El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
sagte er: ›Die Dinge werden jetzt um einiges schwieriger. Der Druck wird zunehmen.‹«
Die Anzahl der Feinde wuchs. Manche gaben sich deutlich zu erkennen, manche agierten hinter den Kulissen. Antonio beklagte sich über die Schwierigkeit, die Mentalität seiner Kollegen zu ändern. Er rauchte nicht und trank keinen Alkohol, während seine Untergebenen Bestechungsgelder von Kriminellen annahmen. Wann immer er einen korrupten Polizisten entlarvte, versetzte er ihn in einen anderen Landesteil. Bei einem Besuch in Ciudad Juárez wagte er es aus Misstrauen gegenüber seinen Kollegen vor Ort nicht, über Nacht zu bleiben.
Doch manchmal konnte er sich den Gefahren nicht gänzlich entziehen. Einmal wurde er nach Monterrey beordert, wo die Federales gegen El Lazca, den Chef der Zetas, ermittelten. Antonio und ein Kollege fuhren durch die Straßen und kamen an einem Kindergeburtstag vorbei. Plötzlich stieg El Lazca aus einem geparkten Fahrzeug. Der Zeta sah sich um und stieg sofort wieder ein. Die beiden Beamten folgten ihm und forderten über Funk Unterstützung an. Doch die Verstärkung traf zu spät ein. El Lazca hatte sie bemerkt, und seine Männer eröffneten mit AK-47-Gewehren das Feuer. Antonio schoss
mit seiner Pistole zurück, aber ohne Erfolg. Der Narco entkam.
Antonio war überzeugt, dass man ihn und seine Kollegen dem Tod ausgeliefert hatte.
Doch er überlebte auch diese Runde und stieg weiter auf. Einmal leitete er eine Razzia in einem Haus in Lomas de Chapultepec, einem zwielichtigen Viertel von Mexiko-Stadt. Das Anwesen gehörte Zhenli Ye Gon, einem chinesisch-mexikanischen Geschäftsmann, der verdächtigt wurde, im Auftrag von Chapo Chemikalien zur Methamphetamin-Herstellung zu importieren.
Man fand dort eine gewaltige Menge Bargeld – 207 Millionen Dollar, 18 Millionen mexikanische Peso, 200 000 Euro und 113 000 Hongkong-Dollar – sowie fast ein Dutzend Goldbarren.
Antonio und Noé Ramírez, der damals die Abteilung Organisiertes Verbrechen der PGR leitete, wollten sichergehen, dass keiner der Cops sich mit Teilen des beschlagnahmten Geldes davonstahl. Deshalb befahlen sie ihren Männern, vor Verlassen des Schauplatzes ihre Taschen zu leeren und sich ihrer Kleidung zu entledigen. Alle befolgten den Befehl, niemand hatte etwas mitgehen lassen. Daraufhin wollte Ramírez mit seinen Leuten abziehen. Doch Antonio hielt ihn auf. »Nein, alle heißt alle«, sagte er zu dem ihm übergeordneten Beamten. »Was meine Männer machen, mache ich auch.« So zogen sich auch die beiden Chefs bis auf die Unterwäsche aus.
Ramírez und Antonio waren beide sauber – dieses Mal. Ramírez wurde später wegen Verbindungen zum organisierten Verbrechen angeklagt, insbesondere warf man ihm vor, er habe im Austausch für Informationen von den Beltrán-Leyva-Brüdern monatlich 450 000 Dollar erhalten. 254
Ehemalige Kollegen beteuern allerdings Ramírez’ Unschuld, und bis Ende 2009 war noch kein Urteil ergangen.
Vertrauensfragen
Für die US-Behörden war die Frage, wem sie in Mexiko trauen konnten, stets eine besonders große Herausforderung. DEA-Agenten beklagen, dass das größte Hindernis die gegenseitigen Anschuldigungen seien (Mexiko als Lieferant und die USA als Großabnehmer) sowie die endemische Korruption der mexikanischen Sicherheitskräfte, das Militär eingeschlossen.
García Lunas Machtmonopol im Drogenkrieg hat die internationale Kooperation nicht weitergebracht. Beim Informationsaustausch existiert kein System der »Checks & Balances«, und die DEA hat ihre Zweifel bezüglich García Luna. Selbst Anthony Placido, der Chef des DEA-Nachrichtendienstes, hat seine Besorgnis darüber geäußert, dass »regelmäßig engste Vertraute von Minister 255 Genaro García Luna Verbindungen zu kriminellen Gruppen wie den Beltrán-Leyva-Brüdern unterhalten könnten«.
Um ihrer Aufgabe nachkommen zu können, musste die DEA auf jemanden setzen und dabei auch Risiken eingehen. So beschloss man, Víctor Gerado Garay das Vertrauen zu schenken, einem AFI-Agenten, der enge Verbindungen zu García Luna unterhielt. Er war der unmittelbare Vorgesetzte von Antonio Garza und hatte bewiesen, dass er sowohl willens als auch in der Lage war, den Kampf gegen die Narcos zu führen. Die DEA stellte ihm Informationen zur Verfügung, und er verfolgte die gemeinsamen Feinde.
Darunter befanden sich einige der größten Namen der Branche. Die DEA übermittelte ihm Telefonnummern von Eduardo Arellano Félix und weiteres nützliches
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