Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
gesammelt hatten, und die Menschenärzte waren so schlecht, dass sie den Zustand der ihnen Anvertrauten eher verschlimmerten.
So hatte Rumandor alle Hände voll zu tun.
Während Daron an der Tafel des Statthalters Platz nahm, hörte er mit seinen sensiblen Elbenohren die Katapultgeschosse der Gnomen durch den Himmel pfeifen.
„Ich war vorhin etwas unwirsch, als ich feststellte, dass man sich in Elbenhaven nichts Besseres hat einfallen lassen, als uns die Flammenspeere zukommen zu lassen“, begann der Fährtensucher Lirandil. „Dafür möchte ich mich entschuldigen.“
Thamandor hatte natürlich beide Flammenspeere mit in den Palas genommen und sich trotz seiner Schmerzen nicht dabei helfen lassen. Wenn es nicht unbedingt nötig war, ließ er niemanden an die beiden Waffen heran, die er fast wie Heiligtümer behandelte. Daron fragte sich, wen er wohl mit dem zweiten Speer hätte schießen lassen, wären diese Waffen zum Einsatz gekommen. Wahrscheinlich niemanden, dachte der Elbenjunge. Stattdessen hatte er beide Flammenspeere bestimmt allein bedienen wollen.
Der Waffenmeister betrachtete prüfend die beiden Speere, die er ganz vorsichtig auf die Tafel abgelegt hatte, dann sah er Lirandil an. „Es ist schön, dass Ihr Euch für Euren Hochmut entschuldigt, alter Freund“, grummelte er.
„Unter anderen Umständen würde ich mich über dieses Thema gern mit Euch streiten, werter Thamandor, und ich würde mir dafür vielleicht sogar ein paar Jahrzehnte oder auch ein Jahrhundert Zeit nehmen. Aber die Lage ist ernst. Zu ernst, als dass wir uns mit solchen Kleinigkeiten aufhalten dürfen.“ Damit wandte er sich an Daron. „Ich hatte wirklich sehr gehofft, dass auch deine Schwester mitkommen würde. Denn ich fürchte, für dich allein ist die Aufgabe zu schwer, die dich hier erwartet. Auch wenn du noch so magisch begabt sein magst, deine Kräfte allein werden nicht ausreichen.“
„Von welcher Aufgabe sprecht Ihr?“, fragte Daron.
Lirandil antwortete nicht direkt. Stattdessen sagte er: „Zehn Jahre ist es nun her, da der abtrünnige Elbenmagier Jarandil floh. Für uns Elben ist das nur ein Augenblick, aber dort draußen, in den Ländern der Menschen, Blaulinge, Trorks und was es dort sonst noch für Völker gibt, ist es eine lange Zeit, die ich für eine Reise in die Länder des Ostens nutzte. Ich war im Reich Maduan, wo die Blaulinge leben, und in der Gnomenstadt Rhô in Hocherde. Ich durchstreifte das Reich der echsenartigen Whanur und gelangte schließlich auch nach Skara ...“
„Zum Knochenherrscher!“, rief Daron.
„Ja, so nennt man das geheimnisvolle Wesen allgemein, das dieses Land regiert. Und man erzählt sich die schauerlichsten Geschichten über den Herrn des sechseckigen Turms, der sich von einer Garde aus Echsenkriegern bewachen lässt. Schon im Reich der Whanur kamen mir immer wieder Gerüchte zu Ohren, dass angeblich ein Magier dem Knochenherrscher zu Diensten ist, der aussähe wie ich: hoch gewachsene Gestalt, blasse Haut und spitze Ohren. Manch einer wollte sogar einen Namen aufgeschnappt haben: Jarandil!“
„Jarandil wollte die Macht im Elbenreich an sich reißen“, erinnerte Daron.
„Und das hat er immer noch vor“, war Lirandil überzeugt. „Jedenfalls wagte ich mich in die Stadt des Knochenherrschers. Ein furchtbarer Ort. Es wird dort Tag und Nacht gearbeitet, und die Stadt wird dafür so grell erleuchtet, und es einem Elben in den Augen schmerzt. Aber das war es nicht, was mir besonders in Erinnerung blieb.
Es gelang mir, unerkannt in die Nähe des Herrschers zu gelangen“, fuhrt Lirandil fort. „Doch ich musste mich vorsehen, nicht von der Vielzahl magischer Trugbilder in die Irre geführt zu werden. Nun, da erzähle ich dir wohl nichts Neues, Daron, schließlich waren Sarwen und du ja auch schon dort. Doch auch wenn ich nicht über derart enorme magische Kräfte verfüge wie ihr beide, so bin ich doch nicht völlig unbegabt in dieser Hinsicht.“
Bei dieser Bemerkung vermied Lirandil einen Blick in Thamandors Richtung. Dennoch fühlte sich dieser angegriffen und verzog das Gesicht. Allerdings wollte wohl auch er den Streit nicht wieder aufleben lassen, und so schluckte er die Bemerkung, die ihm sicherlich schon auf der Zunge lag, wieder herunter.
„Als Fährtensucher habe ich gelernt, auch auf die kleinsten Geräusche des Waldes zu achten und sie aus der Vielzahl von Tierstimmen und Lauten herauszuhören“, sagte Lirandil. „So konnte ich, während ich in der
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