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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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Version sollte auch durch die kommenden Spurenfunde bestätigt werden.
    Das Interesse des Kriminaltechnikers gilt nunmehr den kleinen Bäumen und Holundersträuchern, die ihn in den Nachtstunden nicht enttäuscht hatten, Zweig für Zweig, Strauch für Strauch. Diese Mühe sollte sich lohnen. Besonders im Bereich des Fundortes findet er diverse, nahezu unsichtbare Fasern, teils an den Rinden, teils in Astgabeln oder an den Zweigenden haftend. Diesmal sichert er sie zusammen mit den Spurenträgern. Mit einer Gartenschere knipst er vorsichtig die fasertragenden Zweige ab. Selbst die dünnen Stämmchen der kleinen Bäume, an deren Rinde er feinste Fasern vermutet, werden das Opfer seiner Sicherung. Einzeln werden die vermeintlichen Spurenträger in geräumigen Plastiktüten asserviert.
    Keines der sichtbaren Faserbruchstücke ist groß genug, um mit bloßem Auge die Farbe auszumachen. Nicht einmal die Lupe, die er wie einst Sherlock Holmes, der geniale Einzelgänger aus den Anfängen der literarischen Kriminalistik, stets bei sich führt, macht es möglich.
    Mikroskopische Untersuchungen unter Laborbedingungen sind nun für exakte Ergebnisse erforderlich.
    Seine Stunden dauernde Mühe wird schließlich mit der stattlichen Anzahl von mehr als 150 unterschiedlichen textilen Faserteilchen belohnt. Zufrieden kann er nun die Ankunft des Berliner „Fusselfritzen“ abwarten.
    An die Textilien stellt der Verbraucher hohe Anforderungen. Sie müssen elastisch, anschmiegsam, wärmend oder kühlend, Feuchtigkeit aufsaugend oder abweisend usw. sein. Diese Eigenschaften bedingen, daß ihr Gebrauch einen ständigen, mikroskopisch kleinen Abrieb von Gewebeteilchen verursacht. Ein bekleideter Mensch verliert auf diese Weise beim Zurücklegen eines Weges von nur wenigen Metern mehrere tausend textiler Mikrospuren. Die Kriminalisten vergangener Jahrzehnte konnten diesen, ihnen durchaus bekannten Umstand nur unzureichend nutzen. Die mikrospurenkundlichen Verfahren fanden deshalb kaum Anwendung, weil es für die Tatortarbeit an zuverlässigen und einfach handhabbaren Spurensuch- und -sicherungsmethoden mangelte. Man mußte sich auf Spurengrößen beschränken, die möglichst mit bloßen Fingern aufzunehmen waren.
    Erst durch die Veröffentlichungen des Schweizer Kriminalisten Max Frei-Sulzer zu Beginn der fünfziger Jahre, zeitgleich mit der Entwicklung von selbsthaftenden, mit glasklaren Klebstoffen beschichteten Folien (Tesafilm, Prenaband usw.), wurden verblüffend einfache Sicherungsmethoden für Mikrofaserspuren bekannt, die auch heute noch angewendet werden. Die Folien werden bei der Spurensicherung direkt auf den Spurenträger (alle möglichen Materialien, auch menschliche Haut) aufgedrückt, abgezogen und auf einen herkömmlichen Objektträger geklebt, wie er beim Mikroskopieren Verwendung findet. Die Klebschichten nehmen die Mikrospuren sicher und komplett auf und sind unter Tatortbedingungen leicht anzuwenden. Für mikroskopische Untersuchungen bestens geeignet, lassen sie die Farben nicht ausbluten und gestatten, einzelne Faserstückchen für nähere Untersuchungen herauszulösen.
    In der DDR wurde diese Methode allerdings erst im Jahre 1968 eingeführt. Davor war die Sicherung von Textilfaserspuren eher eine Ausnahme.
    Einfache durchlichtmikroskopische Untersuchungen gestatten bereits die Beantwortung der Frage, ob es sich um textile Faserspuren handelt. Für die Zuordnung der Faserart und -farbe können dann weitere Untersuchungen im polarisierten Licht, Lösungstests, Schmelzpunkt- und Querschnittsbestimmungen durchgeführt werden. Schließlich gelangt man durch spezielle Verfahren wie infrarotspektralfotometrische, gaschromatografische und Röntgenfeinstrukturuntersuchungen zu einer sicheren, beweiskräftigen Bestimmung der Faserart.
    Dies alles ist der Arbeitsgegenstand des 38jährigen Biologen Konrad Schönborn aus Berlin, den Hauptmann Korges mit Ungeduld erwartet.
    In einem Labor der Bezirksbehörde untersucht er die mehr als 150 Spuren, die der Kriminaltechniker der Morduntersuchungskommission am Tatort und von der Bekleidung des getöteten Mädchens gesichert hat.
    Es sind unterschiedliche Faserarten: Schaf- und Baumwolle, Viskose, Polyester und Polyacrylnitril. Ihre Farben sind ebenfalls höchst vielfältig und erreichen nahezu das gesamte Farbspektrum. Bereits eine einfache statistische Auflistung führt zu wichtigen Schlußfolgerungen: die nur vereinzelt auftretenden Faserbruchstücke werden nicht weiter

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