Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
existenziell, von der Zustimmung anderer abhängig sind. Das macht sie verführbar und ausbeutbar. Wenn sie jedoch ein eigenes inneres Maß für ihren Wert entwickeln, können sie sich besser von ungerechtfertigten Ansprüchen distanzieren und Verführung von Realität unterscheiden.
26. Narzissmus in Therapie und Coaching
Narzissmus in Therapie und Coaching und die Frage »Was hilft?« sind Themen, die ein eigenes Buch füllen könnten. Ich möchte mich hier auf einige wesentliche Gedanken konzentrieren.
In der Psychotherapie zeigt sich das Thema Narzissmus auf vielfältige Weise. Je nachdem, welche Klientel uns aufsucht, sind die Fragestellungen unterschiedlich. Wir begegnen zum einen Patienten, die Hilfe brauchen, weil sie in einer Selbstwertkrise sind, ihre Beziehung zu zerbrechen droht oder sie unter seelischen oder Sucht-Problemen leiden.
Hier einige Auszüge aus Anfragen zu einer Therapie:
• Ich habe eine Essstörung, mit der ich jetzt schon recht gut zurechtkomme. Aber ich habe gemerkt, dass das Essproblem für mich stark mit zwischenmenschlichen Beziehungen zusammenhängt, seien es Eltern, Freunde oder Partner. Ich fühle mich schnell ungeliebt, verletzt und denke, andere brauchen mich nicht. Ich weiß mittlerweile, dass das real nicht so ist, aber ich kann einfach nicht »anders« fühlen. Ich würde gerne den Verstand auf meine Gefühle übertragen.
• Ich bin dabei, mir einzugestehen, dass ich professionelle Begleitung brauche. Die Symptombekämpfung funktioniert gut mit meinem bereits vorhandenen Handwerkszeug. Doch das, was darunter liegt, wird immer lauter und schmerzhafter. Allmählich droht – vielleicht auch dadurch – meine Beziehung zu zerbrechen.
• Jetzt ist die Zeit reif für eine Therapie, weil ich immer wieder an ein bestimmtes Thema stoße. Ich merke, dass meine alten Wunden – meine Mutter hat mich verlassen, als ich sieben Monate alt war – mein ganzes Leben überschatten. Daher tue ich mich mit Abschied, Grenzen setzen und Trennung ungemein schwer. Ich denke, es wäre für mich gut, ein wenig weiterzuarbeiten an diesem Schmerz.
• Eine berufliche Entscheidung hat mich völlig aus der Bahn geworfen und mein ganzes Leben verändert. Und nun weiß ich nicht mehr weiter. Ich habe Panikattacken und Angst, die falschen Entscheidungen zu treffen, wie schon so oft in meinem Leben. Ich lasse mich viel zu schnell von anderen beeinflussen, obwohl ich es besser wissen könnte.
Außerdem habe ich festgestellt, dass ich versucht habe, eine Rolle zu spielen, immer perfekt sein zu müssen. Ich kann mich nicht abgrenzen, bin unzufrieden und definiere mich nur über Anerkennung.
In der Regel ist eine Krise der Auslöser für Menschen mit einer narzisstischen Problematik, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihr bisheriges Konzept funktioniert nicht mehr, weil sie entweder verlassen wurden, den Job verloren haben, krank wurden oder äußere Umstände ihr Leben in eine Richtung verändert haben, mit der sie nicht mehr zurechtkommen. Fallen die narzisstischen Stabilisatoren weg, wie ich sie nennen möchte, kann das bisher aufgebaute Selbstwertgefühl zusammenbrechen und es kommt zu einer narzisstischen Krise, die meist mit Angst, psychosomatischen Krankheiten, Verlassenheitsdepressionen, Suizidgedanken oder Gefühlen von Minderwertigkeit sowie Hilf- und Sinnlosigkeit verbunden ist.
Narzisstische Stabilisatoren sind:
• Macht, Geld, Einfluss und Bedeutung
• Sicherheit durch Bestätigung und narzisstische Zufuhr
• Gesundheit und Fitness
• Attraktivität und gutes Aussehen
• Permanente Leistungsfähigkeit und -bereitschaft
• Perfektionismus
Solange diese Faktoren gegeben sind, »hat die narzisstische Seele Ruh«. Die Stabilisatoren unterstützen das brüchige Selbstwertgefühl und gaukeln den Betroffenen eine Selbstsicherheit vor, die aber gar nicht so sicher ist. Denn fällt einer oder fallen mehrere Stabilisatoren weg, wird das Selbstsystem instabil. Dann ist es für sie schwer, ihr Selbstwertgefühl zu regulieren und wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Sie werden konfrontiert mit Unsicherheiten und Ängsten, die bisher gut verdrängt und unter Kontrolle gehalten wurden.
»Meine Frau droht mir, sich von mir zu trennen, wenn ich mich nicht ändere. Aber was soll ich denn noch tun? Ich schufte von morgens bis abends, und wenn ich dann daheim bin, will ich nichts weiter, als meine Beziehung und Familie genießen. Ist das zu viel verlangt?«
Die Vorstellung, den Halt
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