anders. Gut, dass wir mal drüber reden!
    Das war auch

Weitere Kostenlose Bücher