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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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zugesehen.«
»Du hast das schon einmal gesehen?«
»Ich habe viele Dinge gesehen, Mylady«, erwiderte Ashe. »Das Leben eines Seons ist lang.«
Sarene nickte. Sie gingen eine der Straßen Kaes entlang. Im Hintergrund erhob sich die gewaltige Mauer von Elantris. Dutzende Straßenverkäufer boten eifrig ihre Waren feil, als Sarene vorüberging, da sie anhand ihrer Kleidung als Mitglied der Hofgesellschaft zu erkennen war. Kae existierte im Grunde nur zur Versorgung des arelischen Adels, und der hatte einen ausgesprochen exquisiten Geschmack. Vergoldete Becher, exotische Gewürze und extravagante Kleider wetteiferten alle um Sarenes Aufmerksamkeit - obgleich ihr der Großteil lediglich Unbehagen bereitete.
Soviel sie wusste, handelte es sich bei diesen Kaufleuten um die letzten Überreste eines echten Mittelstandes in Arelon. Sie konkurrierten in Kae um die Gunst König Iadons und hofften auf einen Titel - gewöhnlich auf Kosten ihrer Rivalen, etlicher Bauern und ihrer eigenen Würde. Arelon entwickelte sich auf dem schnellsten Wege zu einer Nation des fieberhaften, ja verängstigten reinen Kommerzes. Erfolg brachte nicht mehr nur Wohlstand, Misserfolg nicht mehr nur Armut - das eigene Einkommen setzte fest, wie knapp man davor stand, als so etwas wie ein Sklave zu enden.
Sarene winkte die Kaufleute fort, auch wenn ihre Geste wirkungslos blieb. Erleichtert bog sie um eine Ecke und erblickte die korathische Kapelle. Sie widerstand der Versuchung, den restlichen Weg im Laufschritt zurückzulegen, und behielt ihr normales Tempo bei, bis sie die Eingangstür des breiten Gebäudes erreicht hatte und hineinschlüpfen konnte.
Sie ließ ein paar Münzen - beinahe das letzte Geld, das sie aus Teod mitgebracht hatte - in den Spendenkasten fallen und begab sich anschließend auf die Suche nach dem Priester. In der Kapelle fühlte Sarene sich auf Anhieb wohl. Im Vergleich zu derethischen Kapellen, die nüchtern und formell waren und in denen nur Schilde, Speere und ein paar wenige Gobelins hingen, war die Atmosphäre in korathischen Kapellen um einiges entspannter. An den Wänden hingen ein paar Steppdecken - wahrscheinlich von älteren Gönnern gespendet -, und darunter standen in einer Reihe Blumen und Pflanzen, deren erste Knospen in dem Frühlingswetter hervorlugten. Die Decke war niedrig und nicht gewölbt, doch die Fenster waren so tief und breit, dass man sich in dem Bauwerk trotzdem nicht beengt fühlte.
»Guten Tag, mein Kind«, erklang eine Stimme von der Seite des Saales. Omin, der Priester, stand an einem der gegenüberliegenden Fenster und sah auf die Stadt hinaus.
»Guten Tag, Pater Omin.« Sarene machte einen Knicks. »Störe ich?«
»Selbstverständlich nicht, mein Kind«, sagte Omin und winkte sie zu sich. »Kommt her. Wie geht es Euch? Ich habe Euch gestern Abend bei der Predigt vermisst.«
»Es tut mir leid, Pater Omin«, sagte Sarene und errötete leicht. »Ich musste auf einen Ball.«
»Ach so. Habt kein schlechtes Gewissen, Kind. Es ist wichtig, Bekanntschaften zu schließen, besonders wenn man neu in der Stadt ist.«
Sarene lächelte. Sie ging zwischen zwei Kirchenbänken hindurch und gesellte sich zu dem kleinen Priester am Fenster. Normalerweise fiel seine geringe Körpergröße nicht derart auf, denn Omin hatte sich vorn in der Kapelle ein Podium erbaut, das diesem Umstand Rechnung trug, und während er predigte war es schwer, seine tatsächliche Größe abzuschätzen. Doch nun, neben dem Mann, wurde Sarene das Gefühl nicht los, dass sie ihn haushoch überragte. Er war selbst für einen Arelenen schrecklich klein und reichte ihr gerade einmal bis zur Brust.
»Etwas bereitet Euch Sorgen, mein Kind?«, erkundigte sich Omin.
Er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf und trug ein weites Gewand, das an der Taille von einer weißen Schärpe zusammengehalten wurde. Abgesehen von seinen auffallend blauen Augen war die einzige Farbe an seinem Körper ein jadegrüner korathischer Anhänger in Form des Aons Omi an seinem Hals.
Er war ein guter Mensch - was Sarene nicht über jeden sagen konnte, nicht einmal bei Priestern. In Teod gab es etliche Geistliche, die sie geradezu zur Weißglut brachten. Omin hingegen war aufmerksam und väterlich, auch wenn er die ärgerliche Angewohnheit hatte, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Manchmal war er so zerstreut, dass er erst Minuten später auf eine Frage antwortete.
»Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte, Pater«, sagte Sarene. »Ich muss mich einer

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