Elben Drachen Schatten
tränkte diesen Boden und je mehr Ahyr davon sah, um so wilder und verrückter wurde er. Schweigend sah Mergun dem Treiben des triumphierenden Gottes zu.
Als es an Taykors totem Körper nichts mehr zu zerstückeln und zu entstellen gab, wandte er sich dem sechsbeinigen Pferd des Gottes zu. Es lag am Boden und versuchte emporzukommen, aber es gelang ihm nicht. Ahyr hatte ihm im Kampf die beiden Vorderbeine abgehauen. Seltsames, öliges Blut quoll aus dem Wunden des Tieres.
Da rollte der Kopf des kuriosen Tieres in den Staub. Ehe es denn selbst endgültig niedersank, hatte ihm Ahyr noch ein Bein abgeschlagen. Das Tier zuckte noch einige Male, ehe es reglos und tot liegen blieb.
Ahyr umklammerte seine Streitaxt, atmete mehrmals tief durch und stürzte sich dann auf den Kadaver, wobei er einen barbarischen Schrei ausstieß. Nichts an diesem Schrei war menschlich (oder gar göttlich). Es war ein primitiver Urlaut.
Seine Axt ruhte nicht, bevor der tote Körper nicht völlig zerhackt und entstellt war. Mergun ekelte der Sadismus dieses Gottes an, aber im Augenblick konnte er nichts dagegen tun.
Schließlich schien der Blutdurst des Gottes aber gestillt zu sein.
Er seufzte schwer und steckte seine Axt weg. Dann erblickte er Mergun.
„Ich habe gesiegt!“, schrie er. „Ich bin der Sieger!“
Er lachte. „Willst du nicht vor einem Sieger in die Knie gehen?“
Mergun sagte nichts und musterte Ahyr verwundert. Dieser ließ sich einen Krug mit Wein geben. In hastigen Zügen trank er ihn aus und verlangte sogleich nach einem neuen. Ein irres Lachen entrang sich seinen göttlichen Lippen. Nachdem er den zweiten Krug geleert hatte warf er ihn von sich.
Dann wankte er auf Mergun zu. Er schlug ihm mit der flachen Hand auf die Schulter.
„Du bist heute mein Freund, Mergun! Du hast mir geholfen, zu siegen und darum sollst du für heute mein Freund sein.“
Mergun nickte lediglich. Er blickte in die drei flackernden Augen des Gottes. Sie waren alt und senil, unendlich alt.
„Wir wollen feiern! Feiern wir den Sieg!“, donnerte Ahyr.
Einer seiner Leute brachte ihm einen neuen Krug mit Wein und Ahyr nahm ihn.
*
Ahyr hatte viel getrunken - und er trank immer weiter. Es gab in Taykors Lager nichts mehr, was hätte geplündert werden können. Alles war zerrissen, zerstört und ausgeraubt.
„Es wäre ratsam, langsam aufzubrechen“, erklärte Mergun plötzlich sachlich. Er hatte bis jetzt munter mit Ahyr mitgefeiert und der abrupte Stimmungswandel des Wanderers verwunderte den Gott.
„Aufbrechen?“ Er lachte. „Mein lieber Freund, wohin sollen wir aufbrechen? Lass uns doch unseren Triumph feiern! Ein ganzes Jahr lang will ich hier sitzen und Wein trinken und feiern, verstehst du?“
„Wir sollten nach Balan zurückkehren! Die Leute dort werden Euch nach Eurem Sieg noch mehr verehren, als sie es ohnehin schon tun!“
„Ja, du hast recht, Mergun, sie werden mich noch mehr verehren! Sie werden nur noch mich verehren! Sie werden mich fürchten, wie sie sonst nichts auf der Welt fürchten! Sie werden mich jetzt mehr fürchten, als den Tod! Aber das werden sie auch später noch. Es ist nicht notwendig, jetzt nach Balan zurückzukehren.“
Merguns Augen funkelten listig und gefährlich. Aber Ahyr bemerkte dies nicht.
„Es wäre doch gut möglich, dass ein anderer Gott nach Balan kommt und sich die Stadt unterwirft, während Ihr hier herumfeiert, Ahyr!“
Ahyr blickte plötzlich auf. Seine Züge wurden finster und er schleuderte den halbgefüllten Weinkrug von sich. Als der Krug auf dem Boden aufschlug, zerbrach er.
„Verdammt, du hast recht! Du bist viel klüger, als ich dachte...“, brummte der Gott. Um ihn herum war plötzlich tiefes Schweigen eingekehrt. Ahyrs Augen bohrten sich in die Merguns. Der Wanderer spürte, wie die Blicke des Gottes seine Seele zu verschlingen drohten. Ein scheinbar grundloses Angstgefühl beschlich Mergun. Er spürte den sanften Druck auf seiner Seele.
„Wir brechen sofort auf!“, befahl Ahyr.
„Aber, Herr! Es ist dunkel!“ Irgendjemand hatte dies gesagt; Mergun konnte nicht ausmachen, wer.
Tatsächlich waren der Mond und die Sterne vor einigen Momenten wieder von Wolken bedeckt worden.
„Ich kenne die Gegend gut und finde den Weg auch bei Dunkelheit“, erklärte Mergun. Ahyr nickte befriedigt.
„Also, was ist? Was steht ihr hier noch herum? Wir brechen auf!“
Wenig später bewegte sich der lange Zug von Ahyrs Heer durch die Dunkelheit, und Mergun führte ihn an. Aber
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