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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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halten müssen. Nichts war wie sonst, ging es dem König durch den Sinn, und ein eigentümlicher Schauder erfasste ihn. Ein Schauder, wie er ihn zuletzt empfunden hatte, als er auf Naranduin dem Augenlosen Seher gegenüberstand.
    Und im nächsten Augenblick begriff Keandir auch, was ihn geweckt hatte. Es war der ferne Hufschlag von mindestens einem Dutzend Pferden. Der Hufschlag hatte eine ganz eigenartige Intensität, die ihn von allen anderen Wahrnehmungen dieser Art, an die ein Elb natürlich gewöhnt war, unterschied. Keandir dachte sogleich an Magolas' Schilderungen von seiner geisterhaften Begegnung mit dem Axtkrieger.
    Er schlug die Decke zur Seite, war hellwach und fühlte plötzlich eine unbestimmte Bedrohung.
    »Ruwen?«, fragte er.
    Vielleicht litt inzwischen auch seine Gemahlin unter Schlaflosigkeit. Verwunderlich wäre dies nicht, da er sie doch jedes Mal mit aus dem Schlaf riss. Vielleicht suchte auch sie Zerstreuung bei der Lektüre erbaulicher Elbenlyrik und hatte sich in die Bibliothek begeben. Aber tief in seinem Inneren wusste der König, dass er sich mit diesem Gedanken nur selbst beruhigen wollte.
    Keandir rief nach einem Kammerdiener, erhielt aber keine Antwort. Einer plötzlichen Ahnung folgend trat er an eines der Fenster und zog den Vorhang zur Seite. Durch die Ritzen der geschlossenen Läden blitzte Licht, und ihm wurde klar, dass er sich hinsichtlich der Tageszeit völlig getäuscht hatte.
    Er öffnete die inneren Fenster aus kunstvoll bemaltem Glas. Ruwen selbst hatte sie mit Motiven verziert, die auf den ersten Blick nur wie arabeske Verzierungen aussahen, bei näherem Hinsehen aber Szenen der elbischen Überlieferung darstellten. Danach öffnete Keandir die nach außen aufzuklappenden Läden. Das Sonnenlicht blendete ihn kurz, dann hatten sich seine hochempfindlichen Elbenaugen an die Helligkeit draußen gewöhnten.
    Noch immer drang der Hufschlag einer unheimlichen Reiterschar an seine Ohren. Ein Geräusch, das ständig anschwoll und bereits so intensiv war, dass es schmerzte.
    Als der König den Blick über die Türme, Wehrgänge und Zinnen der Burg schweifen ließ, glaubte er für einen Moment, seinen Augen und Ohren nicht mehr trauen zu dürfen. Nicht ein einziger Elbenkrieger patrouillierte auf den Wehrgängen, nicht ein Angehöriger des Elbenadels flanierte im Innenhof, und nicht eine einzige Elbenstimme drang an des Königs Ohr.
    Da war unmöglich, durchfuhr es ihn, und er rief nach den Dienern und den Wachen, aber niemand antwortete ihm oder erschien. Es war, als würde sich der König allein im Palas befinden, was normalerweise nie der Fall war, da immer eine große Zahl von Dienern und Wächtern in dem großen Residenzgebäude der Inneren Burg weilte.
    Keandir zog sich rasch an. Nachdem er die eng anliegenden Hosen und das Wams angelegt hatte, nahm er auch sein Schwert Schicksalsbezwinger von der Wand und schnallte sich den Waffengurt um die Hüfte. Er zog Schicksalbezwinger aus der Scheide und berührte mit dem Zeigefinger der linken Hand die gut sichtbare Stelle, an der die Klinge einst gebrochen war.
    »Vielleicht wirst du bald beweisen müssen, dass du deinen Namen zurecht trägst, Schicksalsbezwinger«, murmelte er, dann schob er das Schwert zurück in die Scheide, riss die Tür des königlichen Gemachs auf und trat auf den Flur.
    Die Krieger, die normalerweise über den Schlaf des Elbenkönigs wachten, schienen ihren Posten verlassen zu haben. Jedenfalls waren sie nirgends zu sehen.
    »Ruwen!«, rief Keandir laut, dass seine Stimme zwischen den hohen Wänden des Korridors widerhallte. Er machte sich zunehmend Sorgen. »Ruwen!« Er hatte das Gefühl, schreien zu müssen, weil der Hufschlag der herannahenden Reiter so sehr in seinen Ohren dröhnte, als wären sie direkt auf ihn zugeprescht.
    Keandir ging auf direktem Weg in die Bibliothek, in der Hoffnung, dort vielleicht seine geliebte Ruwen anzutreffen. Unterwegs traf er nicht auf einen einzigen Elben. Er schien vollkommen allein im Palas zu sein. Auch die Bibliothek machte einen verlassenen Eindruck. Von Ruwen keine Spur.
    Keandir war mittlerweile davon überzeugt, dass Magie am Werk war. Eine andere Möglichkeit kam für ihn nicht in Frage, denn dies war ganz bestimmt kein neuerlicher Albtraum. Eine unheimliche Schattenwelt schien die Wirklichkeit mit ihrer Magie zu überlagern und war real geworden.
    Er verließ den Palas und schritt über die Stufen des Portals in einen wie ausgestorben wirkenden inneren Burghof. Er

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