Ekel / Leichensache Kollbeck
selbst, bis sich das feuchte Resultat in seine Hose ergießt. Nach kurzem Stöhnen ist er wieder ganz bei sich.
Er schaut in die entsetzten Augen des Jungen, die voller Todesangst sind. Noch auf ihm liegend, kommt ihm die eiskalte Überlegung, den Jungen umzubringen, da er ihn verraten könnte. Er ergreift ein auf dem Sofatisch liegendes Handtuch, bedeckt damit den Kopf des Jungen, um sich dem angstgequälten Blick zu entziehen und umfaßt mit ungezähmter Kraft den zarten Hals. Dann krallen sich seine Hände zusammen. Das Handtuch verrutscht. Brunk erblickt das Gesicht des Todgeweihten, das blau anläuft. Blut rinnt dem Jungen aus der Nase. Ihm scheint es, als würden die Augäpfel des Jungen ein Stück weit aus ihren Höhlen treten. Der Knebel im Rachen unterdrückt jeden vernehmbaren Laut. Nur ein erbärmliches Schniefen ist zu vernehmen. Einige Minuten noch zeigt der Körper des Jungen Lebenszeichen. Doch bald gehen die heftigen Bewegungen in ein immer schwächer werdendes Zucken über, bis auch das erlischt. Der Junge mit der bunten Strickmütze ist tot. Trotzdem, und um ganz sicher zu gehen, verknotet Brunk zusätzlich eine Schnur fest um den Hals des Leichnams.
Nun ist es still geworden in der Wohnung des Freiwilligen Helfers Rainer Brunk. Er raucht eine Zigarette nach der anderen, um besser überlegen zu können, wie er sich weiter verhalten soll. Bald hat er die Lösung parat: Er schiebt den toten Körper in einen leeren Kartoffelsack, wartet die frühe Dunkelheit des vorweihnachtlichen Abends ab und schleppt den Sack unbemerkt einige Häuser weiter, um ihn, abgedeckt mit unbrauchbaren Textilien, in einer Mülltonne verschwinden zu lassen. Ohne weiteres Interesse am Inhalt der Schultasche versteckt er diese an einer anderen Stelle unter allerlei Gerümpel.
Mit Vollendung seines schauderhaften Werks ist auch seine seelische Gefaßtheit zurückgekehrt. Ruhig und beherrscht, ja sogar heiter, meldet er sich am gleichen Abend auf dem VP-Revier zum Helferdienst.
Noch in den späten Abendstunden erfährt er auf der Wache, daß eine besorgte Mutter aus der Gegend eine Vermißtenanzeige aufgegeben hat, weil ihr 12jähriger Sohn Heiko Wimmer nach Schulschluß nicht heimgekommen sei.
Am vermeintlichen Schicksal des Jungen heuchelt er reges Interesse. Deshalb erscheint er am Freitag, dem 22. Dezember, also am Tag nach der Tat, wiederum mehrmals auf dem Revier, um sich nach dem Stand der Ermittlungen zu erkundigen.
Am 23. Dezember entdeckt eine Hausbewohnerin den grausigen Inhalt in einer Mülltonne ihres Wohnhauses. Die Kriminalisten der Berliner MUK leiten unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen ein. Zweifellos ist die Leiche mit dem vermißt gemeldeten Heiko Wimmer identisch. Die Fundortbedingungen und die Todesursache „Erwürgen“ begründen den dringenden Verbrechensverdacht.
Bereits nach wenigen Stunden stoßen die Kriminalisten auf die beiden Schulkameraden, die sich am Traveplatz von ihm getrennt hatten. Sie hingegen hatten beobachtet, wie Heiko von einem Fremden angesprochen wurde, der ihn in ein Wohnhaus in der Scharnweberstraße führte. Diesen Unbekannten können sie so ausführlich beschreiben, daß Brunks Namhaftmachung nur einen Tag in Anspruch nimmt.
Am 24. Dezember 1972 wird Rainer Brunk verhaftet. Er bekennt sich sofort zu dem scheußlichen Verbrechen. An seiner Hose haften eingetrocknete Wischspuren vom Blut des Opfers. Er hatte sie beim Verpacken der Leiche unbemerkt aufgenommen. Nach seinen Angaben wird wenig später auch die versteckte Schultasche des ermordeten Kindes gefunden.
Der Psychiater bescheinigt Rainer Brunk eine psychische Fehlentwicklung mit neurotischer Verwahrlosung in der Kindheit. Er sei ein charakterlicher Weichling mit Hang zum Lamentieren, aber mit einer normalen Intelligenz ausgestattet. Hinweise auf eine verminderte Zurechnungsfähigkeit findet er nicht. Brunks strafrechtliche Verantwortlichkeit ist nicht gemindert.
Der Strafsenat 2 a des Berliner Stadtgerichts schließt sich dem Antrag des Staatsanwalts an und verfügt lebenslänglichen Freiheitsentzug.
Geheimnis in grüner Tapete
(Aktenzeichen I B 81/66 Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin, Tagebuchnummer der VP-Inspektion Berlin-Mitte K 2401/66)
In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1966 sitzen unweit der Ortschaft Schönwalde im Kreis Nauen zwei Petrijünger am Ufer des Havelkanals und warten geduldig auf den großen Fang. Doch auch nach stundenlangem Ausharren will ihnen das ersehnte Anglerglück
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