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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinzu. Er
schüttelte rasch den Kopf, als er den Ausdruck auf Lancelots Gesicht sah und dieser etwas erwidern wollte.
»Spart Euch die Höflichkeiten, Sir Lancelot. Ich habe
Euch kämpfen sehen.« Er zögerte einen Moment. »Da ist
noch etwas, worum ich Euch bitten möchte.«
»Was?«
»Ihr wisst, dass es uns gelungen ist, Mordred gefangen
zu nehmen.«
Ob Lancelot das wusste? Er musste sich beherrschen, um
einfach nur ganz ruhig mit dem Kopf zu nicken. Er wusste
es nur zu gut. Immerhin hatte er für die Gefangennahme
von Artus’ Sohn um ein Haar mit dem Leben bezahlt.
»Ich möchte, dass Ihr mit ihm redet«, fuhr Artus fort.
»Er sitzt seit fast zwei Wochen im tiefsten Kerker Camelots, aber er weigert sich beharrlich, mit mir oder mit irgendjemand anderem zu sprechen. Er hat nach Euch gefragt. Er hat mich wissen lassen, dass er – wenn überhaupt
– nur mit Euch zu sprechen bereit ist. Das hat mir große
Sorge bereitet.«
»Wieso?«
»Weil ich in Sorge war, dass Euch etwas zugestoßen
sein könnte«, sagte Artus. »Es würde zu Mordred passen,
sich dazu bereit zu erklären, mit einem Mann zu reden,
von dem er ganz genau weiß, dass er nie wiederkommen
wird.«
Ja, dachte Lancelot, das war ganz genau der Mordred,
den auch er kannte. Dennoch erstaunten ihn Artus’ Worte.
Mordred mochte ihr Feind sein, der Feind Camelots, selbst
der Feind Artus’ – aber er war Artus’ Sohn, und auch
wenn niemand hier auf Camelot dies wusste und Artus
davon ausgehen konnte, dass der alte Zauberer Merlin
dieses Geheimnis mit ins Grab genommen hatte, so waren
der Zorn und die Verachtung in seiner Stimme, als er über
Mordred sprach, doch eindeutig zu stark um nur gespielt
zu sein. Lancelot erschauerte innerlich. Was musste geschehen sein, dass ein Vater seinen eigenen Sohn so sehr
hasste?
»Ich werde es versuchen«, versprach er. »Wann?«
»Ich muss mich jetzt um unseren Gast, den Bischof,
kümmern«, sagte Artus. »Die Wache wird Euch hinunter
in den Kerker bringen. Ich werde Euch folgen, so schnell
ich kann.«
    Der Kerker lag tief unter den Mauern Camelots, tiefer
noch als die Weinkeller, die Schatzkammern und Vorratsräume und die normalen Verliese, in denen sich dann und
wann ein unglückseliger Besucher aufhielt. In all den Jahren, die Lancelot nun auf Camelot lebte, war er niemals
hier heruntergekommen, ja, er hatte nicht einmal von der
Existenz dieser einen, ganz speziellen Kerkerzelle gewusst. Die Treppe führte in einer halsbrecherisch engen
Windung noch weit in die Tiefe, selbst als sie den – wie
Lancelot bis zu diesem Moment meinte – untersten Keller
erreicht hatten und obwohl die beiden Männer, die vor und
hinter ihm gingen, brennende Fackeln in Händen trugen,
schien es mit jedem Schritt, den sie sich weiter vom Sonnenlicht entfernten, dunkler zu werden. Und vor allem
kälter. Obwohl Lancelot ein dick gefüttertes Unterkleid
unter der Rüstung trug und ihn das Leben in den Wäldern
und unter freiem Himmel abgehärtet hatte, zitterte er bald
am ganzen Leib vor Kälte und sein Atem war als grauer
Dampf vor seinem Gesicht zu sehen. Es war unheimlich
still hier unten. Selbst das Geräusch, das die mit eisernen
Nägeln versehenen Sohlen seiner Stiefel auf dem Stein
machten, schien gedämpft und erzeugte kein hörbares
Echo. Es war, als bewegten sie sich mit jedem Schritt tiefer in eine Welt hinein, in der Menschen nicht sein sollten.
    Lancelot hätte diese Gedanken auf seine Nervosität geschoben und darauf, dass diese Treppe auf unheimliche
Weise der dem Verlies unterhalb von Burg Malagon ähnelte und vermutlich auch aus derselben Zeit stammte,
aber er war mit seinen Gefühlen ganz offensichtlich nicht
allein. Die beiden Krieger, die ihn auf Artus’ Geheiß hin
hierher geleitet hatten, behandelten ihn mit großem Respekt, was nichts anderes hieß, als dass sie es nicht wagten, ihn anzusprechen und immer hastig die Blicke senkten, wenn er in ihre Richtung sah. Aber er merkte auch,
dass sie unruhiger wurden. Offensichtlich ängstigte sie
diese Umgebung ebenso sehr wie ihn.
    Als er schon glaubte, die Treppe würde überhaupt niemals aufhören, traten sie in einen halbrunden kleinen
Raum, dessen Decke so niedrig war, dass Lancelot sich als
Einziger ganz aufrichten konnte, ohne mit dem Kopf gegen den rauen Fels zu stoßen. Auf der anderen Seite gab es
eine wuchtige, aus uralten Eichenbohlen gefertigte Tür mit
zwei Schlössern. Während einer der Männer auf der

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