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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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veröffentlicht die Hallesche Tageszeitung „Freiheit“ ein von den Schriftexperten vorbereitetes Kreuzworträtsel und lockt die Leser mit aufregenden Preisen zum Einsenden ihrer Lösung. Nahezu 11000 Rätselfreunde erweitern auf diese Weise den Fundus an Vergleichsproben.
    Unter kriminalpolizeilicher Regie veranstalten Schüler und Lehrer aller Schulen von Halle-Neustadt eine Altpapiersammlung gigantischen Ausmaßes. Sechzig Tonnen Zeitungspapier sind das Ergebnis. Sie werden nach Territorien geordnet und nach handschriftlichen Vermerken durchgesehen.
    Kriminalisten und als Angehörige der Kriminalpolizei getarnte MfS-Mitarbeiter sammeln in den sogenannten Kaderabteilungen der Hallenser Betriebe aus den Personalakten mehr als 100 000 Schriftvergleiche.
    Knapp 30 000 Wohnungsanträge der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft, 40 000 PKW-Anmeldungen des IFA-Vertriebs, 250 000 bei den VP-Meldestellen eingereichte Anträge auf einen Personalausweis werden kopiert.
    50 000 beim Amt für Arbeit befindliche Personalakten von Pendlern und 90 000 Telegrammformulare werden Gegenstand des Schriftvergleichs.
    Alles in allem wird die enorme Menge von 551 198 Schreibleistungen ausgewertet.
    Eine eigens für den Schriftvergleich gebildete Sonderkommission ist für die nächsten Monate vollauf beschäftigt, während Nolls Team die Routineaufgaben der Morduntersuchung wahrnimmt: Personen sind zu überprüfen oder zu vernehmen, Gutachten sind einzuholen, Durchsuchungen vorzunehmen, die internen Datenspeicher auszuwerten. Bei den flächendeckenden Klingeltouren kommt man gleichzeitig einer Vielzahl von Einbrüchen, Sexualdelikten und Betrügereien auf die Spur. Aber auch die politische Denunziation lauert hinter mancher Wohnungstür.
    Die nächsten Monate vergehen. Längst ist der Mord an Lino Brandt nicht mehr der einzige Fall, den die Kommission bearbeitet. Das anfängliche Jagdfieber und die geschäftige Erwartung eines raschen Ermittlungserfolges sind längst einem weniger turbulenten Kriminalistenalltag gewichen. Doch Nolls Autorität und Zähigkeit halten das Team zusammen. Längst ist der politische Druck des Parteitages gewichen. Doch die Schriftvergleiche sind noch nicht abgeschlossen. Und so lange gibt es Hoffnung auf Erfolg …
    Mitte November 1981 wird es wieder spannend: Die Schriftprobe der fünfzigjährigen Ilona Gründel, Serviererin im Ostseebad Dierhagen, ist mit den Buchstaben aus den Kreuzworträtseln identisch. Dierhagen – man ist zunächst verblüfft. Doch da die Frau in Halle-Neustadt polizeilich gemeldet ist und an der See nur eine Nebenwohnung unterhält, hatte sie zu denen gehört, die vor Monaten um eine Schriftprobe gebeten worden waren.
    Endlich scheint Oberleutnant Noll den Anfang des Fadens des anscheinend unentwirrbaren Knäuels in den Händen zu halten. Doch muß er die Euphorie seiner Mitstreiter dämpfen – die Schreiberin muß nicht zwangsläufig mit der Tat in Verbindung stehen, wiewohl sie den Weg zum Täter weisen könnte. Doch selbst dann ist mit möglichen Hindernissen zu rechnen.
    Frau Gründel erklärt glaubhaft, am 11. Januar 1981 letztmalig ihre Wohnung in Halle-Neustadt betreten zu haben. Für die restliche Zeit habe sie die Wohnung ihrer achtzehnjährigen Tochter Karin überlassen. Sie bestätigt nicht nur den Besitz des braunen Koffers, den sie in ihrem Keller verstaut hatte, sondern gibt auch zu, die Kreuzworträtsel ausgefüllt zu haben. Auch einen der Plastiksäcke erkennt sie als die Verpackung der Steppdecken wieder, die sie sich vor etlichen Jahren in Halle zugelegt hatte.
    Die Umstände lassen also vermuten, daß ihre Wohnung der noch unbekannte Tatort gewesen ist. Und während Kriminaltechniker Wohnung und Hauskeller gewissenhaft nach Spuren absuchen, wird Karin Gründel vernommen. Sie hat ständigen Zugang zur Wohnung ihrer Mutter. Das reicht, um sie mit dem Mord in Verbindung zu bringen.
    Die Vernehmung währt viele Stunden. Nolls Interesse richtet sich vor allem auf die Aussagen zur Tatzeit. Alle Angaben läßt er sofort überprüfen. Doch Karin Gründel liefert ein hieb- und stichfestes Alibi:
    Nachdem ihre Mutter am 11. Januar nach Dierhagen zurückgefahren war, mußte auch sie Halle-Neustadt für mehrere Wochen verlassen. Wie ihre Mutter arbeitet sie als Serviererin, jedoch in einem Erholungsheim in Friedrichroda, mitten im Thüringer Wald. Dort ist sie seit dem 13. Januar ununterbrochen tätig. Auch an den freien Tagen hat sie sich in ihrer dortigen Nebenwohnung

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