Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
stärker geworden, und der Wind hatte aufgefrischt. Brass Shelian, der oberste Schamane der Elben, hatte dem König am Abend zuvor gesagt, dass die Elementargeister des Windes und des Wassers in Unruhe geraten seien, und so war es kein Wunder, dass das Wetter umgeschlagen war.
Früher waren die Schamanen und Magier der Elben in der Lage gewesen, die Elementargeister zu beeinflussen. Aber das war schon lange vor der Ankunft der Elben im Zwischenland nicht mehr so gewesen, und mittlerweile konnte man froh sein, wenn ein Schamane die Elementargeister überhaupt spürte.
Selbst dies gelang ihnen nicht immer, was ein weiteres Zeichen dafür war, wie schwach die Magie der Elben inzwischen geworden war. Daron und Sarwen waren in dieser Hinsicht König Keandirs große Hoffnung, zumal sich Andir in die Einsamkeit zurückgezogen hatte und nicht mehr damit zu rechnen war, dass er jemals zurückkehrte, zumindest für die nächsten Zeitalter nicht ...
Die Augen des Königs wurden für einen Moment ebenso schwarz, wie es bei seinen Enkeln der Fall war, wenn sie die dunkle Magie in ihrem Inneren konzentrierten. Seine linke Hand legte sich um den Griff des Schwertes Schicksalsbezwinger, das er an seiner Seite trug. Er versuchte zu Daron oder Sarwen eine geistige Verbindung herzustellen, und zumindest bei Daron gelang ihm dies für einen kurzen Moment.
„Alles in Ordnung? Ich hatte das Gefühl, dass ihr in Not seid ...“
„Wir sind auf dem Rückweg“, lautete Darons geistige Antwort. Dann wurde die Verbindung so schwach, dass nur noch das Gefühl der Verbundenheit blieb und die Gewissheit, dass es dem jeweils anderen tatsächlich gut ging und er sich nicht in Gefahr befand.
Doch hinsichtlich Sarwen hatte König Keandir dieses Gefühl nicht. Warum es ihm in diesem Moment nicht gelingen wollte, eine geistige Verbindung zu dem Elbenmädchen herzustellen, wusste er nicht, aber erstens hatte Daron ihm immer schon näher gestanden als seine Enkelin, und daher war es stets leichter für ihn gewesen, selbst über größere Entfernungen hinweg mit seinem Thronfolger in Kontakt zu treten, und zweitens hätte Daron ihn sicherlich wissen lassen, wenn mit Sarwen irgendetwas nicht in Ordnung gewesen wäre.
Schritte ließen den König der Elben aufhorchen, und zudem vernahm er einen Herzschlag, der ihm vertraut war. So war Keandir keineswegs überrascht, als die Heilerin Nathranwen hinter ihm erschien.
„Offenbar könnt auch Ihr keinen Schlaf finden, Nathranwen“, sagte der König, ohne sich nach ihr umzudrehen.
„Ich spüre Eure Unruhe schon den ganzen Tag lang“, erklärte sie und stellte sich neben ihn an die zinnenbewehrte Brüstung.
„Ich dachte schon, es wäre Euch vielleicht gelungen, eine geistige Verbindung mit Sarwen herzustellen“, sagte Keandir.
„Früher war mir das ab und zu möglich, aber seit einiger Zeit nicht mehr“, gestand sie.
„Könntet Ihr dafür einen Grund nennen?“
Nathranwen nickte. „Sie will es einfach nicht mehr und empfindet meine Fürsorge als Bevormundung. Eure Enkelin mag sich jederzeit an mich wenden, mein König, doch ich werde es akzeptieren, wenn sie sich ansonsten vor mir verschließt.“
Keandir schwieg dazu und ließ den Blick über die an Burg Elbenhaven angrenzende Stadt und den Hafen schweifen. Überall brannten Lichter, sodass Daron und Sarwen keine Schwierigkeiten haben sollten, den Weg zurückzufinden.
„Ich erinnere mich immer öfter an die Zeit, als wir Elben hier mit unseren Schiffen landeten“, sagte er schließlich. „Hier, in dieser Bucht, in der damals nur Wildnis war ...“
„Ein König sollte nicht in die Vergangenheit blicken“, sagte Nathranwen. „Nicht zu lange jedenfalls.“
„Seltsam, dass Ihr dies äußert“, meinte Keandir. „Das Gleiche hat auch mein Vater Eandorn mir einst gesagt, als sich unser Volk noch auf der langen Seereise befand. Vielleicht ist bald der Zeitpunkt gekommen, da ich die Krone ablegen sollte.“
„Der, den Ihr als Nachfolger ausgesucht habt, ist noch nicht soweit, dass er Eure Stelle einnehmen könnte“, entgegnete Nathranwen mit gütigem Lächeln. „Er wird noch wachsen müssen – und zwar nicht nur äußerlich, sondern vor allem innerlich.“
„Da habt Ihr sicher recht“, stimmte der König zu. „Aber wenn Ihr Daron eine Medizin ins Essen träufeln könntet, die ihn zumindest körperlich endlich erwachsen werden lässt, wäre das ein Anfang.“
„Der Wunsch eines Königs - und doch wisst Ihr, dass er nicht
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