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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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erkennen, das man in das Material geritzt hatte - das Aon Ashe, das Zeichen, das er selbst noch vor ein paar Augenblicken in die Luft geschrieben hatte.
»Diese Platten haben früher heller und gleichmäßiger geleuchtet als jede Lampe, Sule«, erklärte Galladon. »Die Elantrier mussten nur kurz mit den Fingern darüberstreichen, um sie auszumachen. Elantris hat kein Öl gebraucht, denn es verfügte über eine viel verlässlichere Lichtquelle. Aus dem gleichen Grund wirst du in Elantris auch weder Kohle - oder gar Öfen - noch sonderlich viele Brunnen finden. Wasser floss hier nämlich aus Rohren, als wären in den Wänden Flüsse eingeschlossen. Ohne Aon-Dor ist diese Stadt so gut wie unbewohnbar.«
Raoden rieb mit dem Finger über die Platte und ertastete die Linien des Aons Ashe. Etwas Katastrophales musste sich zugetragen haben - ein Ereignis, das binnen zehn kurzer Jahre vergessen worden war. Etwas so Schreckliches, dass das Land zerstört und die Götter gestürzt worden waren. Doch ohne zu begreifen, wie Aon-Dor einst funktioniert hatte, würde er sich nie auch nur annähernd vorstellen können, was zu seinem Versagen geführt haben könnte. Er wandte sich von der Wand ab und sah zu den beiden niedrigen Bücherregalen. Es war unwahrscheinlich, dass eines der Bücher eine genaue Erläuterung des Aon-Dor beinhaltete. Wenn sie jedoch von Elantriern verfasst worden waren, enthielten sie vielleicht Hinweise auf die Magie. Hinweise, die einem sorgfältigen Leser ein gewisses Verständnis der Wirkungsweise des Aon-Dor ermöglichen könnten. Vielleicht.
Sein Gedankengang wurde jäh von Magenschmerzen unterbrochen. Es war nicht wie der Hunger, den er in der Außenwelt erlebt hatte. Sein Magen rumorte nicht. Dennoch waren da die Schmerzen - irgendwie sogar noch fordernder. Er hatte nun schon seit drei Tagen nichts mehr gegessen, und das Hungergefühl wurde langsam hartnäckig. Ganz allmählich fing er an zu begreifen, warum dies und die anderen Schmerzen ausreichten, um Männer zu den wilden Tieren zu machen, die ihn an seinem ersten Tag überfallen hatten.
»Komm«, sagte er zu Galladon. »Es gibt da etwas, was wir tun müssen.«
Der Platz sah nicht anders aus als tags zuvor: Dreck, stöhnende, unglückselige Gestalten, hohe, unversöhnliche Torflügel. Die Sonne hatte beinahe drei Viertel ihrer Wanderung über den Himmel zurückgelegt. Es war die Zeit, zu der neue Verdammte nach Elantris gebracht werden würden.
Raoden betrachtete den Platz. Er befand sich neben Galladon auf dem Dach eines Gebäudes. Schon bald ging ihm auf, dass etwas anders war. Oben auf der Stadtmauer hatte sich eine kleine Gruppe versammelt.
»Wer ist das?«, fragte Raoden interessiert, indem er auf eine große Gestalt deutete, die hoch auf der Mauer über dem Eingangstor von Elantris stand. Der Mann hatte die Arme von sich gestreckt, und sein blutroter Umhang flatterte im Wind. Aus dieser Entfernung waren seine Worte kaum zu verstehen, aber es war offensichtlich, dass er schrie.
Galladon stieß ein überraschtes Grunzen aus. »Ein derethischer Gyorn. Ich wusste gar nicht, dass es hier in Arelon einen gibt.«
»Ein Gyorn? Also ein Hohepriester?« Raoden kniff die Augen zusammen und versuchte, die Einzelheiten der Gestalt hoch über ihnen auszumachen.
»Es überrascht mich, dass einer so weit nach Osten gekommen ist«, sagte Galladon. »Sie haben Arelon schon vor der Reod gehasst.«
»Wegen der Elantrier?«
Galladon nickte. »Allerdings nicht ausschließlich wegen des Kultes um die Elantrier, auch wenn sie das gern behaupten. Die derethischen Führer hegen solch einen Hass auf deine Heimat, weil ihre Heere nie einen Weg durch die Berge gefunden haben, um euch anzugreifen.«
»Was treibt er deiner Meinung nach dort oben?«, wollte Raoden wissen.
»Predigen. Was sonst sollte ein Priester tun? Wahrscheinlich hat er sich entschlossen, Elantris öffentlich als eine Art Strafe seines Gottes anzuprangern. Es wundert mich, dass sie dazu so lange gebraucht haben.«
»Die Leute flüstern es einander schon seit Jahren zu«, sagte Raoden, »aber bisher hatte niemand den Mut, Derartiges tatsächlich zu predigen. Insgeheim fürchten sie, dass die Elantrier sie nur auf die Probe stellen - dass sie eines Tages ihre ehemalige Herrlichkeit wiedererlangen und sämtliche Ungläubige bestrafen werden.«
»Immer noch?«, fragte Galladon. »Ich hätte erwartet, dass solche Gedanken nach zehn Jahren verschwunden sind.«
Raoden schüttelte den Kopf. »Selbst heute beten

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