El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
Körper.
Der Verlust von Millán Gómez war ein schwerer Schlag für die Moral der Drogengegner. Immerhin galt er als einer der »guten Bullen«, als Held, der unter dem Beifall der Regierung sowohl Chapo als auch den Beltrán-Leyva-Brüdern das Leben schwermachte.
»Er hat sich nie unterkriegen lassen«, erinnert sich ein altgedienter DEA-Agent, der in Mexiko-Stadt stationiert war. Während seiner Zeit in der Hauptstadt, in der es zu seinen Aufgaben gehörte, die mexikanischen Kollegen, mit denen die DEA zusammenarbeitete, auf Herz und Nieren zu prüfen, hatte er gute wie böse Cops kennengelernt. Der Tod von Millán Gómez versetzte auch ihm einen schweren Schlag, denn er verlor einen vertrauenswürdigen Kollegen.
Präsident Calderón war verwirrt, seine Regierung hatte Millán Gómez’ Bedeutung für den Krieg gegen das organisierte Verbrechen immer wieder hervorgehoben. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als diesen Vorfall »als feigen Mord an einem vorbildlichen Offizier« zu verurteilen. 252 In derselben Woche wurden sechs weitere Polizisten getötet.
Genaros Kreuzzug
Gute Cops findet man selten in Mexiko. Schon unter den Anwärtern gibt es nur wenige, die ihre Karriere mit der richtigen Einstellung beginnen. Sie wissen, dass Bestechung zum allgemein akzeptierten Lebensstil gehört oder zumindest das eigene Überleben sichert. Selbst die, die im Prinzip ehrlich sind, werden durch beträchtliche Geldbeträge korrumpiert und – wenn das nichts nützt – schlicht mit dem Tod bedroht.
Bei ihrer Gründung galt die AFI als die große Hoffnung für den mexikanischen Polizeiapparat. Sie sollte so vertrauenswürdig wie die Armee sein, aber weniger aggressiv und brutal,
ehrlicher als die örtlichen Polizeibehörden und in der Lage, im gesamten Land zu operieren. Geführt wurde sie von Genaro García Luna, einem kompromisslosen ehemaligen Geheimdienstler, der zuvor bereits die Bundespolizei geleitet hatte. Eine seiner Prioritäten war die Kooperation mit den USA. Spitzenbeamte und Eliteeinheiten der AFI wurden von der DEA oder vom FBI in Quantico, Virginia, trainiert, während andere regelmäßig an binationalen Übungen teilnahmen, um einen dauerhaft hohen Ausbildungsstandard zu garantieren.
Während zuvor Generalstaatsanwälte und Polizeichefs sich einander in rascher Folge abwechselten, wurde García Luna zu einer zentralen, fest im Sattel sitzenden Figur des mexikanischen Strafverfolgungssystems. Er hatte eine Ausbildung zum Ingenieur absolviert und wusste daher die technologischen Neuerungen, die damals in Sicherheitskreisen aufkamen, optimal einzusetzen. Zudem galt er als Reformer, und als er 2001 auf seinen neuen Posten berufen wurde, schickte Mexiko sich gerade an, den langwierigen Umwandlungsprozess vom Einparteiensystem der PRI zum Mehrparteienstaat zu bewältigen.
García Luna war erst achtunddreißig, als er in kurzer Folge erst zum Chef der Bundespolizei und dann zum Chef der AFI ernannt wurde.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt erklärte er, schonungslos die Korruption bekämpfen zu wollen, selbst wenn dies bedeutete, das Polizeikorps umfassend zu »säubern«. Er zögerte nicht, auch hochrangige Beamte zu feuern, und unterzog den ganzen Apparat einer gründlichen Revision. Um Handlungsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Polizei zu stärken, führte er unter anderem Lügendetektortests, Finanzkontrollen und psychologische Evaluierungen seiner Untergebenen ein.
Nach Calderóns Ernennung zum Präsidenten betonte García Luna immer wieder, dass er erst ruhen werde, wenn er
Chapo endlich gefasst habe. In Interviews wirkt er ehrlich und bemüht.
Aber es gibt auch noch eine andere Seite. Seinen engsten Mitarbeiterkreis regiert er wie sein persönliches Königreich, jede falsche Entscheidung kann für den Betroffenen fatale Folgen haben. Er wird als so kontrollbesessen beschrieben, dass er nicht einmal von seinen engsten Beratern Widerspruch duldet. Seine loyalen Vertrauten, heißt es vonseiten ehemaliger Mitarbeiter, lebten in einem Zustand permanenter Paranoia.
In der Folgezeit versuchte er, seine Position zu festigen, denn auch er hatte einen Gegenspieler.
Eduardo Medina Mora, der von 2006 bis 2009 Generalstaatsanwalt war, hätte sich nicht deutlicher von García Luna unterscheiden können. Beide teilten eine unbedingte Liebe und Hingabe an ihre Ämter, doch Medina Mora galt als weitaus einfühlsamerer Boss. Er war für sein strategisches Geschick bekannt, ebenso für den Respekt vor dem
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