Elben Drachen Schatten
jetzt der Mond hinter den Wolken hervorgekommen. Er tauchte das Meer und den Hafen in ein seltsames, unheimliches Licht, doch hielt dieser Zustand nicht lange an, denn schon verschwand er wieder.
Ruhelos war Edro durch die Stadt geeilt, nur von Dunkelheit umgeben. Und eine unendliche, gähnende Finsternis war es auch, die in seinem Innern wohnte. Düstere Gedanken kamen ihm immer wieder.
Hätte jemand in diesem Augenblick in seine Augen geschaut, er wäre schaudernd zurückgewichen.
Sie waren so traurig und düster wie selten zuvor.
Was mochte diese Begegnung zu bedeuten haben?
Kopfschüttelnd verließ Edro den Hafen. Sich immer wieder um blickend schlich er durch die Straßen.
Aus einigen Tavernen Drang noch Licht in die Finsternis der Nacht, Gelächter und zänkisches Stimmengewirr waren zu hören.
Und ab und zu auch Musik.
Da! Da war er wieder, der Schatten.
In einiger Entfernung stand er da - an eine Mauer gelehnt. Der Schein einer Laterne fiel auf ihn, aber er war so finster wie er es auch bei ihrer ersten Begegnung gewesen war.
Edro zuckte zusammen. Seine Hand fuhr zum Schwertgriff und ein Schauder packte ihn.
Aber der Schatten bewegte sich nicht. Er stand ruhig da und schien Edro beobachten.
Der Dakorier nahm jetzt die Hand wieder vom Schwert. Er konnte sich seine Angst vor dem seltsamen Fremden einfach nicht erklären.
Schließlich wandte Edro sich um und betrat eine der Tavernen, aus denen noch Stimmengewirr drang.
Seltsame Gestalten drängelten sich am Schanktisch und ein gelbliches Dämmerlicht ging von einigen mit Ornamenten verzierten Lampen aus. Ihr Schein warf gespenstische Schatten auf die Gesichter der Zechenden.
Edro kümmerte sich nicht um sie und trat ans Fenster. Der Düstere war noch immer dort, wo Edro ihn zum letztenmal gesehen hatte. Nichts hatte sich an seiner Stellung geändert.
Er wartet auf mich, wurde es dem Dakorier nun plötzlich klar.
Aber was will er bloß von mir? Was habe ich mit ihm zu schaffen?
"Seht, Leute! Der da wirft keinen Schatten!", sagte jemand. Plötzlich trat Schweigen in der Taverne ein.
Edro wandte sich zu den Männern um, deren Blicke starr und von Erstaunen geprägt auf ihn gerichtet waren.
Und nun bemerkte auch Edro es: Er warf keinen Schatten, wie es die anderen taten. Er konnte sich drehen und wenden, wie er wollte, er warf keinen Schatten!
Er riss die Tür aus und hetzte wieder in die Dunkelheit der Nacht, die vor ihm wie ein riesiger, schwarzer Schlund gähnte. Da sah er den Düsteren immer noch dort stehen, wo er ihn zum letzten Mal gesehen hatte.
Er wartet auf mich!
War dieses Etwas sein Schatten?
Edro wusste nicht, wie er auf diesen Gedanken gekommen war. Es war eine erschreckende Idee.
Edro stand nun vor der Entscheidung, ob er einfach davonlaufen oder sich dem Schatten stellen sollte.
Er näherte sich dem Düsteren bis auf wenige Schritt.
"So sieht man sich wieder, Herr Edro!", sagte der Düstere.
"Ihr kennt mich?"
"Wundert Euch das?"
Nein. Es wunderte ihn nicht, stellte er seltsamerweise plötzlich fest. Er wusste nicht warum. Noch nicht.
"Ihr verfolgt mich!"
Der Düstere zuckte mit den Schultern.
"Wundert es Euch? Es ist mein Schicksal, Euch zu folgen!"
"Lasst mich in Zukunft in Ruhe, Fremdling oder es wird Euch schlecht ergehen! Ich will mit Euch nichts zu schaffen haben!"
Mit diesen Worten ging Edro an dem Düsteren vorbei.
"Es geht nicht danach, was Ihr wollt, Herr Edro! Ich gehöre zu Euch, ob Ihr`s nun wollt oder nicht! Und nicht einmal die Götter könnten etwas daran ändern!", rief ihm die düstere Gestalt nach.
Edro blieb einen Augenblick lang stehen und wandte sich um, ehe er dann in der Finsternis der Nacht verschwand.
Der Dakorier hatte die Nacht (oder besser gesagt den Rest davon) in einer Mauernische verbracht.
Als im Osten der Morgen graute, wachte er durch die ersten Sonnenstrahlen dieses neuen Tages auf.
Ja, er wusste jetzt, was er zu tun hatte: Er musste Rolsur verlassen. Wenn er ewig hierblieb, würde er niemals nach Elfénia gelangen.
Die Schwarze Blume des Todes...
Noch immer hielt der Gedanke an sie Edro gefangen.
Ja, es konnte gut sein, dass er eines Tages nach Rolsur zurückkehrte, um sich von der schwarzen Blume umarmen zu lassen, um sich in ewiges Vergessen sinken zu lassen - um zu sterben.
Aber noch war es nicht soweit. Noch war nicht erwiesen, dass es dieses Land Elfénia nicht gab.
Noch bestand Hoffnung.
Wohin sollte er sich wenden?
Ratlos schlenderte er am Hafen entlang. Jetzt
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