Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
Fernando ins Gespräch.
    »Nicht doch! Wer kann Euch hindern, die Steuern in Euerm Bezirk ein wenig zu erhöhen. Senor?«
    »Ihr könnt mich ruhig Graf nennen«, meinte Fernando gereizt.
    »Formalitäten«, sagte der Doktor. »Ich weiß doch, wer Ihr seid. Wohl ein Graf, aber nicht der Graf. Wie geht es Don Esteban überhaupt? Wollt Ihr ihn nicht auch langsam um die Ecke bringen?«
    »Schweigt!« fuhr ihn Marina wütend an. »Euer Ton ist unpassend.« Doktor Garcia erhob sich gleichgültig.
    »Ich werde meine Pülverchen schon los, Gräfin, habt keine Sorge. Es kommt öfter mal vor, daß die Leute ein wenig nachhelfen, um schneller in den Genuß einer Erbschaft zu kommen.« »Also gut«, beschwichtigte die Gräfin. »Ihr bekommt das Geld in drei Monaten. Gebt her.« Wortlos zog der Doktor eine kleine Schachtel aus der Tasche.
    Der Alcalde von Bielsa fuhr auf, als er in den nächsten Tagen vernahm, daß die Steuern abermals erhöht werden sollten. Wer sie nicht aufbringen könne, hatte der Graf verkünden lassen, werde sie während der Ernte abarbeiten müssen. Und was das hieß, wußte jeder. Die Bauern in den Katen fluchten und tobten. Es reichte so schon kaum zum Leben. Dazu hatte sich das Gerücht immer mehr verstärkt, daß der Graf gar nicht der richtige Graf war, daß sie von einem Schwindler ausgebeutet wurden. Es gärte in ihnen.
    Der Koch, der monatlich einmal selbst in das Dorf geritten kam, um die nötigsten Einkäufe an Küchengewürzen vorzunehmen, traute seinen Ohren nicht, als er die Geschichte vernahm, die der Silbador in die Welt gesetzt hatte. Und kaum war er wieder auf dem Schloß, da wußte es bald sein ganzer Küchenstab. Von dort aus war der Weg zur Dienerschaft nur noch kurz. Als bei der Schloßreinigung samstags der Majordomo seine Leute beaufsichtigte, bemerkte er, wie zwei Dienstmädchen ständig miteinander tuschelten.
    »Heda, ihr beiden! Redet nicht, sondern tut eure Arbeit. Sonst setzt es Hiebe.« Es waren aber kaum ein paar Minuten vergangen, da bemerkte er abermals, wie sie ihre Köpfe zusammensteckten. Er hätte schimpfen oder sie bestrafen können. Aber er war ein neugieriger Mann. So wartete er ab, bis er eine günstige Gelegenheit fand, sie zu belauschen. Eine solche ergab sich schon innerhalb der nächsten Minuten.
    »Was sagst du zu der Geschichte, die sie sich im Dorf erzählen, Anita?« fragte die eine. »Ich glaube es nicht.«
    »Der Silbador hat es aber gesagt«, behauptete die andere.
    »Man müßte sich mal hinunter in das Verließ schleichen. Vielleicht ist der Eingesperrte wirklich der richtige Graf.«
    Der Majordomo hatte genug gehört. Schreckensbleich zog er sich von seinem Lauscherposten zurück und begab sich sofort in die Gemächer der Gräfin. »Was wollt Ihr?« fragte Marina ungehalten. »Ich möchte Euch berichten, was man sich im Dorf unten und auch bereits auf dem Schloß erzählt, Vuestra Merced. Es muß etwas geschehen.«
    »Ihr seid ja ganz aufgeregt, Manuel. Faßt Euch doch«, sagte Fernando und fuhr sich mit der gepflegten Hand über die Perücke.
    »Wie kann ich mich fassen, wenn das ganze Haus unser bisher sorgfältig gehütetes Geheimnis kennt?«
    »Was meint Ihr?« fragte die Gräfin erstaunt. »Was werde ich schon meinen! Sie wissen, daß der
    Mann im Verließ unten der richtige Graf ist. Alle wissen es, auch die Bauern im Dorf. Der
    Silbador hat das Gerücht im ganzen Land ausgestreut. Was soll nur geschehen, wenn es dem
    Pfarrer oder dem Alcalden zu Ohren kommt?« Marina faßte sich schnell.
    »Ihr seid kindisch, Manuel. Bildet Ihr Euch etwa ein, daß Männer wie der Alcalde solchen
    Märchen Glauben schenken werden, zumal das Gerücht, wie Ihr sagt, vom Silbador
    ausgeht?«
    Don Manuel gab sich keineswegs zufrieden.»Können wir Esteban nicht von hier wegbringen?« Die Gräfin lachte gezwungen.
    »Wegbringen? Meintet Ihr vielleicht--?« Sie machte eine unmißverständliche Bewegung.
    Manuel erbleichte.
    »Ich kann das nicht. Nein, ich tue es auch nicht.«
    »Ich weiß«, antwortete Marina spöttisch. »Euch ist ja sogar der Tod dieses armseligen Schäfers auf die Nerven gegangen, obwohl Ihr es doch wart, der ihn bestrafen wollte.«
    »Ich kann mir nicht helfen, Vuestra Merced«, sagte der Majordomo, »bestrafen und totschlagen ist zweierlei. Nein, ich kann niemanden totschlagen.«
    Die Gräfin stand auf.
    »Es ist gut«, sagte sie mit völlig veränderter, fast sanfter Stimme; »wir werden sehen, was zu tun ist. Vielleicht sollte wirklich jemand

Weitere Kostenlose Bücher