El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
Gesichtern durch die Straßen, richteten willkürlich Straßensperren ein und zwangen mit Waffengewalt jedes Fahrzeug zum Anhalten, das sich ihrer Auffassung nach zu schnell näherte. Die Autofahrer lernten die neuen Regeln schnell – in Sichtweite einer Straßensperre unter keinen Umständen ein Mobiltelefon benutzen, da man sonst beschossen wurde, keinen
unnötigen Lärm in Hörweite der Soldaten machen und nicht zu dicht an ein Militärfahrzeug heranfahren.
Einige Cops betrachteten das Eintreffen der Armee als Angriff auf ihre Integrität. In einem Viertel kam es zu einer Schießerei zwischen Polizei und Armee. Die Soldaten behaupteten, sie seien an einen Tatort gerufen und dort von den Polizisten mit Schüssen begrüßt worden. Die Polizei behauptete, die Soldaten hätten das Feuer eröffnet.
Hinter einem Polizeirevier im Süden von Ciudad Juárez versammelten sich sieben Polizisten um ein nagelneues Kawasaki-Motorrad, um sich über ihre Probleme mit dem Militär auszutauschen.
Erst wenige Tage zuvor, so ein Polizist, seien zwei seiner Kollegen von der Armee inhaftiert worden. Angeblich wegen eines Drogendelikts, denn praktischerweise sei im Kofferraum ihres Streifenwagens ein Beutel Marihuana gefunden worden. »Sie haben ihnen die Nase gebrochen und sie mit Elektroschockern gefoltert. Angeblich hat man sie geschickt, um uns zu unterstützen, aber danach sieht es nicht aus. Die wollen nicht mit uns zusammenarbeiten.«
Die Bewohner von Ciudad Juárez indes waren überwiegend froh darüber, dass die Polizisten nicht mehr die Einzigen waren, die in der Stadt den Ton angaben. »Gut, dass die Polizisten nicht mehr allein sind«, sagte Nadio Rivera, der im Plutarca-Elias-Viertel zu Hause ist, das bereits kurz nach dem Eintreffen der Truppen mehrere Razzien erlebte. »Jetzt haben wir mehr Sicherheit, denn zu viele Polizisten sind korrupt. Ich habe regelmäßig Schmiergeld bezahlt. Die halten dich an, durchsuchen dich, behaupten, du hättest getrunken, und nötigen dich zu bezahlen.«
Anfang 2009 Schien sich dann auch eine Kooperation zwischen Armee und Polizei anzubahnen. Während einer abendlichen Patrouille in Tierra y Libertad, einem heruntergekommenen Viertel in der Nähe des Zentrums, war die Teamarbeit
fast spürbar. Einige Anwohner hatten auf dem Delicias-Revier angerufen und sich über eine Teenager-Gang beschwert, die auf dem Marktplatz des Viertels trank und Unruhe stiftete. Keine große Sache, sollte man meinen, doch die Soldaten setzten sich auf den Rücksitz eines Streifenwagens und ließen sich von den Cops zum Marktplatz fahren. Dort nahmen sie neun Jugendliche in Gewahrsam, die getrunken hatten. Die Polizisten durchsuchten sie nach Drogen und Waffen, während die Soldaten darauf achteten, dass auch alles mit rechten Dingen zuging. 257
Mit US-Unterstützung sind inzwischen in verschiedenen Landesteilen neue Ausbildungsprogramme für die Polizei initiiert worden. Der Chef der Federales, García Luna, bemüht sich, College-Absolventen für seine Einheit anzuwerben. Sämtliche Polizisten wurden angewiesen, persönliche Daten wie Kontonummern anzugeben, damit sie stichprobenartig auf Verbindungen zu den Kartellen überprüft werden können. Zudem werden sie in regelmäßigen Abständen Lügendetektortests unterzogen.
Obwohl eine erhebliche Zahl an Neuzugängen zu verzeichnen ist und ein Großteil der korrupten Polizisten aus dem Dienst entfernt wurde, gibt Torres Valadez zu, dass es schwierig sein wird, Narcos und andere Kriminelle daran zu hindern, die Polizisten zu bestechen. »Wir versuchen ja, diese ganze Korruptionskultur zu überwinden, aber selbst wenn wir ihnen dreitausend Dollar am Tag bezahlen, dann zahlen die Narcos ihnen eben sechstausend.«
»Seit fünfzehn Jahren versuchen sie, die Polizei zu reformieren«, ergänzt der ehemalige Staatanwalt González Ruiz. »Doch es ist nutzlos, immer neue Vorschriften zu erlassen, wenn die Beamten sie schlicht nicht einhalten.« 258
Millán Gómez, der Top-Cop der Federales, wurde, wie sich herausstellte, von seinen eigenen Kollegen ermordet oder zumindest ans Messer geliefert. 259
Wenige Monate nach der Razzia auf Zhenlis Anwesen in Lomas de Chapultepec wurden in Guerrero die Leichen zweier daran beteiligter Polizisten gefunden. Zhenli wurde schließlich in den USA verhaftet, aber ein Richter erklärte die Beweismittel gegen ihn für unzureichend. Zhenli bestreitet alle Anschuldigungen und kämpft gegenwärtig gegen seine Auslieferung nach Mexiko.
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