Elben Drachen Schatten
nach äonenlangem Verfall noch zu erkennen ist«, stimmte ihm Ygolas der Bogenschütze zu.
Merandil der Hornbläser nickte. »Wer sonst sollte die hässlichen Köpfe dieser Kreaturen überall abgebildet haben als ihre eigenen Bildhauer.«
Ein amüsiertes Lächeln flog über Siranodirs Gesicht. »Für die Vorfahren dieser Halbtiere waren sie gewiss Sinnbilder vollkommener Schönheit.«
»Ihre Kultur muss in einem langen Prozess des Niedergangs zerfallen sein«, sagte Prinz Sandrilas, »aber diese Bauten und Reliefs zeugen noch von der Blütezeit dieser seltsamen Rasse.«
Auf einmal wirkte der Fährtensucher sehr ernst und in sich gekehrt. »Ich frage mich, was von uns Elben bleibt, wenn unsere Schiffe an irgendeiner Küste stranden und dort allmählich verrotten, bis das Meer sie sich als Treibgut holt. Unsere Lieder und unsere Magie, unsere Philosophie und unsere Bücher – all das wird schneller vergehen, als wir denken, und nichts davon wird eine Spur hinterlassen und auf unsere einstige hohe Kultur hindeuten, wie es die steinernen Hinterlassenschaften dieser affenartigen Halbtiere tun.«
»Verliert euch nicht in Melancholie, werter Lirandil«, sagte Prinz Sandrilas. »Dazu ist die Aufgabe zu wichtig, auf die wir uns nun konzentrieren müssen.«
Damit setzte er sich wieder in Bewegung, schritt auf das Bergmassiv mit dem Affenkopf zu, und seine Leute folgten ihm.
Auf dem Weg dorthin entdeckte Ygolas einen Speer und einen Helm, beides ohne Zweifel Zeugnisse elbischer Schmiedekunst. Ygolas besah sich den Speer und sagte: »Hier ― das Zeichen des Schmiedes Garadas, mit dem er alle Speerspitzen aus seiner Fertigung kennzeichnet!«
»Ich kenne Garadas«, sagte Sandrilas düster. »Er fährt auf der Tharnawn.«
Auf Speer und Helm klebte eingetrocknetes Blut. Da sich allerdings keine Spuren eines Kampfes fanden und erst recht nicht die Reste eines Äfflingsmahls, blieb nur eine Erklärung dafür, dass Helm und Speer an diesem Ort lagen:
»Ich nehme an, dass beides im Flug verloren wurde«, sagte Thamandor. »Und was das Blut betrifft …«
»… müssen wir damit rechnen, dass der Unglückliche, dem diese Gegenstände gehörten, nicht mehr am Leben ist«, vollendete Siranodir mit den zwei Schwertern, weil Thamandor nicht mehr weitersprach.
Sandrilas nickte, dann befahl er: »Weiter!«
Am Fuß des Massivs angekommen, suchten die Elben zunächst nach einer Möglichkeit des Aufstiegs. Lirandil fand schließlich einen schmalen, in den Stein gehauenen Treppenaufgang, der aus der Ferne nicht zu sehen gewesen war.
» Ein Volk, das zu fliegen vermag«, hatte Siranodir noch vor kurzem gesagt, »wird wohl kaum einen komfortablen Fußweg angelegt haben.« Nun, als »komfortabel« konnte man die steilen, schmalen Stufen nicht bezeichnen, deshalb verzichtete Thamandor der Waffenmeister darauf, den Elbenkrieger mit den zwei Klingen an seine Worte von vorhin zu erinnern.
Über der Schlucht kreisten einige Äfflinge. Sie glitten beinahe lautlos dahin, mit weit ausgebreiteten Flügeln, und ihre Waffen blinkten im Schein der Sonne.
»Die beobachten uns«, war Thamandor überzeugt.
»Wir sind diesmal womöglich einfach zu viele, sodass sie es nicht wagen, einfach gleich anzugreifen«, glaubte Ygolas der Bogenschütze.
»Oder wir haben uns inzwischen einen Ruf als gute Kämpfer bei ihnen erworben«, überlegte Siranodir. »Sicherlich haben sie mit ihren von Magie erfüllten Waffen bisher immer leichte Beute machen können und sind kaum auf Gegenwehr gestoßen.«
Lirandil der Fährtensucher führte den Trupp wieder an. Die Elbenkrieger mussten hintereinander die schmalen Stufen hinaufsteigen. In die Felswand waren Reliefs geschlagen, die vor langer Zeit auch bemalt gewesen waren. Die Farben waren kaum noch erkennbar. Sonne, Wind und Regen hatten sie bis auf wenige Reste im Laufe der Zeit abgetragen oder verblassen lassen. Hier und dort fehlten auch ganze Szenen. Hatte der Zahn der Zeit diese wagenradgroßen Bruchstücke herausgesprengt, oder waren es die degenerierten Äfflinge gewesen, die in den Arbeiten ihrer Vorfahren dämonische Gegner gesehen hatten?
Mit Sorge beobachtete Prinz Sandrilas, wie sich immer mehr Äfflinge am Himmel sammelten und einen Schwarm bildeten, der bald aus hundert und mehr dieser Geschöpfe bestand. Sie alle waren gut bewaffnet. Jeder von ihnen trug mehrere Speere oder Dreizacke bei sich, deren Spitzen sie gewiss in jener Art von magischem Feuer gehärtet hatten, in die auch Sandrilas seine
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