Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
Buch in Anspruch nehmen zu lassen.“
„Ach was!“, beschwerte sich Sarwen. „Das hast du doch mit Absicht getan!“
„Stell dich nicht so an.“
„Wenn wir erst in Berghaven sind, muss ich das ›Buch der Vertreibungsmagie‹ dem Herzog von Nordbergen übergeben und werde dann wohl für lange Zeit keine Gelegenheit mehr erhalten, darin zu lesen. Und dabei hatte ich gerade das Gefühl, einen der Sprüche vollkommen begriffen zu haben, der mir zuvor noch ungeheuer rätselhaft erschien …“
Darons Augen wurden plötzlich vollkommen schwarz, sodass nichts Weißes mehr darin auszumachen war. Ein Zeichen dafür, dass er seine magischen Kräfte sehr stark konzentrierte. Es dauerte nur einen kurzen Moment, aber Sarwen spürte es, obwohl sie die Augen ihres Bruders nicht sehen konnte, da sie hinter ihm saß.
„Was ist los, Daron?“
„Ich weiß nicht“, sagte er laut, offenbar weil er mit seinen Gedanken anderweitig beschäftigt war. Auf seiner eigentlich glatten Stirn war auch eine deutlich sichtbare Falte zu erkennen, als er den Kopf wandte, um Sarwen über die Schulter hinweg anzusehen.
„Irgendwas mit Rarax?“, fragte das Elbenmädchen.
Er nickte. „Er scheut vor den dunklen Tälern zurück.“
„Warum?“
„Er fürchtet sich.“
„Aber dazu besteht doch kein Grund!“
„Vielleicht ist er deswegen gerade so ruckartig aufgestiegen.“
„Beruhigen wir ihn mit vereinen magischen Kräften“, schlug Sarwen vor.
Aber Daron hielt das für übertrieben. „Lies du ruhig in deinem Buch, ich komme schon allein mit unserem Fledertier zurecht. Das wäre doch gelacht.“
Und während der Elbenjunge das sagte, füllten sich seine Augen abermals vollkommen mit Schwärzte. Diesmal allerdings bleiben sie schwarz.
Auf einmal stieß Rarax einen Schrei aus, der so schrill war, dass Daron und Sarwen gerade noch ihr empfindliches Elbengehör dagegen abschirmen konnten, um nicht einen dauerhaften Schaden zu erleiden.
„Ganz ruhig!“ , schickte Daron einen energischen Gedanken an das Riesenfledertier. Das riesenhafte Flugungeheuer ließ daraufhin ein dumpfes Knurren hören. Es fügte sich Darons Kräften, machte aber andererseits deutlich, wie sehr ihm das missfiel.
„Ich frage mich, was er hat“ , dachte Sarwen. „Hier gibt es dich wirklich nichts, wovor …“
Ihr Gedanke brach ab, denn ein deutliches Unbehagen machte sich plötzlich in Sarwens Magengegend bemerkbar. Ein Gefühl, das allerdings nicht mit gewöhnlichem Hunger zu tun hatte, denn längere Zeit ohne Nahrung auszukommen war für Elben kein Problem. Und für Daron und Sarwen galt das ganz besonders, denn sie hatten sich schon seit vielen Jahrzehnten entschieden, zunächst nicht mehr zu wachsen, sodass sie ohnehin weniger Nahrung brauchten.
Das ungute Gefühl, das Sarwen verspürte, rührte von einer unbekannten magischen Kraft, die sie nur ganz kurz wahrnahm. Und sie brauchte nicht einmal Darons Gedanken zu lesen, um zu erkennen, dass er es auch gespürt hatte.
„Was war das?“, fragte Sarwen ihren Bruder lautlos.
„Keine Ahnung. Ich habe immer gedacht, dass die dunklen Täler Nordbergens völlig unbewohnt sind.“
„Vielleicht gilt das nicht für alle Dunkeltäler“, vermutete Sarwen.
Oft genug hatte sich Daron mit seinem Großvater König Keandir die Karten des Elbenreichs angesehen, denn der Elbenkönig war der Ansicht, dass sein Nachfolger über sein zukünftiges Reich Bescheid wissen sollte. Nordbergen lag so weit vom Hof in Elbenhaven entfernt, dass Herzog Isidorn dort für den König regiere musste, und nur wenige Elben lebten dort, der Großteil von ihnen in der Stadt Berghaven im Norden und ein kleinerer Teil in der Stadt Turandir im Süden. Das Land dazwischen war größtenteils unbewohnt, so hatte Daron von seinem Großvater erfahren.
Der Elbenjunge blickte hinab in die Tiefe. Sie überflogen gerade eines jener Täler, die so tief waren, dass dort ewige Finsternis herrschte, denn gleichgültig, von welcher Seite die Sonne auch schien, der Grund des Tals lag stets im Schatten.
Die Schwärze in jenem Tal, das Rarax gerade überflog, war jedoch so finster, dass nicht einmal Darons scharfe Elbenaugen bis zum Boden zu blicken vermochten. Es sah fast so aus, als wäre da ein dunkler Schlund, der direkt in ein finsteres Nichts führte.
Daron schauderte, denn er fühlte plötzlich von dort unten eine Kälte aufsteigen, wie er sie nie zuvor gespürt hatte. Er murmelt einen Wärmezauber und hörte, wie Sarwen es ihm
Weitere Kostenlose Bücher