El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
meine Stadt, also verpisst euch, ehe ich euch abknalle!«
Die Agenten kamen unverletzt aus der Sache heraus, trotzdem sann die DEA auf Rache und leitete unter dem Codenamen »Operation Golden Grips« sofort eine Ermittlung ein. In Zusammenarbeit mit der mexikanischen Regierung konzentrierten sich DEA, FBI und die Zollbehörde auf die Zerschlagung des Golf-Kartells. 229
Chapo versuchte – vielleicht nicht zufällig – genau dasselbe.
In den frühen Morgenstunden des 14. März 2003 umstellten Dutzende von Soldaten ein Haus in einem kleinen Viertel in Matamoros, in dem man Cárdenas Guillén vermutete. Er und seine Männer versuchten, sich den Weg freizuschießen, doch die Soldaten verfolgten sie bis zum Flughafen. Als der
Pulverdampf sich gelegt hatte, waren zwar drei Soldaten verletzt, aber die Militärs hatten gesiegt. Sie hatten den Chef des Golf-Kartells erwischt.
Jubel erfüllte die Luft. Schon der Schlag gegen die Arellano-Félix-Brüder im Jahr zuvor war ein großer Erfolg gewesen, und nun hatten sie den ersten Top-Narco der Golfküste seit dem Amtsantritt von Präsident Fox geschnappt. Die Verhaftung von Cárdenas Guillén nahm etwas von dem Druck, dem sich Fox seit der Flucht von Chapo ausgesetzt sah, und bedeutete den US-Behörden, dass die mexikanische Regierung gewillt war, den Drogenbaronen das Handwerk zu legen.
Zudem wirkte es auch nicht so, als würde Fox ein bestimmtes Kartell schonen und umso aggressiver gegen die anderen vorgehen, wie man es den PRI-Regierungen vorgeworfen hatte. Die gelungene Geheimhaltung der Razzia, die den Golf-Capo zur Strecke brachte, war ebenfalls ein Grund zum Feiern. Die Einzigen, die vorab darüber informiert wurden, waren der Präsident, der Verteidigungsminister und der Generalstaatsanwalt.
Für die DEA war es nicht nur ein großer Triumph, weil es sich um Cárdenas Guillén handelte, sondern auch, weil damit die Demütigung der Agenten gerächt war. »Es handelt sich um eine bedeutende Verhaftung, denn damit erteilen wir den Drogenhändlern eine klare Botschaft, die da lautet, dass Gewalt und Einschüchterung sie nicht vor der Verfolgung durch die Behörden bewahren«, ließ die DEA verlauten.
Dennoch gab es einige Ermittler, die nicht so freudig gestimmt waren. Denn nun würden sie herausfinden müssen, wer Cárdenas Guilléns Platz einnehmen würde. 230
Nur wenige Wochen nach dem Niedergang seines Rivalen tauchte Chapo in Nuevo Laredo auf. Einem Zeugen zufolge, der sich inzwischen im Schutzprogramm befindet, zeigte er keinerlei Furcht, sich dort aufzuhalten, obwohl der Rauch sich
noch nicht gelegt hatte. Am Tag nach einer blutigen Schießerei drangen Soldaten in das Viertel Santo Dellogado vor. Auf einem Dach wurden sie von fünf Gangstern erwartet, die Polizeiuniformen trugen, mit AK-47-Gewehren bewaffnet waren und den Soldaten ihre Gesinnung entgegenschleuderten: »Wir sind Chapos Männer, und er ist hier … in Nuevo Laredo.« Dann machten sie sich davon. Es war das erste Mal, dass es Hinweise darauf gab, dass Chapo offen auf dem Gebiet des Golf-Kartells agierte. 231
Doch die Mitglieder von Los Zetas wollten sich nicht so leicht geschlagen geben. Nur wenige Monate nach der Verhaftung von Cárdenas Guillén war es ihnen gelungen, das Golf-Kartell mit ihrer Organisation zu verschmelzen. Zudem gab Cárdenas Guillén immer per Handy Befehle aus dem Gefängnis im Bundesstaat Mexico.
Sowohl Chapo als auch Los Zetas beabsichtigten, über ganz Mexiko zu expandieren, und damit war keine der beiden Organisationen in der Lage, genügend Ressourcen aufzubieten, um eine effektive Kontrolle der Golfküste zu erreichen. Der Krieg im Norden nahm an Härte zu. 232
Nach Chapos Besuch kamen im Verlauf des Sommers 2003 etliche seiner Männer nach Nuevo Laredo, um es mit den Zetas aufzunehmen. Im gesamten Nordosten waren auf beiden Seiten mehrere Hundert Tote zu verzeichnen, allein in Nuevo Laredo fanden zwanzig Polizisten den Tod.
Keine der beiden Seiten war an einem Friedensschluss oder gar der Rückkehr zu Recht und Ordnung interessiert. 233
Die wenigen, die sich bemühten, hatten praktisch kaum eine Chance. Als Alejandro Domínguez Coello, ein bescheidener sechsundfünfzigjähriger Druckereibesitzer und Vater von drei Kindern, als neuer Polizeichef von Nuevo Laredo vereidigt wurde, gab er zu, dass er nicht viel würde ändern können. Aber er schwor, die Bewohner der Stadt bestmöglich zu repräsentieren. »Ich bin niemandem verpflichtet. Mein Einsatz gilt
dem Wohl
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