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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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im Gange“, ist seine sachliche, emotionslose Feststellung.
    Dann tragen die beiden Männer mit großer Sorgfalt den Hügel ab. Mit spitzen Fingern entnehmen sie Erdbröckchen für Erdbröckchen, Steinchen für Steinchen, Blatt für Blatt und Zweig für Zweig. Sie beäugen und sortieren ihre Funde und beraten, was für weitere Untersuchungen zu sichern ist. Ab und zu blitzt hinter ihnen das Fotolicht des Kriminaltechnikers auf. Nach einer halben Stunde liegt die Leiche frei: ein Mädchen, etwa 16 bis 18 Jahre alt, liegt auf dem Rücken, die Beine lang ausgestreckt. Die Arme sind über dem Kopf leicht angewinkelt, die verschmutzen Hände weisen mit den Innenseiten nach oben, verkrampft zu halbgeöffneten Fäusten. Die Luft riecht nach Tod. Die Oberbekleidung des Mädchens ist geöffnet und teilweise über den Kopf gezogen und gibt den jugendlichen Körper frei. Der Rock ist in Hüfthöhe zusammengeschoben und bildet einen unförmigen Ring. Die schwarze Strumpfhose scheint unbeschädigt zu sein, der Slip schimmert durch das netzartige Gewebe. An den Füßen sind hellbraune Pumps mit halbhohen Absätzen zu erkennen. Der Körper wirkt leicht aufgedunsen. Blaugrüne, verästelte Flecken an der rechten Bauchseite zeigen die beginnende Fäulnis an. Die Bekleidung ist mit Erdreich und moderndem Laub verschmutzt. Neben der Toten liegt eine kleine lederne Damenhandtasche.
    Behutsam legt Dr. Heinemann den Kopf der Leiche frei, tastet die Oberfläche des Schädels ab, blickt in die äußeren Gehörgänge. Er öffnet die halbgeschlossenen Augenlider, entdeckt die punktförmig blutunterlaufenen Bindehäute. Zielstrebig befreit er den Hals von Textilien. Unförmige Unterblutungen und Kratzer im Kehlkopfbereich werden sichtbar. „Strangulationstod, ich denke Erwürgen“, ist seine Schlußfolgerung, die Korges wie erwartet zur Kenntnis nimmt. Zur Todeszeit will sich der Gerichtsarzt nicht äußern, zu unsicher wären die Ergebnisse. Unter Berücksichtigung der milden Herbstwitterung könnte den Leichenerscheinungen nach der Tod vor ein bis zwei Wochen eingetreten sein.
    Dr. Heinemann überwacht und begleitet den sachgerechten Abtransport des toten Mädchens. Die Obduktion will er gleich in Karl-Marx-Stadt durchführen. Er verabschiedet sich von Korges: „Sehen wir uns nachher?“
    „Ja sicher. Vielleicht machen wir hier morgen weiter“, ist seine Antwort. Doch er will erst die Frage beantworten, ob der Fundort gleichzeitig auch Tatort ist. Die Nacht bricht mit Eile herein. Korges läßt Scheinwerfer aufstellen. Noch ist die Spurensuche nicht beendet. Da macht der Kriminaltechniker eine Entdeckung. Wenige Meter von dem abgetragenen Hügel, der die Leiche verbarg, findet er in der Astgabel eines Holunderstrauches eine winzige Faser. Mit einer Handlupe verstärkt er seine eigene Optik und sucht Zweig für Zweig, Busch für Busch ab. Weitere Fasern werden sichtbar. Vorsichtig werden sie auf durchsichtigem Klebeband gesichert. Immer wieder müssen die Scheinwerfer neu ausgerichtet werden. Doch die Schatten, die die Helligkeit durchbrechen, und die Dunkelheit außerhalb des Lichtscheins erzeugen so starke Kontraste, daß die Augen des Spurensuchers schnell ermüden. Korges entschließt sich: „Machen wir Schluß für heute. Such morgen weiter!“
    Kurze Zeit später erlöschen die Scheinwerfer und die Sicherungskräfte beziehen ihre Posten. Nach und nach verlassen die Fahrzeuge den Lichtenwalder Weg. Nur zwei Funkwagen bleiben zurück. Bald wird es still am Hang mit den dichten Holunderbüschen. Lediglich das rhythmische Piepsen des Polizeifunks durchdringt die Stille der Nacht.
    Die nächsten Stunden verbringen Hauptmann Korges und sein Kriminaltechniker bei Dr. Heinemann im Sektionssaal der Pathologie des Kreiskrankenhauses. Zweiter Obduzent ist Dr. Amelung, ein forensisch ambitionierter Pathologe des Krankenhauses. Eine Protokollantin und ein Sektionsgehilfe, dessen Berufsbezeichnung neuerdings Fachpräparator für Sektionstechnik heißt, stehen ihnen zur Seite. Der Sektionssaal ist modern und geräumig, ausgestattet mit drei Seziertischen. Zwei davon sind nicht belegt und können für die Präsentation der Asservate genutzt werden. Die Bekleidung des Mädchens und der Inhalt ihrer Handtasche werden großzügig ausgebreitet, fotografiert und mit einem Operationsmikroskop sorgfältig nach Spuren untersucht.
    Auf dem dritten Tisch liegt der nackte Leichnam des Mädchens, den die Doktoren obduzieren. Intensiver, käseartiger

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