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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Wardetzki
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Not zu verstehen, seine Bedürfnisse ernst zu nehmen und »die erwachsene Person von heute in ihrer Funktionsfähigkeit zu stärken« 27 . Je mehr das innere Kind angenommen werden kann, umso mehr kann man sich auch so annehmen, wie man heute ist. Und je mehr das innere Kind gestärkt wird, umso stärker wird man selbst. Die Bindung, die zu dem Kind entsteht, heilt das Selbstwertdefizit. Wenn wir unser inneres Kind achten, ernst und wichtig nehmen und am Ende sogar lieben, bauen wir die Basis für ein positives Selbstbild und ein intaktes Selbstwertgefühl auf.
    »Sie (die Arbeit mit dem inneren Kind) kann nicht die damalige Ablehnung wiedergutmachen, aber sie kann die Selbstakzeptanz erhöhen.« 28
    In der Regel sind es mehrere Kind-Anteile, die in verschiedenen Altersstufen Verletzungen erlebt haben. So kann es beispielsweise einen Säugling geben, der durch die Krankheit der Mutter von ihr getrennt wurde und früh die Erfahrung machte, vom wichtigsten Menschen alleingelassen zu werden. Je nachdem, ob andere Bezugspersonen da sind und die Fürsorge übernehmen, wird das Kind den Verlust besser oder schlechter kompensieren können. Es kann ein Kleinkind von vier Jahren geben, dessen Stolz über seine Bilder immer wieder zunichte gemacht wird, weil der Vater, dem sie gefallen sollten, gar nicht hinschaut. Es kann das Schulkind geben, das von den Mitschülern verspottet und ausgelacht wird, oder die Pubertierende, die beim Frauwerden beschämt wird.
    All diese Ich-Anteile bleiben unterschwellig aktiv, sofern die Verletzung nicht verheilt ist. Die mit ihnen verbundenen Gefühle von Angst, Schmerz, Wut und Einsamkeit werden so weit wie möglich verdrängt, zeigen sich aber in der aktuellen Auslösesituation.
    Die innere Kind-Arbeit mit Justus führte ihn zu dem kleinen Siebenjährigen, der voller Energie und Tatendrang die Welt erobern wollte. Er erinnert den Tag, an dem es ihm gelungen war, einen hohen Baum hochzuklettern. Die Erregung und Freude stand ihm in roten Backen ins Gesicht geschrieben und er fühlte sich groß, stark und unschlagbar. Dass er darüber vergaß, pünktlich heimzukehren, kann er nur zu gut verstehen. Doch wird er nie vergessen, dass dieses gute Gefühl wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrach, als er seinen zornigen Vater sah, der ausholte und ihm eine schallende Ohrfeige verpasste.
    Justus wirkt plötzlich ganz versteinert.
     
    Was passiert gerade in Ihnen?
    Ich bin wie gelähmt, weil ich die Welt nicht mehr verstehe.
    Was für Gefühle sind damit verbunden?
    Ich bin so wütend und traurig zugleich.
    Ihm kommen die Tränen und seine Hände ballen sich zu Fäusten. Er kann aber nichts tun, er ist ohnmächtig und will sich nur verkriechen.
    Was hätte der Junge gebraucht?
    Dass mein Vater stolz auf mich ist, weil ich so stark bin, und dass er sich mit mir freut.
    Justus weint, weil er diesen Vater nie hatte und sich immer so sehr danach sehnte.
    Noch heute versuche ich, ihm zu imponieren, aber er hat immer etwas auszusetzen. Ich genüge nie.
    Können Sie sich einen idealen Vater für den kleinen Justus vorstellen, der genau das macht, was er braucht?
    Justus lacht etwas, wie ertappt, aber auch freudig
    Ja, das ist ein großer starker Kerl, der sich runterbeugt und mit der Faust an die Brust des Kleinen bufft und mit dem Auge zwinkert. So wie zwei Verschwörer, die sich darüber einig sind, was für ein toller Knabe Justus ist!
    Das Bild tut ihm gut, er schmunzelt. Dazu gehört der Satz: Ich bin stark und lebendig. Er spürt ihn in der Brust, kann freier atmen und sich aufrichten. Er will bis zur nächsten Stunde diesen Satz und dieses Bild in den Alltag mitnehmen.

17. Das Kind als Schmuckstück
    Nach den bisherigen Ausführungen könnte man meinen, die narzisstische Dynamik entstehe dadurch, dass Kinder und Heranwachsende hauptsächlich Ablehnung erfahren. Doch das stimmt nur teilweise, denn sie sind zugleich auch besondere Kinder oder werden zu diesen gemacht.
    »Ich war das Schmuckstück meiner Eltern. Sie führten mich ihren Freunden und Verwandten vor wie einen Gaul. Da ich gut Flöte spielen konnte, musste ich ständig vorspielen, obwohl ich das hasste. Ich schämte mich so, denn man erwartete von mir, dass ich keinen Fehler machte. Das ging unter diesem Druck natürlich meist schief, und dann konnte ich die Enttäuschung in den Augen meiner Mutter kaum ertragen. Ich fühlte mich erbärmlich, nicht fähig, den anderen in die Augen zu schauen, da ich ja ein Versager war. Ich weigerte mich

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