Elben Drachen Schatten
gegen die heraufdämmernden Bedrohungen verteidigen und erhalten zu können.
Noch immer wurde die »Tharnawn« von Kapitän Garanthor kommandiert. An der Spitze des Verbandes aus acht Schiffen fuhr König Keandir mit ihr gen Süden, die Küste entlang. Zunächst passierte man die Meerenge zwischen Elralon und Hochgond, die gleichzeitig die Provinz Hoch-Elbiana von West-Elbiana trennte. Dann ging es weiter die Küste entlang, vorbei an den blühenden und in überirdischer Schönheit erstrahlenden Elbenstädte Baranee, Baranor und Mittelhaven, die Keandir wie an einer Kette aufgereihte Juwelen erschienen, wobei jene Kette die fruchtbare Küstenebene von Mittel-Elbiana war.
In Tiragond, an der Mündung des Flusses Tir, der die natürliche Grenze zwischen Mittel- und Nieder-Elbiana darstellte, legte die Flotte an. Es wurden einige zusätzliche Vorräte an Bord genommen. Außerdem nahm Keandir die Gelegenheit wahr, mit dem örtlichen Stadthalter zu sprechen.
»Vielleicht hätte ich schon viel früher wieder in meinem Reich herumreisen sollen, um mich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, wie die Dinge stehen«, meinte er an Siranodir mit den zwei Schwertern gewandt, der ihn bei dieser Reise begleitete.
Die Flotte setzte ihren Weg nach Süden fort und erreichte schließlich Nurandor, die an der Mündung des gigantischen Stromes Nur gelegene Residenz des Herzogs von Nuranien. Die Schiffe von Keandirs Flotte legten auch in diesem Hafen an, und Keandir stellte fest, dass sich um die herzogliche Burg eine ansehnliche Stadt gebildet hatte, in welcher der Handel zu blühen schien. Waren wurden die Küste entlang zu den im Süden Nuraniens gelegenen Hafen Hadlanor oder gar in die Häfen Elbaras verschifft. Ein anderer Warenstrom verlief den Nur flussaufwärts bis zu den nieder-elbianitischen Flusshäfen Minasar und Siras, manchmal sogar bis zu dem an der Küste des Nur-Quellsees gelegenen Turandir, das bereits zum Herzogtum Nordbergen gehörte.
Hin und wieder, so hörte Keandir von Ygolas, dem Herzog von Nuranien, fanden sogar Schiffe aus Aratan oder dem Reich des Seekönigs von Ashkor und Terdos den Weg bis Nurandor.
»Ihr treibt Handel mit den Rhagar?«, fragte Keandir, der mit Herzog Ygolas in dessen Residenzburg konferierte. An den Wänden des großen Empfangssaals hingen zahlreiche Hörner in unterschiedlichsten Größen und Ausführungen. Sie stammten noch aus jener Zeit, als Merandil der Hornbläser als erster Herzog Nuraniens in dieser Feste residiert hatte; er war in der Schlacht an der Aratanischen Mauer gefallen. Erinnerungen an diesen getreuen Gefolgsmann kamen in Keandir auf, als er die Instrumente sah.
»Wir treiben auch Handel mit den Rhagar«, bestätigte Herzog Ygolas. »Ich bin in den letzten Jahren übrigens selbst wiederholt in den Ländern der Rhagar gewesen, im Kaiserreich der Südwestlande, in Norien, Aratan … Diese Länder sind mittlerweile beinahe genauso zivilisiert wie die Staaten der Tagoräer. Und das Reich des Seekönigs von Ashkor und Terdos baut inzwischen Schiffe, die zwar noch nicht das elbische Niveau erreichen, aber durchaus schon den Schiffsbauern von Tagora Konkurrenz machen. Es hat sich dort viel getan – und nicht alles sollte uns Sorgen bereiten, mein König.«
»Gerade Letzteres freut mich außerordentlich zu hören«, sagte Keandir.
Ygolas führte ihn auf den Balkon des Haupthauses der herzoglichen Residenz, von wo aus man einen hervorragenden Blick über die Stadt Nurandor und die Mündung des Nur hatte, die eher an einen breiten Meersarm erinnerte. »Viele Rhagar leben jetzt in der Stadt«, sagte Ygolas. »Sie stammen aus Elbara, wo Herzog Branagorn sie ganz bewusst angesiedelt hat.«
»Ja, ich erinnere mich an unser Gespräch während des letzten Ankunftsfests in Elbenhaven«, sagte Keandir.
»Ich war zunächst nicht ganz so enthusiastisch wie Branagorn, aber inzwischen sehe ich, wie wichtig es für Nuranien ist, dass es dichter bevölkert wurde. Die Elben profitieren davon ebenso wie die Menschen.«
»Und wenn es zum Krieg käme?«, fragte Keandir.
»Die Menschen stellen inzwischen fast ein Viertel der Stadtwache von Nurandor«, erklärte Ygolas. »Und ich glaube, in Hadlanor ist es sogar ein Drittel. Aber ich habe keinen Anlass, an der Loyalität dieser Krieger zu zweifeln. Wenn es zum Krieg käme, würden sie auf der Seite Nuraniens kämpfen. Die Rhagar scheinen mir ohnehin von Natur aus wenig Scheu davor zu haben, sich gegenseitig zu töten. Die zahllosen Kriege,
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