Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
als wären Sie geduldig. Innerlich sind Sie jedoch unwillig und haben schon Ihre Widerrede oder Richtigstellung parat.
• Sie beeinflussen die anderen, lassen sich selbst aber nicht beeinflussen.
• Sie setzen sich in Szene, ohne Rücksicht auf die Bedürfnislage der anderen.
• Ihr subjektives Gefühl ist grandios, unschlagbar, Sie überflügeln alle und sind immer völlig im Recht.
• Sie sind kongruent mit Ihrem Idealbild, was mit mangelnder Selbstkritik einhergeht.
• Ihre Grandiosität, die jetzt vorherrscht, lässt Sie die Bodenhaftung verlieren, Sie heben ab.
• Sie haben dann weder Kontakt zu Ihrem wahren Selbst noch zu der wahren Welt.
• Auch blenden Sie jegliche emotionalen Berührungen aus.
• Die Gefahr des Überfliegens liegt in der Anstrengung, oben zu bleiben, und dem Schmerz des Absturzes, der irgendwann eintritt.
• Dann droht der Kontakt mit Ihrem Minderwertigkeitsgefühl, das hinter der grandiosen Fassade lauert, aber durch das Herstellen des »expanded self« mit einem anderen in Schach gehalten wird.
Das Gefälle in narzisstischen Beziehungen erklärt sich vor diesem Hintergrund folgendermaßen: »Der eine befindet sich im ›expanded self‹ des anderen und ist Empfänger gegenüber dem Sender. Das bietet die Möglichkeit, eigene Gefühle von Grandiosität zu stabilisieren und fest zu installieren.« 21
13. Unausgesprochene Erwartungen
Im Phänomen der »unausgesprochenen Erwartungen« kommt der Mechanismus des »expanded self« voll zum Tragen. Vermeintliche Erwartungen zu erfüllen ist ein grundsätzliches narzisstisches Thema und macht die Instabilität und Unsicherheit der Persönlichkeit deutlich. Wenn Menschen unsicher über sich selbst sind, dann suchen sie die Bestätigung im Außen. Je narzisstischer Menschen sind, umso stärker sind sie darauf angewiesen, von anderen positiv bewertet und bestätigt zu werden, um eigene Selbstzweifel in Schach zu halten und ihr Selbstwertgefühl vor dem Absturz zu bewahren. Das versuchen sie dadurch zu erreichen, dass sie alles tun, um beim anderen gut anzukommen. Sie haben früh gelernt, dass es wichtig ist, die Erwartungen der anderen zu erfüllen. So, wie die Mutter das Kind nur achtete, wenn es so war, wie sie es haben wollte, so glauben die Erwachsenen heute noch, dass es ebenso mit der Partnerin oder dem Partner funktioniert. »Wenn ich die Person werde, die meine Partnerin oder mein Partner sich wünscht, dann wird er /sie mich lieben und nur dann!«
Die Orientierung an den vermeintlichen Vorstellungen des Gegenübers führt unweigerlich zu einer Vernachlässigung der Eigenwahrnehmung. Die würde auch stören, denn man könnte merken, dass man im Grunde anders ist als die Person, die man durch die Anpassung aus sich macht. Das würde zwar Authentizität bedeuten, ist aber für einen narzisstischen Menschen Feindesland. Denn es setzt ein intaktes Selbstwertgefühl voraus, das sich auch ohne äußere Bejahung zumindest über einen längeren Zeitraum im Gleichgewicht halten könnte. Aber genau das fehlt. Besser ist es demnach, sich mit den Projektionen des anderen zu identifizieren und zu dem Menschen zu werden, der man durch die fremde Projektion ist.
Vor allem Frauen mit einem instabilen Selbstwertgefühl neigen dazu, den Kontakt zu sich zu verlieren und sich an einem Außen, in diesem Fall dem Partner, zu orientieren. Sie fügen sich in das ausgedehnte Selbst des anderen ein, das ihnen Halt und Orientierung gibt. Dabei übernehmen sie zum einen die fremde Definition, reagieren aber auch auf eigene Über-Ich-Forderungen, wie sie als Frau zu sein haben.
Irene beschrieb diesen Mechanismus als Registrierkasse, die jedes Verhalten aufzeichnet und dann bewertet. War sie ausgelassen, emotional, sie selbst, dann wurde das hinterher von ihr als schlecht bewertet und sie verurteilte sich dafür. Nicht nur das, sie schämte sich auch, sich so gezeigt zu haben. Was denken jetzt die anderen über sie? Kann sie sich überhaupt noch sehen lassen? Wie kann sie es wiedergutmachen? Natürlich nur durch noch mehr Anpassung an die vermeintlichen Erwartungen der anderen. Und dem noch stärkeren Verbot, so zu sein, wie sie ist. Ein Teufelskreis, in dem sie lange Zeit gefangen war. Was sie gemacht hat, ist, die anderen über sich entscheiden zu lassen, ob sie wertvoll und liebenswert ist oder nicht.
Das hatte zu tun mit ihrer Geschichte, die sie sehr früh schon verunsicherte und zur Anpassung trieb. Sie wuchs allein bei ihrer Mutter auf, die
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