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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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aufgehalten. Nur in großen zeitlichen Abständen hat sie die Wohnung ihrer Mutter aufgesucht, um nach dem Rechten zu sehen. Diese seltenen Fahrten haben ihren Grund: Ihr neunzehnjähriger Freund Mario Sage arbeitet im selben Heim als Hausmeister, gelegentlich auch als Kellner. Beide kennen sich aus Halle-Neustadt, wo sie nur wenige Häuserblöcke auseinander wohnten. Doch sie arbeiten zusammen, und die Freizeit gehört allein ihnen. Nur gelegentlich begleitet Mario sie nach Halle. Dann wohnen sie wie ein Ehepaar in der ansonsten verwaisten Wohnung von Karins Mutter. Natürlich hat er auch die Wohnungsschlüssel …
    Nolls bohrende Fragen dringen immer weiter in die Tiefe längst verschütteter Erinnerung vor. Ihr fällt plötzlich ein, daß Mario im Januar mit ihr zusammen in Halle war. Und als sie sich am 13. widerwillig auf die Rückreise nach Friedrichroda begeben mußte, war er noch für ein paar Tage geblieben.
    Noll läßt ihre Schilderungen auf der Stelle telefonisch überprüfen. Er will ein lückenloses Alibi, will sicher sein, daß diese junge Frau ohne Schuld ist. Wie gut, daß der Heimleiter Karins Angaben bestätigen kann. Eine unsichere, lückenhafte Auskunft des Mannes am anderen Ende des Telefons hätte für Karin Gründel fatale Folgen gehabt. Doch so bleibt sie außerhalb des Tatverdachts. Der richtet sich allerdings immer stärker auf Karins Freund. Und als sie Noll obendrein offenbart, daß Mario Sage zu absonderlichen sexuellen Impulsen neigt, sich ohne Scheu Mißhandlungen und Grausamkeiten vorzustellen vermag und dabei noch einen seltsamen Genuß verspürt, was sie ängstige, wird seine Befragung immer drängender. Als Noll erfährt, daß sich Mario gerade in Halle-Neustadt aufhalte, nutzt er die Gunst der Stunde. In den Abendstunden des 20. November wird der junge Mann festgenommen. Noll setzt ihn kurzerhand von dem gegen ihn gehegten Verdacht der vorsätzlichen Tötung des Schülers Lino Brandt und von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Kenntnis. Widerspruchslos nimmt Mario Sage den schweren Vorwurf hin.
    Einen Augenblick lang sitzt er wortlos und blaß vor Nolls Schreibtisch. Der hat das Tonbandgerät noch gar nicht aufnahmebereit, da überkommt Mario Sage ein unwiderstehlicher Rededrang. Endlich kann er darüber sprechen, was ihn schon lange Monate belastet. Es sprudelt aus ihm heraus: Fetzen eines Geständnisses, zusammenhanglos, ungeordnet, aber glaubhaft. Es sind die Details eines Tötungsvorgangs, die allein der Täter kennen kann und die sich mit den Spuren und Erkenntnissen der Polizei decken. Noll muß ihn bremsen.
    Er beruhigt ihn, läßt ihm einen Kaffee bringen, legt Papier und Kugelschreiber bereit:
    „Schreiben Sie’s auf. Sie haben Zeit! Der Haftrichter kann warten.“
    Mario Sage nimmt einen großen Schluck. Dann beginnt er zu schreiben, schwerfällig, doch konzentriert.
    Was nun folgt, ist die Niederschrift der Geschichte eines entsetzlichen Mordes an einem kleinen Jungen, dessen Namen er nicht einmal kennt. Der bloße Zufall führte sie am Nachmittag des 15. Januar 1981 vor dem Kino „Treff“ in Halle-Neustadt zusammen. Das zarte Kind gefiel Mario gleich. Je mehr er es anschaute, desto stärker verlangte es ihn, den kleinen Körper zu streicheln und zu küssen. Es gelang ihm, den Jungen vom Besuch der Filmveranstaltung abzuhalten und in die Wohnung seiner Freundin zu locken, unbemerkt von anderen. Dann hatte er ihn ganz für sich. Das Gefühl solcher uneingeschränkten Herrschaft steigerte nur noch seine sexuellen Begierden. Für die Ängste und Schmerzen seines Opfers fand er kein Ohr. Es war die Gelegenheit, seinen Trieben freien Lauf zu lassen. Er veranlaßte den Jungen, sich auszuziehen, und entledigte sich selbst seiner Hose. Er überwältigte das Kind, bis seine Lust befriedigt war. Dann setzte sich der Gedanke fest, der Junge könnte ihn verraten. Da gab es nur eine Lösung: Er mußte das Kind töten und die Leiche verschwinden lassen.
    „Ich holte aus der Küche einen Hammer und schlug ihn auf den Hinterkopf, bis er ruhig war. Ich trug ihn gleich ins Bad und legte ihn in die Wanne. Da er aber noch nicht ganz tot war, stach ich ihn in die Herzgegend. Danach holte ich aus der Küche einen Plastebeutel, steckte ihn da hinein und packte ihn in einen braunen Koffer. Ich fuhr mit dem Koffer nach Leipzig und warf ihn unterwegs ab. Mario Sage.“
    Noll liest die Aufzeichnungen gewissenhaft. Kein Zweifel, er hat den Täter vor sich. Mitternacht ist längst

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