El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
und El Mayo schmuggelten jährlich etwa eine Tonne Kokain mit einem Straßenverkaufswert von siebzehn Millionen Dollar in den Großraum New York; Kokain im Wert von dreißig Millionen Dollar wurde nach Chicago geliefert. Doch
selbst DEA-Agenten gestehen ein, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ausmachte. 211
Während Chapo sein Geld noch überall im Land in Häusern und geheimen Lagern versteckte, hatte El Mayo bereits eine Möglichkeit gefunden, es zu waschen. Durch Firmen wie Nueva Industria de Ganaderos de Culiacán S. A. de C. V., einen Vieh- und Milchwirtschaftsbetrieb in Culiacán, oder Jamaro Constructores S. A. de C. V. verwandelte El Mayo sowohl seine als auch Chapos Drogengelder in legale Einkünfte. Angeblich benutzte er seine ehemalige Frau und die gemeinsamen Töchter als »Strohfrauen«, die den Firmen vorstanden. Im Rahmen des US-amerikanischen Kingpin-Gesetzes gelang es, Dutzende von Firmen auf ihn zurückzuführen. El Mayo bediente sich zudem der Dienste von The Empress, um das »Blutgeld«, wie es die Sinaloenser nannten, zu waschen.
In Culiacán gibt es Hunderte von Firmen und Geschäften, von denen man annimmt, dass sie zur Geldwäsche benutzt werden. Auf der Avenida Juárez im Zentrum der Stadt treffen tagtäglich mehrere gepanzerte Transporter ein, die den Wechselstuben Geld anliefern, die es wiederum zurück in den legalen Geldkreislauf schleusen. Die Federales führen des Öfteren Razzien durch, beschlagnahmen Millionen von Dollar und schließen die Stuben. Doch genauso schnell öffnen wieder neue, und das Geld zirkuliert weiter. 212
Chapos Unabhängigkeit
Mit dem Untergang von Ramón und Benjamín Arellano Félix bot sich für Chapo und El Mayo die Gelegenheit, ihre Beziehungen zu den Kolumbianern zu verbessern. Zwischen denen und den Brüdern hatte es nämlich finanzielle Differenzen gegeben. Rechnungen waren nicht bezahlt worden – Dinge, die die Kolumbianer nicht tolerieren konnten.
Außerdem ging das Gerücht, die Arellano-Félix-Brüder würden einen Teil des kolumbianischen Kokains in Mexiko vertreiben, anstatt es direkt in die USA weiterzuleiten, wodurch sie sowohl die Gewinnmargen als auch die Sicherheit der Lieferungen aufs Spiel setzten. Die Kolumbianer wollten sich jedoch zunächst nicht einmischen, und nun waren die Brüder sowieso Geschichte. 213
Die kolumbianischen Bosse suchten deshalb neue Vertriebspartner, denen sie vertrauen konnten. So kamen sie auf El Mayo.
Natürlich geriet El Mayo durch all diese Aktivitäten ins Visier der US-Behörden. Präsident George W. Bush stufte ihn als »Ebene I Drogenboss« ein, was bedeutete, dass man besondere Anstrengungen unternahm, ihn zur Strecke zu bringen. Die DEA stationierte zusätzliche Agenten und Informanten in Südarizona und Sonora, um El Mayo zu jagen. Zudem wurden »Wanted«-Poster mit dem Konterfei des Drogenbarons entlang des Highways zwischen Tucson und Phoenix ausgehängt.
So erhielt die DEA allmählich mehr Informationen über das Verhältnis zwischen Chapo und El Mayo als jemals zuvor. Die Agenten verfolgten die Aktivitäten der beiden ganz genau, beobachteten El Mayos Verwandte in den USA und führten Razzien auf seinen Anwesen in Hermosillo durch. Trotzdem konnte die DEA nicht genau feststellen, wer von den beiden das Sagen hatte. Man konzentrierte sich stärker auf El Mayo, da man annahm, nur noch einen Schritt von Chapos Verhaftung entfernt zu sein, dagegen noch zwei von der El Mayos. Folglich gingen die Agenten davon aus, dass Chapo ihnen als Erster ins Netz gehen würde.
Doch die Außenstelle der DEA erhielt diverse Anrufe, in denen Informanten behaupteten, El Mayo sei nicht der Mann, den man wolle, denn Chapo sei eigentlich der oberste Boss. Im Gegensatz zu anderen Capos pflegten Chapo und El Mayo
dieselbe Haltung. Hauptsächlich, weil sie ein gemeinsames Interesse hatten: das Geschäft bewahren und sich nicht gegenseitig bekämpfen. Obwohl sie die eine oder andere Differenz über die richtigen Strategien hatten, kam es nie zum Bruch. Sie agierten unabhängig voneinander, im Rahmen eines – wie es die Behörden nannten – »Nichtangriffspakts«.
Der DEA zufolge pflegten die beiden Narco-Bosse ein enges Verhältnis. Immerhin hatten sie sich gegenseitig unterstützt, um ganz nach oben zu kommen und außergewöhnliche Erfolge zu feiern. Chapo hatte El Mayo stets bewundert. Chapo war im Grunde ein Drogen-Guerillero, ein Mann, der ständig in Bewegung war. Doch auch wenn es ihm gelang, immer wieder zu
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