Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
mit
seinem eigenen Körper abschirmte, um Mordreds überempfindliche Augen nicht mehr so stark zu blenden. »Besser so?«
Mordred wollte die Hände heben, vielleicht nur, um sich
die Tränen aus den Augen zu wischen, aber die Kette war
zu kurz und beendete die Bewegung abrupt.
Lancelots Betroffenheit wich für einen Moment heißem
Zorn. Er wusste, dass dieser Mann nicht nur Artus und
ihn, sondern jeden Menschen in ganz Camelot getötet hätte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ein Menschenleben war ihm rein gar nichts wert, das hatte Lancelot schließlich am eigenen Leibe erfahren. Und er hätte
nicht eine Sekunde gezögert, Mordred mit dem Schwert in
der Hand gegenüberzutreten und ihn in einem fairen
Kampf zu erschlagen. Aber eine Behandlung wie diese
war einfach … menschenunwürdig.
»Ihr seid es tatsächlich«, murmelte Mordred.
»Ihr sprecht, als hättet Ihr nicht mehr damit gerechnet«,
sagte Lancelot.
Mordred schwieg.
»Aber wie Ihr seht, bin ich gekommen. Artus sagte mir,
Ihr wolltet mich sehen?« Mordred schwieg weiter.
Vielleicht war er einfach zu schwach um zu sprechen.
»Seid Ihr … gesund?«, fragte Lancelot. Er kam sich bei
dieser Frage selbst lächerlich vor und Mordreds Antwort
bestand aus einem Krächzen, das vermutlich ein Lachen
hätte werden sollen.
»Selbstverständlich«, entgegnete er. »Camelot ist doch
für seine Gastfreundschaft berühmt, oder nicht? Schaut
Euch nur um! Ihr seht, dass es mir an nichts fehlt.«
»Immerhin seid Ihr am Leben«, antwortete Lancelot.
»Das ist beinahe mehr, als ich erwartet habe, nachdem ich
von Eurem Mordversuch an Artus hörte.«
Mordred sah ihn auf sonderbare Weise an. »Hat er Euch
das erzählt?«
»Das war nicht nötig«, antwortete Lancelot. »Ich wusste
es auch so.«
»Ja«, murmelte Mordred. »Das dachte ich mir.«
»Warum kämpft Ihr auf Seiten der Pikten?«, fragte Lancelot. »Hasst Ihr Artus so sehr, dass Ihr bereit seid, ein
ganzes Land zu zerstören, nur um einem Mann zu schaden?«
»Es muss wohl stimmen, was man sich über Euch erzählt«, murmelte Mordred mit einem Auflachen, das fast
unmittelbar in ein trockenes, qualvolles Husten überging.
»Was erzählt man sich denn über mich?«, fragte Lancelot.
»Dass Ihr ein tapferer Mann seid«, antwortete Mordred,
nachdem er wieder halbwegs zu Atem gekommen war.
»Ein nahezu unbesiegbarer Ritter und großer Held auf
dem Schlachtfeld – aber nicht besonders klug.«
»Ach?«
»Ihr dürft Artus nicht vertrauen«, sagte Mordred. »Ich
weiß, dass Ihr auf seine gewinnende Art hereingefallen
seid wie alle anderen auch. Auf seine großen Worte von
Frieden und Wohlstand, die er den Menschen bringen will,
der Freiheit.« Er schüttelte den Kopf. Seine Ketten klirrten. »Ihr wisst nichts, Ihr Narr!«
»Dann erklärt es mir«, verlangte Lancelot. Er hatte ein
ungutes Gefühl. Im Grunde hatte er nichts anderes von
Mordred erwartet und eigentlich sollte er sich hüten, seine
Worte in irgendeiner Weise ernst zu nehmen. Und dennoch spürte er, dass sie mehr waren als das wirre Gerede
eines Mannes, der halb wahnsinnig vor Hunger, Kälte und
Fieber war. Aber er schüttelte den Kopf und sagte: »Genug, Mordred. Ich bin nicht gekommen, um Eure Beschimpfungen anzuhören. Wenn Ihr mir etwas zu sagen
habt, dann tut es.«
»Ihr würdet mir ja doch nicht zuhören«, murmelte Mordred. »Geht zu Eurem geliebten König Artus und dient
ihm, solange er Euch gebrauchen kann. Oder besser gesagt: Euer Schwert. Lange wird es nicht sein.«
»Wie meint Ihr das?«
»Beherrscht es Euch schon?«, fragte Mordred mit einem
leisen und bösen Lachen. Lancelot lief ein eisiger Schauer
über den Rücken. Er sagte nichts, aber sein Schweigen
schien Mordred Antwort genug zu sein, denn er nickte ein
paar Mal und fuhr fort: »Noch nicht, nehme ich an. Es ist
noch zu früh, nicht wahr? Aber Ihr hört seine Stimme
schon. Ihr spürt seinen Durst.«
»Ihr redet wirres Zeug«, sagte Lancelot. Selbst in seinen
eigenen Ohren klangen die Worte nicht überzeugend und
Mordred machte sich auch nicht die Mühe, darauf einzugehen.
»Benutzt es ruhig weiter«, sagte er. »Werdet zum Helden, solange Ihr dazu in der Lage seid. Und wenn es zu
spät ist, dann fragt Euch einmal, warum Merlin Excalibur
damals in den Stein gestoßen hat.« Er hustete wieder. Es
klang gequält. »Und jetzt verschwindet endlich. Ich bin
müde und will schlafen.«
Lancelot sah ihn nachdenklich an. Mordreds Worte
schienen keinen Sinn zu

Weitere Kostenlose Bücher