Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
Märkte nur ungern und warteten lieber ab, was ihr Herrscher tun würde. Alles hing von Telriis Entscheidung ab.
    Es wird geschehen, Hrathen, sagte er sich selbst. Dir bleibt immer noch ein Monat. Du hast Zeit zum Überreden, Umschmeicheln und Drohen. Telrii wird einsehen, wie töricht seine Forderung ist, und er wird sich bekehren lassen.
    Doch trotz aller Versuche, sich selbst zu beruhigen, hatte Hrathen das Gefühl, vor einem Abgrund zu stehen. Er vollführte einen gefährlichen Balanceakt. Der arelische Adel gehörte ihm nicht wirklich, noch nicht. Den meisten ging es bisher um nichts weiter als den äußeren Schein, nicht um In halte. Wenn er dem Wyrn Arelon übergab, würde er ihm im besten Falle eine Gruppe halbherziger Konvertiten präsentieren können. Er hoffte, dass das reichen würde.
    Hrathen blieb stehen, als er eine Bewegung in der Nähe eines der Zelte gewahrte. Bei dem Zelt handelte es sich um eine gewaltige blaue Konstruktion mit extravaganten Stickereien und großen Pavillonflügeln an den Seiten. Die Brise trug eine Spur von Gewürzen und Rauch zu ihm herüber: ein Weihrauchhändler.
    Hrathen zog die Augenbrauen zusammen. Er war sich sicher, das unverkennbare Blutrot eines derethischen Gewandes gesehen zu haben, als sich jemand in dem Zelt geduckt hatte. Die Artethen sollten zu diesem Zeitpunkt allein für sich meditieren und keinen faulen Einkaufsbummel machen. Hrathen überquerte den Weg und betrat das Zelt, fest entschlossen herauszufinden, welcher Priester sich seinem Befehl widersetzt hatte.
    Im Innern war es dunkel, da die dicke Zeltleinwand kein Sonnenlicht durchließ. An einem Ende des Zeltes brannte eine Laterne, aber in dem großen Raum stapelten sich so viele Kisten, Fässer und Eimer, dass Hrathen nur Schatten erkennen konnte. Er stand einen Moment reglos da, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. In dem Zelt schien sich niemand aufzuhalten, noch nicht einmal ein Kaufmann.
    Er ging weiter, durch wabernde Düfte hindurch, die teils beißend, teils verlockend waren. Badesalz, Seifen und Öle parfümierten gemeinsam die Luft, und die Mischung all ihrer unterschiedlichen Gerüche verwirrte einem die Sinne. Im hinteren Teil des Zeltes stieß er auf die einsame Laterne, die neben einer Kiste mit Asche stand, den Überresten verbrannter Räucherstäbchen. Hrathen zog sich den Panzerhandschuh aus und zerrieb das weiche Pulver zwischen den Fingern.
»Die Asche ist wie der Trümmerhaufen Eurer Macht, nicht wahr, Hrathen?«, fragte eine Stimme.
    Von dem Geräusch erschreckt, fuhr Hrathen herum. Hinter ihm stand jemand im Schatten des Zeltes, eine vertraute Gestalt in derethischem Gewand.
»Was treibst du hier?«, fragte Hrathen, der sich wieder von Dilaf abwandte und seine Hand abwischte, bevor er sich erneut den Panzerhandschuh überstreifte.
Dilaf antwortete nicht. Er stand im Dunkeln, und sein unsichtbares, starr auf ihn gerichtetes Gesicht ließ Hrathen die Nerven verlieren.
»Dilaf?«, setzte Hrathen wieder an und drehte sich um. »Ich habe dich etwas gefragt.«
»Ihr habt hier versagt, Hrathen«, flüsterte Dilaf. »Dieser Narr Telrii spielt mit Euch. Mit Euch, einem Gyorn des Shu-Dereth. Man stellt keine Forderungen an das fjordellische Reich, Hrathen. Das darf niemand tun.«
Hrathens stieg die Röte ins Gesicht. »Was weißt du schon von derlei Dingen?«, fuhr er den anderen an. »Lass mich in Ruhe, Arteth.«
Dilaf rührte sich nicht. »Ihr wart nahe dran, das gebe ich zu, aber Eure Torheit hat Euch den Sieg gekostet.«
»Pah!« Hrathen streifte in der Dunkelheit an dem kleinen Mann vorbei und ging auf den Ausgang zu. »Meine Schlacht ist noch lange nicht geschlagen. Mir bleibt immer noch Zeit.«
»Tatsächlich?«, fragte Dilaf. Aus dem Augenwinkel konnte Hrathen sehen, wie Dilaf zu der Asche trat und seine Finger hindurchgleiten ließ. »Es ist Euch alles entglitten, nicht wahr, Hrathen? Mein Sieg ist so unendlich süß im Angesicht Eures Versagens.«
Hrathen blieb stehen. Dann lachte er und blickte zu Dilaf zurück »Sieg? Welchen Sieg hast du schon errungen? Von welchem ...?«
Dilaf lächelte. Im trüben Licht der Laterne war sein Gesicht von tiefen Schatten überzogen. Er lächelte. Seine Miene - voll der Leidenschaft, des Ehrgeizes und der inbrünstigen Hingabe, die Hrathen an jenem ersten Tag vor so langer Zeit aufgefallen waren - war so beunruhigend, dass Hrathen die Frage auf den Lippen erstarb. In dem flackernden Lichtschein wirkte der Arteth nicht wie ein

Weitere Kostenlose Bücher