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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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mit donnernder Stimme.
    Michel Baum trat ins Licht und antwortete:
    »Der Kronzeuge.«
    Die Gräfin stieß einen Schrei aus, der halb aus Wut und halb aus Triumph zu bestehen schien. »Greift ihn!« schrie sie. Aber es war niemand da, der ihrem Befehl nachkommen konnte. »Diesmal wird es wohl umgekehrt werden«, meinte Michel Baum. »Diesmal seid Ihr dran. Euer Spiel ist aus.« Jetzt mischte sich der Pfarrer ein und mahnte: »Macht hier kein Geschrei. Laßt dem Toten seine Ruhe. Man soll nicht Händel austragen an der Stätte der Weihe, selbst dann nicht, wenn es eine dürftige Stätte ist.« Da meinte der Alcalde.
    »Könnt Ihr etwas Wesentliches sagen, Senor Silbador?«
    »Und ob ich das kann! Ich klage die Gräfin de Villaverde y Bielsa an des Mordes an dem Majordomo, des Totschlags an dem Schäfer Pedro und der widerrechtlichen Gefangennahme ihres Mannes, des Grafen de Villaverde y Bielsa.«
    »Er lügt, er lügt«, schrie Marina wütend, »glaubt ihm nicht. Er will mich verderben, weil ich mich ihm verweigerte. Er hat schändlich meine Gastfreundschaft mißbraucht. Und im übrigen seht ihr ja, daß mein Mann, der Graf de Villaverde, neben mir steht.« »Schweigt!« fuhr Michel sie an. »Ich würde nicht etwas behaupten, was ich nicht beweisen könnte.« Laut rief er: »Don Esteban, tretet vor!«
    Eine zweite Gestalt trat in das trübe Licht der Öllampe. Mit wirren Haaren und langem Bart, völlig abgerissen und heruntergekommen, so, wie er in der Zelle gelebt hattte, trat der echte Graf de Villaverde y Bielsa vor die Anwesenden. Marina starrte ihn wortlos mit weit aufgerissenen Augen an; Fernando aber, der bisher kaum ein Wort gesagt hatte, schrie erschrocken auf: »Mein Gott, er ist's wirklich! Um des Himmels willen, Esteban, wie siehst du aus?«Da brach es aus dem Schwergeprüften hervor: »Das fragst du mich? Ja, so habt ihr mich verkommen lassen im Verließ meines eigenen Schlosses. An Körper und Seele habt ihr mich zwei Jahre lang geschunden und gequält. Geschmachtet habe ich, während du mit meiner, deines Vetters Frau, in Freuden gelebt und gepraßt hast!«
    »Schlag ihn tot, Fernando, schlag sie alle tot, die ganze Sippe. Vierteile diesen verfluchten Silbador. Sie lügen alle, alle. Ich schwöre bei Gott, dem... «
    »Haltet ein!« donnerte da die Stimme des Pfarrers. »Ruft nicht den Namen des Allmächtigen an, vor dessen Angesicht Ihr gesündigt habt!« Der Alcalde richtete sich auf. »Gräfin de Bielsa und Graf Fernando, im Namen des Königs verhafte ich euch wegen Mordes, Totschlags und Freiheitsberaubung. Ich ...«
    »Ha!« schrie Marina, »Fernando, sie sollen uns nicht so einfach haben. Gib's ihnen!« Ein Dolch blitzte in ihrer Hand. Mit einem Wutschrei stürzte sie sich auf den Alcalden. Fernando, der keine andere Rettung mehr sah, besann sich darauf, daß er einst ein starker, kühner, von den Frauen verehrter Mann gewesen war, und zog seine Klinge. Ohne vorherige Warnung stürzte er sich auf den Silbador, den er mit Recht für den gefährlichsten Gegner hielt. Michel Baum sprang zurück und wich dem heimtückisch geführten Stich aus. Dann hatte er selbst seine Waffe in der Hand.
    »Ergebt Euch!« rief er. »Ich will Euer Blut nicht. Ihr sollt vor den Richter. Vielleicht kommt Ihr mit einer Haftstrafe davon.« Aber Fernando griff wieder an.
    Die Gräfin war von dem Pfarrer und dem Alcalden gepackt worden, wobei sich der Pfarrer ganz und gar nicht als Schwächling erwies, und stand nun, festgehalten, zwischen den beiden Männern. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie dem Kampf zu.
    Da — mit einem kaum vernehmbaren Aufstöhnen sank ihr der Geliebte vor die Füße. Michels Degen hatte ihn ins Herz getroffen.
    Michel wandte sich halb entschuldigend an den Pfarrer.
    »Ihr habt gesehen, Senor, es blieb mir keine andere Wahl. Ich wollte ihn schonen; aber er war heimtückisch.«
    Der Pfarrer nickte nur.
    Nachdem die Gräfin in den Kerker des Schlosses geworfen worden war, standen der Pfarrer, der Alcalde, Michel Baum, sein Gehilfe Juan und der befreite Graf vor der Tür des alten Grafen. Zögernd drückte Esteban die Klinke nieder. Die anderen warteten gespannt. Der Alte lag halb aufgerichtet in seinem Bett und sagte, als er seines Sohnes ansichtig wurde: »Ah, da bist du ja, Esteban, nun, du hast lange gebraucht, den Weg hierher zu finden. Wo bist du die ganze Zeit über gewesen? Ich habe deinen Vetter mehrmals nach dir gefragt; aber er konnte mir keine Auskunft geben.«»Nun ist alles wieder gut,

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