Elben Drachen Schatten
Pläne von riesigen Gebäuden entworfen hatte, in der Hoffnung, dass man sie dereinst in Bathranor errichten würde. Ganze Fantasiestädte waren auf diese Weise konzipiert und bis ins Detail durchgeplant worden.
Aus diesem Fundus konnten die Begründer Elbenhavens schöpfen, wenngleich auffiel, dass die Entwürfe bei den meisten Architekten im Verlauf der Überfahrt immer fantastischere Züge angenommen hatten und viele dieser Pläne wohl schlicht nicht zu verwirklichen waren. Städte, die in der Luft schwebten und entweder von Wolken eines magischen Gases oder durch gewaltige Flügel- und Ballon-Konstruktionen getragen wurden, fanden sich ebenso darunter wie Städte, die auf dem Wasser schwammen oder gar auf dem Meeresgrund errichtet werden sollten.
Doch es gab auch genügend Pläne, für deren Umsetzung nicht erst aufwendige neue Techniken entwickelt oder eine andere, bisher unbekannte Art von Magie entdeckt werden musste. Pläne, die man sofort umsetzen konnte. Außerdem begann die so lange in Bereiche der puren Fantasie verbannte Kreativität der elbischen Baumeister geradezu zu sprudelte, und in Keandir wuchs die Zuversicht, dass die neue Hauptstadt Elbianas viel schneller entstehen würde, als er zunächst angenommen hatte.
Brass Shelian, ein junger und zudem der einzige seegeborene Schamane, suchte den König während der Zusammenkunft der Baumeister auf. Da es um Brass Elimbor ging, hatten ihn die Wachen vorgelassen. Brass Shelian galt als der engste Vertraute des Obersten Schamanen, was in erster Linie darin seinen Ausdruck fand, dass der Jüngere die Kabine des Älteren in Ordnung hielt. Geredet hatten sie seit langer Zeit kaum ein Wort miteinander.
»Mein König!«, begann er. »Brass Elimbor schickt mich. Ich soll Euch sagen, dass Ihr unbedingt zu ihm kommen müsst.«
»Wo ist er?«, entfuhr es Keandir. »Er wurde überall gesucht, denn Fürst Bolandor hätte für die Überfahrt gern seinen Segen gehabt.«
»In der letzten Nacht musste ich ihn zusammen mit zwei Novizen auf einen Berg bringen, ein paar Meilen von hier entfernt. Er wollte an einen Ort gebracht werden, von dem aus er einen guten Fernblick über das neue Land Elbiana hat. Wir waren bis vor kurzem bei ihm. Doch jetzt wünscht er Euch zu sehen.«
Keandir runzelte die Stirn. »Brass Elimbor wäre besser hier gewesen, um Fürst Bolandor mit seinem Segen Hoffnung zu spenden.«
»Mit Verlaub, mein König, aber ich denke, Brass Elimbor weiß selbst am besten, wo sein Platz ist. Im Augenblick ist Euer Platz aber ganz gewiss an seiner Seite!«
Mit einem Trupp Begleitern brach Keandir auf und folgte Brass Shelian in die nahen Berge. Mehrere Stunden waren sie unterwegs, und als die Sonne bereits milchig wurde, hielt Brass Shelian an und erklärte, nur Keandir dürfe ihm weiter folgen, alle anderen müssten zurückbleiben und sollten rasten.
Ygolas der Bogenschütze war wenig begeistert von dieser Forderung. »Wir haben bereits schlechte Erfahrungen damit gemacht, unseren König mit einer zu schwachen Bewachung ziehen zu lassen.«
»Es ist Brass Elimbors Wille«, entgegnete Brass Shelian. »Und den sollten wir respektieren.«
Keandir lächelte mild. »Eure Sorge um meine Sicherheit in Ehren, werter Ygolas, aber Ihr solltet es damit nicht übertreiben, sonst muss ich noch denken, Ihr wolltet mich in Ketten legen.« Keandir tätschelte den Griff seines Schwertes an seiner Seite. »So leicht bin ich nicht zu bezwingen. Ihr solltet daran denken, dass ich keinem Schicksal mehr folge, sondern es selbst forme.«
»Dennoch bin ich in Sorge«, wandte Ygolas ein. »Die Zuversicht der Elben, die auf diesem Kontinent blieben, würde mit Eurem Tod schlagartig in nackte Panik umschlagen. So viel Schreckliches haben wir auf der Insel des Augenlosen Sehers erlebt, dass ich meine Sorge für durchaus berechtigt betrachte.«
»Brass Elimbor ist nicht mit dem Augenlosen Seher oder den niederen Kreaturen zu vergleichen, die wir auf dieser verfluchten Insel antrafen«, entgegnete Keandir. »Also habt etwas mehr Vertrauen in die Stärke Eures Königs, Ygolas.«
Mit diesen Worten verließen Brass Shelian und Keandir die Gruppe der übrigen Elben. Die Krieger schlugen ein Lager auf und warteten auf die Rückkehr ihres Königs.
Keandir und Brass Shelian mussten ein paar steile Berghänge und schmale, gefährliche Pfade hinter sich bringen, und Keandir fragte sich, wie Brass Elimbor diesen Weg in seinem geschwächten Zustand hatte bestehen können. Zeitweilig
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